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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mich auch noch ein und beschütze dich, und zu allem Überfluss nennt dich dieser Pater Leonhard auch noch einen geistig Armen. Es ist schon ein Tort mit den Toren dieser Welt.«
    »Ja, und ich muss diese alberne Gugel tragen wie ein kleines Kind. Fehlen nur noch die Schellen an den beiden Zipfeln.«
    »Nimm sie ab, Bertram.«
    Er zog die gepolsterte Kopfbedeckung ab und strich sich mit den Händen durch die Haare.
    »Wenn sie wenigstens nur einen Zipfel hätte. Dann könnte ich den um den Kopf wickeln. Dann sähe es aus wie bei meinem Oheim. Oder wie bei Meister Krudener.«
    »Ja, Meister Krudener trägt einen ausgefallenen Kopfputz. Du warst bei ihm?«
    Bertram nickte.
    »Hat er dir helfen können?«
    »Er hat Mutter und mir vieles erklärt. Ich habe ganz gut verstanden, was er meinte. Er ist zwar ein seltsamer, aber auch ein sehr weiser Mann, nicht wahr?«
    »Das ist er ganz gewiss.«
    »Aber Mutter hat sich nur mehr aufgeregt, weil er die Amulette und Dreikönigszettel als wertlosen Krimskrams bezeichnete.«
    Almut unterdrückte ein Kichern.
    »Das sieht ihm ähnlich. Aber er hat dir sicher eine Medizin gegeben.«
    »Ja, beruhigende Kräuter und Pastillen. Er hat mir geraten, auf die Anzeichen zu achten, wenn ein Anfall naht, und mich möglichst nicht in Gefahr zu bringen. Und ich soll darauf achten, wodurch die Krämpfe ausgelöst werden. Aber das ist schwierig für mich. Ich habe schon viel nachgedacht darüber, Frau Almut. Aber ich weiß es einfach nicht. Das erste Mal war es ganz fürchterlich. Da war ich alleine, wisst Ihr. Nach dem Beschuss der Stadtmauer im Juli letztes Jahr. Als die Erzbischöflichen vor den Mauern standen. Es passierte einfach. Als ich wieder zu mir kam, lag ich neben der Maike, der Tochter des Zöllners, und ein paar Leute beschuldigten mich, ich hätte sie umgebracht.«
    »Heilige Mutter Gottes!«
    »Ja, aber sie hatte einen Pfeil in der Brust, und ringsherum steckten weitere Pfeile im Boden. Darum ließen die Wachen von mir ab. Sie nahmen dann an, sie sei ein Opfer der Kämpfe.«
    »Nun, so kann das passiert sein. Auch ich war an jenem Tag in der Nähe des Severinstors. Es war ein großes Durcheinander.«
    »Frau Almut, aber mich verfolgt es dennoch. So sehr ich mich auch anstrenge, ich kann mich an nichts erinnern. Vielleicht habe ich sie wirklich umgebracht.«
    »Hattest du denn Pfeil und Bogen?«
    »Nein. Es war viel schlimmer. Maike war nicht nur von einem Pfeil getroffen, sie hatte auch ein gebrochenes Genick.«
    »Und du glaubst...?« Ihr fielen seine verkrampfen Hände ein, die er während des Anfalls wie Klauen bewegt hatte. Aber dann mahnte sie sich, sie müsse den Jungen beruhigen, und meinte: »Sie kann aber doch auch getroffen worden sein und ist dann ungeschickt gefallen.«
    »So nahm man an.«
    »Hast du dich denn mit ihr verabredet? Kanntest du sie? Habt ihr euch gestritten oder so?«
    »Ich habe schon um und um überlegt, Frau Almut. Ja, ich kannte sie. Mutter hatte sich in den Kopf gesetzt, ihr Bruder solle sie ehelichen. Sie hat sie einige Male zu uns eingeladen. Sie war ein fröhliches Mädchen, und der Oheim mochte sie wohl auch. Aber ich war an diesem Tag nur neugierig auf das, was an der Stadtmauer geschehen ist. Wenn ich sie getroffen habe, dann nur zufällig.«
    »Und der Schreck, sie leblos vorzufinden, hat den Anfall ausgelöst.«
    »Ich möchte es gerne glauben. Seitdem habe ich noch einige Male solche Anfälle gehabt. Einmal, als ich ein Schnitzmesser in der Hand hatte. Da hätte ich beinahe auf meine Mutter eingestochen und habe mich selbst geschnitten. Damals wusste ich aber die Vorboten noch nicht zu deuten.«
    Zwei Bauleute näherten sich dem Steinblock, und Almut stand auf.
    »Wir sind ihnen im Weg, Bertram. Lass uns gehen. Aber vorher werfen wir noch einen Blick auf das Portal im Turm. Die aus der Parlersippe haben neue Figuren geschaffen, ließ mich mein Vater neulich wissen.«
    Bertram wirkte zwar noch immer niedergeschlagen, aber die steinernen Skulpturen fesselten sofort seine Aufmerksamkeit.
    »Wundervoll gearbeitet. Ach, was würde ich gerne wieder Holz in den Händen halten!«
    »Es würde dir guttun, nicht wahr?«
    »Ja, Frau Almut. Ich bin so nutzlos. Die Mutter lässt mich nicht mehr machen als ein kleines Kind. Immer stehe ich unter Beaufsichtigung.«
    »Sie macht sich Sorgen.«
    »Sicher. Zu viele. Darum hat der Claas ja auch darauf gesehen, dass sie ihr eigenes Haus bekommt. Sie hat sich bei ihm auch immer eingemischt.«
    Almut verspürte

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