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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Rädchen nur mühsam und blockierten bei jedem Widerspruch. Er schimpfte und zündete sich eine zweite Zigarette an. Er warf einen weiteren Blick auf die Unterlagen auf dem Tisch und versuchte sich im Geiste an die verschiedenen Orte zu versetzen, die fotografiert worden waren, in die Szenerien einzutauchen und mit denjenigen Kontakt aufzunehmen, die dort gelebt hatten. Er konzentrierte sich, um die letzten Augenblicke dieser drei Personen nachzuerleben. Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Unverwandt packte er Blandine am Arm.
    »Ist dir dort nichts aufgefallen?«
    »Was meinst du mit ›dort‹?«
    »In der Wohnung. In der Cité des 4000. Ist dir nichts aufgefallen, was dir merkwürdig vorkam? Ein Schriftzug?«
    »Nein ... Nun ja, ich glaube, da war irgendetwas im Badezimmer, als ich hineinging.«
    Sie öffnete den Umschlag mit dem ersten Bericht der Spurensicherung und hielt ihm die Aufnahmen von dem Zimmer hin. Sie zeigte mit dem Finger auf die Rückwand, hinter der Badewanne, die noch mit blutigem Schaum gefüllt war.
    »Auf dieser Wand. Aber vermutlich habe ich es mir nur eingebildet.«
    Garcia beugte sich über das Foto, konnte jedoch nichts entdecken. Er bemerkte, dass der Spiegel an den Ecken undurchsichtig war.
    »War der Spiegel beschlagen?«
    Blandine nickte und verstand, worauf ihr Kollege hinauswollte. Sie lächelte ihn ihrerseits an, erleichtert darüber, dass es jemanden gab, der ihr glaubte. Was immer Kommissar Rilk denken mochte, sie hatte recht.
    »Wir müssen dorthin zurückkehren.«

26
Paris,
Rue Saint-Denis,
Sondereinheit
    Anthrazitgrauer Himmel, quecksilberfarbene Wolken. Ein rosaorangefarbenes Band schwebte im Osten über den Dachfirsten. In der Schwebe zwischen Nacht und Morgengrauen, blieb Broissard vor einem schäbigen Sexshop an der Ecke Rue Saint-Denis und Rue du Cygne stehen. Er stellte sich in den Schatten einer Toreinfahrt und zündete sich eine Zigarette an, ohne den Eingang aus den Augen zu lassen.
    Aufkleber, die Mädchen im String-Tanga zeigten, und gelbe Neonröhren rahmten einen Vorhang aus rotem Samt ein. Freier fuhren die Straße hinunter, machten in den Quergassen kehrt und drehten dann inkognito eine weitere Runde. Links versuchte ein Obdachloser den Preis für einen Blowjob herunterzuhandeln. Rechts bemühten sich Vorstädter im Auto, zwei Schwarze zu einer kleinen Spritztour zu überreden.
    Er presste sich noch fester an die Holztür und spähte abermals die Umgebung ab, ohne dass ihm etwas Ungewöhnliches auffiel. Eine böse Vorahnung schnürte ihm die Kehle zu.
    Im Inneren des Sexshops empfing ihn Techno-Musik. Es dauerte einige Sekunden, bis sich seine Augen an den Wechsel von hell ausgeleuchteten und dunklen Zonen gewöhnt hatten, die zu den Einzel- und den Massagekabinen führten. Um diese Uhrzeit war kaum was los. Niemand an der Theke.
    Broissard begab sich zu den DVD-Regalen. Unter den rosafarbenen Neonröhren reihten sich die Schutzhüllen der Porno-DVDs aneinander. In den ersten Fächern standen Klassiker mit bekannten Pornostars.
    Daneben standen Videokassetten mit Pornoklassikern. John Holmes und muskulöse Schnurrbärte. Es folgten die Abteilungen Gang Bang, Pfeifen-Alarm; Krankenschwestern, die rittlings auf Godemichés in Spritzenform saßen; Schülerinnen, denen auf Pulten der Hintern versohlt wurde. Ein endloses Labyrinth von Kategorien und Unterkategorien.
    Er ging in einen schummrigen Gang hinein. Hinter Vorhängen verbargen sich kleine Kabuffs. Broissard wagte einen Blick in den ersten. Niemand. Purpurviolette Tapete. Schäbiger Bildschirm mit einem DVD-Spieler. In der Mitte ein beigefarbener Plastiktisch. Massageöl. Ein Glas mit Kondomen.
    Er lauschte und hörte ein Stöhnen, das vom Ende des Ganges zu kommen schien. Er blieb jäh im Rahmen der Kabine stehen. Ein junger Mann hatte den Kopf zwischen den Schenkeln einer Frau, die auf einem Tisch lag, der Rock war bis zum Nabel gerafft. Die Frau bemerkte Broissard und klopfte leicht auf den Kopf des jungen Burschen.
    »Zugucken kostet zwanzig Euro, und zwar dort hinter dem Spiegel«, sagte sie, auf einen mannshohen Spiegel deutend.
    »Ich suche den Eigentümer, Gaspard Fogeti.«
    Der junge Bursche ließ seine Muskeln spielen und ging drohend auf den Capitaine zu, doch seine Gespielin hielt ihn am Arm zurück. Broissard erkannte ihr Gesicht: eine Frau mittleren Alters mit hypnotischen schwarzen Augen.
    »Ich vertrete Gaspard, wenn er nicht da ist. Was wollen Sie?«
    »Polizei. Ich brauche ein paar

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