Die elfte Jungfrau
zwischen ihr und den Eltern, aber schließlich hatte man von der Vorstellung Abstand genommen.
Etwas verlegen druckste Florens herum, als er von den Heiratsvorstellungen seiner Eltern sprach, und Almut fiel wieder ein, dass ja ihr Vater zwischen ihm und ihr die Ehe stiften wollte. Vermutlich war der junge Parler in diese Überlegungen eingeweiht worden.
»Was ist mit dem Schreinschnitzer, Florens?«, fragte sie daher, um ihm die Verlegenheit zu nehmen.
»Ja, bei ihm war ich auch. Aber der war nicht zu Hause. Es heißt in der Nachbarschaft, er suche des Freitags immer das Badehaus auf.«
»Als ich Sanna letzthin bei Trine traf, war ein Mönch anwesend, der recht fröhlich mit den Mädchen turtelte. Ein Benediktiner namens Jakob. Kennt Ihr ihn?«
»Heilige Marie und Josef, ein Mönch? Sanna hat mit einem Mönch angebandelt?«
»Er ist ein lustiger Geselle. Aber ich frage mich...? Nein, ich kann es auch nicht glauben.«
»Aus welchem Kloster stammt er? Wisst Ihr es?«
»Von Groß Sankt Martin.«
»Ich werde dem Vater vorschlagen, er solle dort vorsprechen. Himmel hilf, können diese Klosterbrüder so weit herunterkommen, dass sie sich mit Frauen einlassen?«
Auf diese Frage gab Almut verständlicherweise keine Antwort. Dafür fiel ihr plötzlich ein, was sie den jungen Parler schon vor einigen Wochen hatte fragen wollen, als er sie nach Hause geleiten sollte, was aber dann ein anderer Angehöriger des Ordens übernommen hatte.
»Florens, trotz des schrecklichen Ereignisses habe ich noch ein ganz anderes Anliegen an Euch.«
»Schon gut, Frau Almut. Das Leben muss weitergehen. Tragt es vor.«
»Ich bin dabei, eine kleine Kapelle für unseren Konvent zu bauen, und ich habe mich gefragt, ob ich wohl zwei kleine Spitzbogen-Fenster einbauen sollte. Aber ich kann zwar recht gut die Maurerarbeiten durchführen, die Steinmetz-Kunst aber beherrsche ich nicht. Ob Ihr wohl für uns ein kleines Maßwerk herstellen könntet?«
»Ihr baut selbst?«
»Natürlich.«
Immerhin hatte diese Feststellung Florens für einen Augenblick von seinem Kummer abgelenkt. Die letzte Strecke des Weges verbrachten sie fachsimpelnd über Gewölbe und Bogen, Fundamente und Stützsäulen. Almut bat ihn dann noch in den Hof hinein, damit er die halbfertige Kapelle begutachten konnte, und sonnte sich ein wenig in seinem Lob. Sie zeigte ihm auch die Skizzen zu den Bogenfenstern und der kleinen, sehr einfachen Rosette, die sie in müßigen Stunden angefertigt hatte. Als er sich schließlich verabschiedete, hatte sie sein Versprechen erhalten, ihr die bearbeiteten Steine noch vor dem Osterfest zu liefern.
21. Kapitel
M agda hatte Almut noch einmal eindringlich davor gewarnt, sich allzu tief in die Angelegenheiten der Steinheuers einzumischen.
»Es ist schlimm, dass es Freunde deiner Familie betrifft, Almut. Aber die Aufklärung dieses Unglücks liegt in der Hand der Obrigkeit.«
»Wir haben Schülerinnen, für die wir verantwortlich sind. Und Trine.«
»Ich habe dir schon gesagt, du kannst Trine für eine Weile herbitten. Die Mädchen werde ich selbst noch einmal zur Vorsicht mahnen. Aber lass die Finger von diesem Fall. Wenn es denn überhaupt ein Mord ist. Du bringst dich nur selbst in Gefahr!«
»Ja, Meisterin.«
Magda seufzte.
»Du hast dich schon darin verbissen, ich sehe es dir an.«
»Ja, Magda. Weil nämlich sonst niemand die Verbindung zu den anderen jungen Mädchen sieht. Und ich glaube, da ist eine. Bei der Gänse-Ursel, der Christine und Gisela Schiderich nimmt man Unfall an, bei der Lehrtochter der Seidweberin Selbstmord. Bei der Maike waren es die Söldner. Aber das Milchmädchen und Sanna - da bin ich mir ganz sicher, sind umgebracht worden. Wahrscheinlich auch die Stiftsjungfer. Jemand bricht ihnen das Genick. Ich will ja nur mit Pitter sprechen, um herauszufinden, wer ihr gemeinsamer Bekannter war. Derjenige, der für die Morde verantwortlich ist, wird nicht aufhören damit.«
Die Meisterin seufzte ergeben.
»Warum gehst du nicht zum Vogt? Der Scherfgin ist doch wieder im Amt.«
»Ja, glaubst du denn, der würde solch vagen Verdächtigungen auch nur ein Ohr leihen? Er hat Dutzende von ungeklärten Fällen zu bearbeiten, die während des Schöffenstreits liegengeblieben sind oder die sein Vertreter, der Trottel Raboden, verschlampt hat.«
»Dein gesunder Menschenverstand ehrt dich - mich macht er nicht glücklich. Aber du hast wohl Recht. Darum wird sich keiner besonders kümmern. Rede du mit Pitter. Aber mehr
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