Die Elite
für mich nicht der Richtige ist, heißt das nicht, dass Maxon kein toller Mann ist. Es würde mir sehr leid tun, wenn du ihn verlierst, nur weil du Angst hast.«
Und wieder lag sie richtig. Ich hatte Angst. Angst, dass Maxons Gefühle nicht so waren, wie es den Anschein hatte. Angst davor, was es bedeuten würde, eine Prinzessin zu sein. Angst, Aspen zu verlieren.
»Um zu etwas Erfreulicherem überzugehen«, sagte Marlee und stellte ihre Teetasse ab, »das gestrige Gespräch über Hochzeiten hat mich auf eine Idee gebracht.«
»Ja?«
»Würdest du gern meine, ähm, Brautjungfer sein, wenn ich eines Tages heirate?«
»Ach, Marlee, natürlich wäre ich das gern! Würdest du das Gleiche auch für mich tun?« Ich streckte die Hände nach ihr aus, und sie ergriff sie erfreut.
»Aber du hast doch Schwestern, wird ihnen das nichts ausmachen?«
»Sie werden es sicher verstehen. Also? Bitte!«
»Natürlich! Um nichts in der Welt würde ich mir
deine
Hochzeit entgehen lassen.« Ihr Tonfall schien zu besagen, dass meine Hochzeit das Ereignis des Jahrhunderts werden würde.
»Versprich mir, auch dann dabei zu sein, wenn ich irgendeinen namenlosen Achter heirate.«
Marlee bedachte mich mit einem ungläubigen Blick, zutiefst überzeugt, dass so etwas nicht passieren würde. »Selbst wenn dem so sein sollte – ich verspreche es.«
Sie bat mich nicht um einen ähnlichen Schwur, weshalb ich einmal mehr vermutete, dass es in ihrer Heimat einen anderen Vierer gab, an den sie ihr Herz verloren hatte. Doch ich würde nicht in sie dringen. Offensichtlich hatten wir beide unsere Geheimnisse.
An diesem Abend hoffte ich auf ein Treffen mit Maxon. Marlee hatte mich dazu gebracht, viele meiner Handlungen zu überdenken, aber auch meine Gefühle zu prüfen.
Als wir nach dem Abendessen aufstanden, um den Speisesaal zu verlassen, zupfte ich an meinem Ohrläppchen. Das war das geheime Zeichen zwischen Maxon und mir, mit dem wir einander um ein Treffen baten. Und eine solche Einladung schlug fast nie einer von uns beiden aus. Doch an diesem Abend blickte er mich bedauernd an und formte lautlos das Wort
Arbeit
. Enttäuscht winkte ich ihm ganz leicht zu, bevor wir uns alle zurückzogen.
Aber vielleicht war es am besten so. In Bezug auf Maxon gab es wirklich einige Dinge, über die ich nachdenken musste.
Als ich in den kleinen Gang zu meinem Zimmer einbog, sah ich Aspen, der vor meiner Tür stand und dort Wache hielt. Er blickte mich von oben bis unten an und schien sich sichtlich an dem eng anliegenden grünen Kleid, das meine wenigen Kurven wunderbar betonte, zu weiden. Ohne ein Wort ging ich an ihm vorbei. Doch bevor ich die Türklinke herunterdrücken konnte, strich er plötzlich sacht über meinen bloßen Arm.
Es war nur eine ganz leichte, flüchtige Berührung, doch sogleich spürte ich ein Gefühl von Verlangen, das Aspen immer wieder in mir wachrief. Ein Blick aus seinen grünen Augen, intensiv und voller Sehnsucht, und ich merkte, wie meine Knie zu zittern anfingen.
So schnell es ging, schlüpfte ich in mein Zimmer. Zum Glück blieb mir kaum Zeit, darüber nachzudenken, welche Gefühle Aspen in mir weckte, denn in dem Augenblick, als die Tür hinter mir zufiel, wuselten meine Zofen bereits um mich herum und bereiteten mich für die Nacht vor. Während sie meine Haare bürsteten und drauflos plauderten, versuchte ich für einen Augenblick, alles um mich herum zu vergessen. Doch es gelang mir nicht. Ich musste mich entscheiden. Aspen oder Maxon.
Aber wie sollte ich mich zwischen diesen beiden entscheiden? Wie sollte ich eine Wahl treffen, die auf jeden Fall einen Teil von mir unglücklich machen würde? Am Ende tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass mir noch Zeit blieb. Mir blieb immer noch Zeit …
5
» N un, Lady Celeste, Sie sind der Ansicht, dass die Anzahl der Soldaten nicht ausreicht, und meinen, bei der nächsten Einberufung sollten mehr Männer eingezogen werden?«
D ie Frage kam von Gavril Fadaye, dem Moderator der Diskussionsrunde im
Bericht aus dem Capitol
. Er war der Einzige, der die Königsfamilie interviewen durfte.
Unsere Debatten im Hauptstadtbericht waren ein Test, und das wussten wir. Auch wenn Maxon keine genaue Zeitvorgabe hatte, lechzte das Volk danach, dass die Zahl der Bewerberinnen sich verringerte. Und ich spürte, dem König, der Königin und ihren Beratern ging es genauso. Wenn wir bleiben wollten, mussten wir uns beweisen – wann und wo immer sie es von uns verlangten. Zum Glück
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