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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Informationen.«
    Die Frau zuckte nicht mit der Wimper. Der junge Mann dagegen reagierte sofort, indem er sich zwischen den Capitaine und sie stellte.
    »Ich muss Sie unter vier Augen sprechen.«
    »Lass uns allein. Mach dir keine Sorgen.«
    Der Junge spannte ein weiteres Mal seine Muskeln an und rempelte den Polizisten beim Hinausgehen leicht mit der Schulter an. Die Geschäftsführerin warf ihm eine Kusshand zu.
    »Regen Sie sich nicht auf. Sex ist gewissermaßen mein einziger Lebensinhalt.«
    Sie zog ihren Slip nicht wieder an, sondern ließ ihn ostentativ in der Ecke des Tischs liegen. Sie schlüpfte an Alain vorbei und ging voran in ihr Büro.
    »Reden Sie nicht lange um den heißen Brei herum, Monsieur ...«
    »Broissard.«
    »Judith Fogeti.«
    »Wann kommt Ihr Mann zurück? Ich muss mit ihm über einige Dinge reden.«
    »Auf die Gefahr hin, Sie zu enttäuschen: Gaspard wird nicht so schnell zurückkommen. Er ist seit sechs Jahren tot. Ich habe sein Geschäft geerbt. Sind Sie ein Freund von ihm?«
    »Eigentlich nicht. Sagen wir ein Bekannter.«
    Er ließ die Akte von Gaspard Fogeti noch einmal im Zeitraffer Revue passieren.
    Ein Zuhälter der untersten Schublade. Zu seinen besten Zeiten hatte er fünf Nutten und vier Stricher in seinem Stall. Spielte nach außen hin den knallharten Macker. Doch nach Aussage seiner Mädchen zeigte er sich immer großzügig und schlug sie auch nicht. Seinen Anteil am Hurenlohn hatte er in diesen Sexshop der Rue Saint-Denis investiert.
    Im Jahr 1997 war ihm Broissard wegen pornografischer Fotos von einem Minderjährigen auf die Pelle gerückt. Das Gerichtsurteil: sieben Jahre ohne Bewährung. Alain hatte ihm einen Deal vorgeschlagen. Gegen Erlass eines Teils seiner Strafe sollte Fogeti als Spitzel Informationen über die Netzwerke beschaffen, über die illegale Videos nach Frankreich eingeführt werden. Aber diese Abmachung hatte nicht lange Bestand.
    Ihr letzter Kontakt fand 2001 statt. Fogeti erschien trotz Ladung nicht zum Prozess von Étienne Caillois, der ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt hatte. Da Gaspard ein wichtiger Belastungszeuge war, hatte ihn Maxime Kolbe von seiner Verpflichtung als Informant entbunden, um ihn dazu zu zwingen, als Zeuge auszusagen.
    Alain betrachtete Gaspards Frau und dachte, dass er behutsam vorgehen müsste, um das zu bekommen, was er wollte.
    »Ihr Name sagt mir etwas. Kannten Sie meinen Mann geschäftlich?«
    »Das kann man so sagen. Wie ist er gestorben?«
    »Durch eine Kugel und eine Fliege auf der Zunge.«
    Eine Fliege – Symbol für einen Polizeispitzel.
    Das Gesetz der Unterwelt.
    Broissard erschauerte. Gaspard hatte viele Feinde, aber sein Tod trug eine ganz bestimmte Handschrift. Er dachte an Fogetis flehentlichen Anruf am Tag vor der Eröffnung des Prozesses.
    Er verjagte den Anflug von Schuldgefühlen, die er in sich aufsteigen spürte.
    »Es tut mir wirklich leid, Madame. Mein Beileid.«
    »Es tut mir leid, dass Sie umsonst hierhergekommen sind. Wenn Sie zufälligerweise am Friedhof von Montmartre vorbeikommen, grüßen Sie Gaspard.«
    »Ich bin nicht nur wegen Ihres Mannes gekommen ...«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann.«
    Der Tonfall hatte sich geändert. Ihr Gesichtsausdruck wurde härter, und sie maß Broissard mit durchdringenden Blicken.
    »Meine geschäftlichen Angelegenheiten sind in Ordnung. Die Anzeigen, die vor zwei Jahren gegen mich erstattet wurden, sind im Sande verlaufen. Die Räumlichkeiten hier entsprechen den Hygiene- und Sicherheitsvorschriften. Meine Angestellten arbeiten hier, weil sie es wollen. Die Beziehungen zwischen meinen Mädchen und meinen Kunden haben nicht das Geringste mit Prostitution zu tun.«
    Sie zischte durch die Zähne, während sie an Broissard herantrat:
    »Was meine Mitwirkung an den Wohlfahrtseinrichtungen der Polizei des Viertels anlangt, habe ich schon Ihren Kollegen gesagt: Das interessiert mich nicht. Mein Mann hat sich gegenüber der Polizei immer zuvorkommend gezeigt. Doch als es dann drauf ankam, hat sich niemand für seine Gefälligkeiten revanchiert, und er hat es mit seinem Leben bezahlt. Da werde ich doch kein Geld spenden.«
    »Deswegen bin ich nicht hier.«
    Die Frau beeindruckte Broissard. Er zündete sich eine Zigarette an, um seine Verwirrung zu verbergen. Wenn die Witwe auch nur eine entfernte Verbindung zwischen ihm und ihrem Mann wittern würde, würde sie sich wie eine Muschel verschließen und nicht auspacken.
    »Ich stelle Nachforschungen

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