Die elfte Jungfrau
Zusicherung, das Holz würde am nächsten Morgen im Beginenhof angeliefert.
Ihre Stimmung war entsprechend gestiegen, und als sie die übrigen Münzen in ihrem Beutel zählte, lächelte sie Bertram an.
»Was würde denn ein schönes Stück Holz kosten, aus dem du uns eine Madonna schnitzen kannst? Deine Mutter hat mir ein Figürchen gezeigt, das du gemacht hast. Mir scheint, darin bist du besser als dein Oheim.«
Bertram errötete bis über beide Ohren.
»Oh, lasst mich nur machen.«
Er steuerte zielgerichtet auf einen Händler zu, der verschiedene Hölzer auf einem Schragen aufgestellt hatte. Mit Kennerblick musterte Bertram ein dunkel gemasertes Wurzelstück der Walnuss, rötliches Lärchenholz, einen graubraunen Block Eiche und entschied sich nach kurzem Nachdenken dann aber für das hellste Stück, das von einer Esche stammte. Er überraschte Almut damit, dass er beinahe genauso zäh um jede Münze feilschte wie sie selbst zuvor. Hochzufrieden schulterte er dann seine Beute und reichte ihr das restliche Geld.
»Gehen wir über den Alten Markt zurück. Der Rest reicht sicher noch für eine einzipfelige Gugel«, schlug Almut vor, die sich über die glückliche Miene des Jungen freute.
Unter den vielen Buden des Marktes gab es etliche, die gebrauchte Kleidung anboten, und so fand sich darunter auch eine Gugel mit einem fast bodenlangen Schwanz. Das Blau war zwar schon ein wenig verblichen, aber zufrieden wickelte Bertram sich das Ende um den Kopf und wirkte plötzlich weitaus erwachsener.
Der Weg zurück führte sie an Groß Sankt Martin vorbei, und Almut wagte einen Seitenblick zur Klosterpforte. Vielleicht...?
»Pater Ivo ist eine ganz andere Art Priester als Pater Leonhard, nicht wahr?«
Überrascht drehte sich Almut zu Bertram um.
»Ja, das ist er wohl.«
»Er hielt mich nicht für geistig arm. Und er hätte auch nicht Barmherzigkeit gepredigt!«
Almut schnaubte leise.
»Nein, das hätte er wohl nicht.«
»Ihr kennt ihn recht gut, hört man.«
»Ach, hört man das?«
Sofort wurde Almut wachsam.
»Ich habe mich mit zwei Novizen unterhalten. Mit Lodewig und Michel. Und mit Bruder Markus, dem Infirmarius.«
»So?«
»Sie sagen, er hört auf Euren Rat.«
»Wahrhaftig?«
»Ja, Frau Almut. Und er ist ein Mann, der Einfluss hat, sagen sie.«
»Aha.«
»D... darum dachte ich...«
»Was dachtest du?«
»Na, ich dachte, ich... also, vielleicht könnte ich ins Kloster gehen, Frau Almut. Wegen der Krankheit. Ich meine, weil, ich kann doch... Also, ich werde sicher nie heiraten. Und im Kloster wäre ich doch sicher, nicht wahr?«
Völlig bestürzt blieb Almut stehen. Sie hatte alles Mögliche erwartet, das jedoch nicht. Allerdings leuchtete ihr Bertrams Gedankengang sofort ein.
»Sie arbeiten viel, die Benediktiner!«, fügte Bertram hinzu. »Sie haben viele Handwerker. Und sie haben Bücher!«
»Ja, aber sie müssen auch die sieben Gebetsstunden einhalten.«
»Ich gehe gerne zur Messe. Ich mag die Psalmen und die Gebete. Manchmal, Frau Almut, glaube ich, dass Er mir zuhört.«
Almut, die ihrerseits oft zu Maria sprach und ebenfalls sicher war, dass die Mutter der Barmherzigkeit ihr zuhörte, nickte verstehend.
»Würdet Ihr... Könntet Ihr wohl bei Pater Ivo ein Wort für mich einlegen? Ich meine, man kann ja nicht so einfach an die Klosterpforte klopfen und sagen, man will aufgenommen werden.«
»Was meint deine Mutter dazu?«
»Ich kann mit ihr nicht darüber sprechen. Sie mag die Geistlichen nicht.«
»Wie kommt’s?«
»Sie hat wohl Schwierigkeiten mit ihnen gehabt. Ich weiß nicht genau, warum. Aber es gibt recht widerwärtige Priester, wisst Ihr.«
»Hm, ja, gibt es. Bertram, wenn ich Pater Ivo wiedertreffe, werde ich mit ihm darüber reden. Besser aber wäre es, wenn du deine Bitte selbst vortragen würdest.«
Bertram druckste ein wenig herum, und Almut lächelte ihn plötzlich an.
»Keine Angst, er ist nicht so bedrohlich, wie er sich gerne gibt.«
»Ihr müsst es ja wissen!«
»Ja.«
Sie waren am Konvent angekommen, und Almut begleitete den Jungen noch zu seiner Mutter in die Backstube, um die Erlaubnis zu erwirken, dass Bertram wieder schnitzen durfte. Es brauchte viele Worte und Versicherungen, aber dann wurde der Wunsch doch akzeptiert.
Als Almut dann durch das Tor in den Beginenhof trat, hielt sie Bela noch einmal auf.
»Ich habe diesen Mann wieder gesehen, der sich vor unserem Anwesen herumdrückt, Almut. Er hat eine ganze Weile dort gestanden, und als die Mädchen
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