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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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glückliche Wahl, die er da getroffen hat. Wenn die Stiefmutter kaum ein Jahr älter ist als die eigene Tochter, muss es ja Gehacke geben. Und die Herwiga hat eine höllisch scharfe Zunge. Aber an jenem Abend vor Silvester, behauptete sie, haben sie sich sogar ganz gut vertragen. Hatten angeblich gemeinsam das Festmahl geplant, das sie geben wollten. Ja, und in der Nacht vor der Feier ist Gisela dann offenbar heimlich aus dem Haus geschlüpft. Es war eisig. Überall war es gefroren.«
    »Sie ist ausgerutscht... ja, so erzählte es Pitter. Was wollte sie heimlich in der Frostnacht draußen? Wenn sie nicht vor Wut oder Ärger das Haus verlassen hat, muss sie einen anderen Grund gehabt haben, nicht wahr? So ähnlich wie Sanna, die ja auch ohne Erklärung verschwunden ist.«
    Sehr leise flüsterte Almut diese Frage, und Frau Barbara nickte.
    »Hat sie einen Verehrer gehabt?«
    »Sie sollte dem Hilger vom Palast versprochen werden.«
    »Uch. Der hinkt und schielt, und wahrscheinlich sabbert er auch. Ich habe ihn getroffen, als er mit seiner Mutter unsere Meisterin besucht hat. Sie sind entfernt verwandt, glaube ich. Besonders helle schien der Hilger mir wirklich nicht. Er machte den Mund nicht auf und ließ seine Mutter reden.«
    »Sie hat ihn fest am Bändel, die Mutter. Das ist richtig.«
    »Wird wohl nötig sein. Aber Ehen werden ja nicht im Himmel geschlossen!«
    »Nicht alle. Ich weiß nicht, ob sie eine heimliche Tändelei angefangen hat. Gehört habe ich nichts. Aber sie war ein hübsches, gescheites Mädchen.«
    Sie wandten sich wieder der leidtragenden Mutter zu. Die Arznei schien ihre Wirkung zu entfalten, die Steinheuerin lehnte sich mit müden Gesten an eine der Frauen, die neben ihr saß. Almut bat sie: »Bringt sie zu Bett, Gevatterin. Es wäre gut, wenn sie ein wenig schlafen könnte. Ich lasse Euch das Fläschchen hier. Gebt ihr zweimal am Tag ein kleines Glas voll davon.«
    »Ja, Frau Begine. Und danke auch.«
    Der Raum leerte sich allmählich, und Frau Barbara schlug Almut vor, mit ihr nach Hause zu kommen.
    »Nein, heute nicht. Ich will sehen, ob der Florens mich zum Konvent begleitet.«
    Der junge Parler, blass und müde, erklärte sich gerne bereit, mit ihr zu gehen, jetzt, da er seine Mutter in der Schlafkammer wusste.
    »Es tut mir so leid, Florens. Sanna hatte so ein heiteres Gemüt. Ihr habt sicher gestern den ganzen Tag nach ihr gesucht!«, begann sie das Gespräch, als sie auf die Straße hinaustraten.
    »Ja, ich habe noch einmal alle Stellen aufgesucht, die Ihr mir genannt habt. Das Letzte, was ich von ihr hörte, hinterbrachte mir dieser kleine Päckelchesträger. Ich wusstenicht, dass sie den Selmecher kennt. Verdammt... Verzeihung, Frau Almut. Aber wann und wie ist sie nur diesem Mann begegnet? Was fand sie an ihm? Sie hat ganz andere Möglichkeiten. Wir sind schließlich eine achtbare Familie! Und der ist ein Schlump aus der Hafengegend. Vater wird ihm die Wachen auf den Hals hetzen!«
    »Es wird sicher richtig sein, ihn zu befragen.«
    Darüber zumindest war Almut froh. Denn der Alfi Selmecher war ihr nun auch schon mehrmals aufgefallen.
    »Was ist mit Trine? Habt Ihr noch mal mit ihr gesprochen?«
    »Ich war in der Apotheke, ja. Es war niemand dort, und die Nachbarn sagten, der Krudener sei mit seiner Gehilfin für einige Tage nach Deutz rüber. Sie werden Montag wohl wieder da sein. Aber ich kann mich nicht mit der Taubstummen verständigen. Frau Almut. Ich weiß nicht, wie Sanna es gemacht hat. Sie hat mal erwähnt, sie spräche mit den Händen.«
    »Wenn man sie besser kennt, versteht man sie ganz ausgezeichnet.«
    »Frau Almut, ist der Apotheker ein vertrauenswürdiger Mann? Es gibt so viele Gerüchte um ihn. Und Sanna...«
    »…wurde am Neuen Markt gefunden, ja, ich weiß. Aber er ist vertrauenswürdig, Florens. Ich werde Trine selbst fragen und Euch dann berichten.«
    »Dank Euch, Frau Almut. Auch dafür, dass Ihr der Mutter geholfen habt.«
    Tiefste Traurigkeit überkam den jungen Mann, und er ging niedergedrückt neben der Begine her. Um ihn von seinen Gedanken abzulenken, fragte Almut ihn nach den anderen Orten, wo er Sanna gesucht hatte, und erfuhr, sie sei weder bei der Haubenmacherin gewesen, noch hatte sie die drei anderen Freundinnen besucht, mit denen sie oft zusammenkam. Sogar bei dem Glashüttenmeister hatte er vorgesprochen, obwohl Sanna sich strikt geweigert hatte, über ein Verlöbnis mit ihm überhaupt nachzudenken. Es hatte heftige Auseinandersetzungen gegeben

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