Die Elite
wieder nach meiner Hand, und band mir etwas ums Handgelenk. Ich spürte das vertraute Gefühl des Armbands, das er mir in New Asia gekauft hatte.
»Ich habe es die ganze Zeit in der Tasche mit mir herumgetragen. Ich bin eben ein bedauernswerter Romantiker. Eigentlich wollte ich es behalten, aber ich möchte, dass du etwas von mir besitzt.«
Er schob das Armband genau über das von Aspen und ich spürte, wie sich der Knopf in meine Haut drückte.
»Danke. Das macht mich froh.«
»Dann bin ich auch froh.«
Danach schwiegen wir.
30
D as Knarren der Tür weckte mich, und das Licht, das hereinfiel, war so grell, dass ich unwillkürlich die Augen zusammenkniff.
»Eure Majestät?«, fragte jemand. Und kurz darauf rief dieselbe Stimme: »Dem Himmel sei Dank! Ich habe ihn gefunden! Er lebt!«
Im nächsten Augenblick gab es um uns herum ein ziemliches Gewusel, denn Wachen und Diener stürmten fast gleichzeitig in den Schutzraum.
»Konnten Sie sich denn nicht mehr rechtzeitig nach unten begeben, Majestät?«, fragte einer der Wachmänner. Ich blickte auf sein Namensschild. Markson. Ich war mir nicht ganz sicher, aber er schien den höherrangigen Wachen anzugehören.
»Nein. Aber ich hatte einem Wachmann befohlen, meine Eltern zu informieren«, erklärte Maxon und versuchte sich die Haare glattzustreichen. Nur ganz kurz verriet sein Gesichtsausdruck, dass ihm die Bewegung Schmerzen bereitete.
»Welcher Officer war das?«
Maxon überlegte. »Ich weiß nicht, wie er heißt.« Er blickte mich fragend an.
»Ich auch nicht. Aber er trug einen Ring am Daumen. Grau, wahrscheinlich aus Zinn.«
Officer Markson nickte. »Das war Tanner. Er hat es leider nicht geschafft. Wir haben ungefähr fünfundzwanzig Wachen und ein Dutzend Bedienstete verloren.«
»Was?« Ich schlug entsetzt die Hand vor den Mund.
Aspen.
Hoffentlich hatte er überlebt! Letzte Nacht war ich so mit mir und Maxon beschäftigt gewesen, dass es mir gar nicht in den Sinn gekommen war, mir Sorgen zu machen.
»Was ist mit meinen Eltern? Und dem Rest der Elite?«, fragte Maxon.
»Alle sind wohlauf, Majestät. Ihre Mutter war jedoch völlig außer sich.«
»Ist sie schon wieder draußen?« Wir traten aus unserem Versteck, Maxon ging vorneweg.
»Ja. Die meisten Schutzräume wurden bereits geöffnet. Wir hatten ein paar der kleineren Räume vergessen und haben deshalb einen zweiten Rundgang gemacht, in der Hoffnung, Sie und Lady America zu finden.«
»Oh Gott. Dann gehe ich als Allererstes zu ihr.« Doch plötzlich blieb Maxon wie angewurzelt stehen.
Ich folgte seinem Blick. An die Wand war der gleiche Satz wie beim letzten Angriff geschmiert.
WIR KOMMEN .
Auch die Empfangshalle war über und über damit vollgekritzelt. Doch das Ausmaß der Verwüstung ging noch weiter. Ich hatte bisher immer nur die Flure in der Nähe meines Zimmers gesehen, aber nie das, was die Rebellen im Rest des Palastes anrichteten. Große Flecken auf den Teppichen kündeten davon, dass hier jemand, vielleicht eine wehrlose Zofe oder ein furchtloser Wachmann, gestorben war. Die Fensterscheiben waren eingeworfen worden, lediglich ein paar gezackte Glasscherben steckten noch in den Rahmen.
Auch die Lampen waren größtenteils zertrümmert, einige wenige flackerten noch schwach. Zu meinem Schrecken entdeckte ich auch große Löcher in den Wänden und fragte mich, ob die Rebellen gesehen hatten, wie die Leute in die Schutzräume geflüchtet waren. Hatten sie etwa Jagd auf sie gemacht? Wie knapp waren Maxon und ich in der letzten Nacht dem Tod entronnen?
»Lady America?«, sagte ein Wachmann und katapultierte mich dadurch zurück in die Gegenwart. »Wir haben uns erlaubt, zu allen Familien der Elite Kontakt aufzunehmen. Wie es scheint, war der Angriff auf Lady Natalies Angehörige ein gezielter Versuch, das Casting zu beenden. Die Rebellen haben es auf Ihre Verwandten abgesehen, um Sie alle dazu zu bringen, abzureisen.«
Ich riss die Augen auf. »Oh mein Gott.«
»Es wurden bereits Soldaten aus dem Palast abkommandiert, um die Familien zu beschützen. Der König besteht jedoch darauf, dass keine von Ihnen abreist.«
»Und was ist, wenn sie es unbedingt wollen?«, fragte Maxon herausfordernd. »Wir können die Damen doch nicht gegen ihren Willen hier festhalten!«
»Natürlich nicht, Majestät. Aber darüber müssen Sie mit dem König sprechen«, erwiderte der Wachmann verlegen, weil er nicht wusste, wie er mit solch grundverschiedenen Meinungen umgehen sollte.
»Sie werden
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