Die Elite
fehlen.«
»Sie mir auch.«
Als Lucy mich losließ, gingen alle drei zur Tür und stellten sich nebeneinander auf. Ein letztes Mal knicksten sie vor mir, und ich winkte, als sie aus dem Zimmer gingen.
Während der letzten Wochen hatte ich mir so oft gewünscht, ich könnte den Palast verlassen. Doch nun, da der Moment gekommen war, fürchtete ich mich davor. Ich ging noch einmal auf den Balkon und blickte hinunter in den Garten und auf die kleine Steinbank – den Ort, wo Maxon und ich uns zum ersten Mal begegnet waren. Ich hatte keine Ahnung, warum, aber ich hatte das Gefühl, dass er dort sein würde. War er aber nicht. Er hatte vermutlich wichtigere Dinge zu tun, als dort herumzusitzen und an mich zu denken. Ich berührte das Armband an meinem Handgelenk. Und doch
würde
er ab und zu an mich denken, und das tröstete mich. Ich schloss die Balkontür und verließ mein Zimmer.
Auf meinem Weg durch den Palast genoss ich ein letztes Mal seine Schönheit, auch wenn sie durch zerbrochene Spiegel und angeschlagene Rahmen in Mitleidenschaft gezogen war.
Ich erinnerte mich daran, wie ich am ersten Tag die große Treppe hinuntergegangen und gleichzeitig verwirrt und dankbar gewesen war. Damals waren wir so viele Mädchen gewesen.
Als ich die großen Palasttüren erreicht hatte, blieb ich einen Augenblick stehen. Ich hatte mich so daran gewöhnt, hinter diesen schweren Holztüren zu leben, dass es mir fast ungehörig vorkam, einfach hinaus ins Freie zu treten.
Ich holte tief Luft und umfasste den Türgriff.
»America?«
Ich wandte mich um. Maxon stand am anderen Ende der Empfangshalle. Ich hatte nicht erwartet, dass ich ihn noch einmal sehen würde.
Schnell kam er auf mich zu. »Du siehst absolut atemberaubend aus.«
»Danke.« Ich strich über den Stoff meines Kleids.
Dann standen wir still da und sahen einander an. Plötzlich räusperte er sich, und der Grund seines Erscheinens schien ihm wieder einzufallen. »Ich habe mit meinem Vater gesprochen.«
»Aha?«
»Ja. Er war ziemlich froh, dass ich in der vergangenen Nacht mit dem Leben davongekommen bin. Wie du dir vorstellen kannst, ist ihm der Fortbestand der königlichen Linie äußerst wichtig. Ich habe ihm erklärt, dass ich wegen seines Wutausbruchs fast gestorben wäre und nur dank dir in einem Schutzraum gelandet bin.«
»Aber ich habe doch gar nichts getan.«
»Ich weiß. Aber das muss er ja nicht wissen. Außerdem habe ich ihm gesagt, ich hätte dir wegen deines Verhaltens den Kopf zurechtgerückt. Auch in diesem Fall muss er nicht wissen, dass das nicht stimmt, aber wenn du willst, kannst du dich so verhalten, als ob ich es getan hätte.«
Ich hatte keine Ahnung, warum ich mich so benehmen sollte, wenn ich doch am anderen Ende des Landes leben würde. Trotzdem nickte ich.
»Angesichts der Tatsache, dass ich dir – soweit er weiß – mein Leben verdanke, hält er meinen Wunsch, dich hierzubehalten, für gerechtfertigt. Doch nur solange du dich von deiner besten Seite zeigst und weißt, wo dein Platz ist.«
Ich starrte ihn ungläubig an, ich war mir nicht ganz sicher, ob ich ihn richtig verstanden hatte.
»Meiner Meinung nach ist es das Beste, Natalie nach Hause fahren zu lassen. Sie ist für all das hier nicht geschaffen, und da sie und ihre Familie trauern, ist dies für alle die beste Lösung. Ich habe bereits mit ihr gesprochen.«
Ich war noch immer wie vor den Kopf geschlagen und nickte nur.
»Soll ich es dir erklären?«
»Bitte.«
Er ergriff meine Hand. »Du würdest hierbleiben, weiterhin der Elite angehören und am Wettbewerb teilnehmen. Gleichwohl wird sich einiges ändern. Mein Vater wird dir gegenüber wahrscheinlich sehr streng sein und alles in seiner Macht Stehende tun, um dich zu Fall zu bringen. Ich glaube, es gibt Möglichkeiten, damit fertigzuwerden, doch es wird eine Weile dauern. Du weißt, wie skrupellos er ist. Darauf musst du vorbereitet sein.«
Wieder nickte ich. »Ich glaube, das schaffe ich.«
»Da ist noch etwas.« Maxon blickte auf den Teppich und versuchte seine Gedanken zu ordnen. »America, ganz ohne Frage hast du von Anfang an mein Herz erobert. Mittlerweile solltest du das wissen.« Als er mich anblickte, sah ich in seinen Augen, wie ernst es ihm war.
»Das tue ich, Maxon.«
»Doch was du jetzt nicht mehr besitzt, ist mein Vertrauen.«
Seine Worte trafen mich mit voller Wucht. Damit hatte ich nicht gerechnet.
»Ich habe dir so viele meiner Geheimnisse anvertraut, dich auf jede mögliche Art
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