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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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nicht auch ihr so erging. Ein Fehler, und mit dem Schritt durch ein Tor konnten zugleich hundert Jahre vergehen.
    Zudem musste sie darauf achten, dass sie einen Pfad nahm, der in die Menschenwelt führte. Die Zerbrochene Welt war nicht ihr Ziel, denn diese war nichts weiter als die Ruine einer Welt, Reste des Schlachtfeldes, auf dem die Alben gegen ihre Feinde gekämpft hatten. Dieser trostlose Ort zwischen Albenmark und der Anderen Welt bestand nur mehr aus öden Inseln, umgeben von Leere. Diese Inseln dienten heute als Verbannungsorte, oder sie waren Heimstätten für Einsiedler und Eigenbrötler. In ein solches Gefängnis würde sie ihren Sohn nicht bringen. Deshalb war sie in dieses Tal gekommen.
    Noroelle spürte einen Albenstern aus zwei sich kreuzenden Pfaden. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Kraft. Falls es Emerelle gelingen sollte, ihrer Fährte bis an diesen Ort zu folgen, so war es unmöglich, sie in der Anderen Welt aufzuspüren, dachte Noroelle. Sie könnte hundert Mal durch diesen Stern gehen und würde hundert Mal an einem anderen Ort in die Menschenwelt eintreten, denn das Band zwischen den Welten war hier nur schwach. Die Fauneneiche hatte ihr erzählt, dass das Band mit jedem Herzschlag einmal zerriss, um sich dann aufs Neue mit einem anderen Ort zu verbinden. Ihrer Ansicht nach wies dieser Umstand darauf hin, dass das Gefüge zwischen der Welt der Menschen und Albenmark vor langer Zeit einmal so sehr erschüttert worden war, dass die beiden Welten sich beinahe voneinander getrennt hätten.
    Noroelle schaute in die Sonne. Sie würde ihr die Kraft spenden. Es würde nicht die Magie des Wassers, die Magie ihres Sees sein, sondern die des Lichtes, die ihr half, das Tor zu öffnen. Sie dachte an das Licht, das bis auf den Grund ihres Sees drang. Sie dachte an den Zauber, und die Veränderung nahm ihren Lauf. Es gab kein Zurück mehr.
    Die Sonne schrumpfte und schrumpfte. Noroelle sah sich um. Alles veränderte sich. Die Farben wurden trüber, alles erschien rau und unscharf. Bäume verblassten und wurden durch neue, schattenhafte Stämme ersetzt. Aus Frühling wurde Winter, aus einer Herbstwiese ein verschneites Feld. Die Berge wichen sanften Hügeln. Bald war jede Ähnlichkeit verschwunden.
    Dies also war die Andere Welt!
    Es war ein unheimlicher Ort. Noroelle fragte sich, wie Nuramon diese Gefilde wohl wahrgenommen hatte, als er sie zum ersten Mal betreten hatte. Gewiss war er so erstaunt gewesen, wie sie es nun war.
    Es war zwar Winter, aber ihre Magie spendete Noroelle Wärme. Sie konnte barfuß über den Schnee gehen, ohne dass ihr kalt wurde. Ihr Sohn aber würde hier ohne ihre Wärme nach kurzer Zeit erfrieren. So suchte sie nach Menschen.
    Auf ihrem Weg sah sie nicht ein einziges Tier. Der Winter hier schien kein Leben zuzulassen. Lange irrte sie durch die verschneite Ödnis, bis sie Hasenfährten fand. Der Anblick beruhigte sie, und sie setzte ihren Weg fort. Denn wo es Leben gab, da gab es Hoffnung für ihren Sohn.
    Sie suchte lange nach den Menschen und sah schließlich eine dünne Rauchsäule hinter einem Hügelkamm aufsteigen. Sie folgte diesem Zeichen und fand ein Haus, wie es schlichter nicht sein konnte. Zumindest erschien es ihr so. Sie musste sich eingestehen, keine Erfahrung mit Menschenhäusern zu haben. Das Gebäude war klein und aus Holz. Seine Balken hatten sich verzogen, und es hatte ein windschiefes Dach.
    Langsam näherte sich Noroelle der Hütte. Mit jedem Schritt fürchtete sie, dass plötzlich ein Mensch die Tür öffnen und heraustreten könnte. Sie wusste nicht, ob der Zauber, der sie auch jetzt noch unsichtbar machte, Menschenaugen zu täuschen vermochte. Sie musste hier auf alles gefasst sein.
    Als sie an der Tür angekommen war, lauschte sie und hörte, wie Möbel über hölzerne Dielen bewegt wurden. Eine helle Stimme sang eine fröhliche Weise. Der Gesang klang fremd, aber der Ton gefiel ihr.
    Noroelle küsste ihren Sohn und flüsterte leise: »Nuramon… Ich hoffe, ich tue das Richtige. Es ist die einzige Möglichkeit. Lebe wohl, mein Sohn.« Sie löste den Säugling aus der Unsichtbarkeit und legte ihn vor der Tür ab. Das Kind blieb ruhig und schaute sie mit seinen großen Augen unentwegt an.
    Erst als Noroelle sich abwandte und die ersten Schritte von ihm fort machte, begann es zu schreien. Ihr kamen die Tränen. Aber sie musste gehen! Es war zu seinem Wohl.
    Noroelle versteckte sich hinter einem nahen Baum. Das Kind schrie so herzerweichend,

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