Die Elite
und sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. Wie unpassend. Kannte sie denn gar keine Grenzen?
Kriss beugte sich vor und berührte den Stoff meines Kleids. »Es ist wirklich wundervoll und passt perfekt zu deinen Haaren. Du siehst phantastisch darin aus.«
»Danke«, sagte ich und blinzelte. Das Licht spiegelte sich in ihrer Halskette, und für einen Moment blendete es mich. »Meine Zofen haben wirklich Talent.«
»Allerdings. Ich bin mit meinen zwar auch zufrieden, aber wenn ich Prinzessin werde, werde ich dir deine abspenstig machen!«
Sie lachte. Vielleicht waren ihre Worte wirklich scherzhaft gemeint, vielleicht aber auch nicht. Doch ganz gleich, wie es sich verhielt, allein der Gedanke, dass meine Zofen ihre Kleider nähen würden, störte mich plötzlich. Trotzdem zwang ich mich zu lächeln.
»Was ist so lustig?«, fragte Maxon, der sich zu uns gesellte.
»Ach, es geht um Mädchenthemen«, antwortete Kriss kokett. Sie war heute Abend wirklich in Form. »Ich habe versucht, America zu beruhigen. Sie ist ein wenig nervös wegen des Gesprächs mit Ihrem Vater.«
Vielen Dank, Kriss.
»Sie müssen sich keine Sorgen machen. Seien Sie einfach nur Sie selbst. Großartig aussehen tun Sie ohnehin.« Maxon schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Es war offensichtlich, dass er versuchte, das Vertrauen zwischen uns wiederherzustellen.
»Das sage ich doch die ganze Zeit!«, rief Kriss aus. Sie warfen sich einen kurzen Blick zu, und ich hatte das seltsame Gefühl, als wären die beiden ein eingespieltes Team.
»Nun, dann überlasse ich Sie mal wieder Ihren Mädchenthemen. Bis bald.« Damit verbeugte sich Maxon kurz vor uns beiden und ging hinüber zu seiner Mutter.
Kriss seufzte und sah ihm lächelnd hinterher. »Er ist wirklich unglaublich.« Dann sprang sie plötzlich auf und verwickelte Gavril in ein Gespräch.
Ich beobachtete das rege Treiben um mich herum, Paare, die sich zu einer Unterhaltung zusammenfanden und sich wieder trennten, um sich neuen Gesprächspartnern zuzuwenden. Schließlich war ich froh, dass Elise mir in meiner Ecke Gesellschaft leistete, auch wenn sie nicht viel redete.
»Oje, meine Damen, wir haben die Zeit ganz aus den Augen verloren!«, rief der König plötzlich. »Wir müssen jetzt nach unten.«
Ich blickte hoch zur Uhr und sah, dass er recht hatte. Uns blieben noch ungefähr zehn Minuten, um zum Studio zu gehen und uns herzurichten.
Es schien wohl keine Rolle zu spielen, was ich von der Position einer Prinzessin hielt oder wie ich über Maxon dachte. Der König hielt mich offenbar für so ungeeignet, dass er sich nicht einmal die Mühe machte, mit mir zu sprechen. Ich wurde ausgeschlossen, vielleicht sogar mit Absicht, und niemand bemerkte es.
Während des
Berichts
riss ich mich am Riemen. Ich bewahrte sogar noch Haltung, bis ich meine Zofen entlassen hatte. Doch sobald ich allein war, brach sich meine Enttäuschung Bahn.
Falls Maxon angeklopft hätte, hätte ich ihm meinen Zustand nur schwer erklären können. Doch diese Überlegung erwies sich als überflüssig. Er tauchte gar nicht erst auf. Und ich fragte mich unwillkürlich, wessen Gesellschaft er stattdessen genoss.
15
M eine Zofen waren einfach wunderbar. Sie verloren kein Wort über meine geschwollenen Augen oder die tränennassen Kissen. Sie halfen mir einfach nur, die Fassung zu bewahren. Ich gestattete mir, mich von ihnen verhätscheln zu lassen, und war dankbar für ihre Zuwendung. Würden sie zu Kriss genauso nett sein, wenn sie den Wettbewerb gewann und sie mir wegnahm?
Während ich noch darüber nachdachte, stellte ich überrascht fest, dass es Spannungen zwischen den dreien zu geben schien. Mary war noch am unbeschwertesten; sie wirkte höchstens ein wenig bekümmert. Doch Anne und Lucy machten den Eindruck, als ob sie absichtlich jeden Augenkontakt vermieden. Sie redeten auch nicht miteinander, außer wenn es unumgänglich war.
Ich hatte keine Ahnung, was mit ihnen los war, und ich wusste nicht, ob es angebracht war, sie zu fragen. Sie ließen mich in meinem Kummer oder meiner Wut auch immer in Ruhe. Daher war es wohl nur recht und billig, wenn ich mich ihnen gegenüber genauso verhielt.
Während sie schweigend meine Haare frisierten und mich für einen weiteren langen Tag im Damensalon ankleideten, versuchte ich mich von der gedrückten Stimmung nicht runterziehen zu lassen. Zu gern hätte ich eine der Hosen angezogen, die Maxon mir für samstags geschenkt hatte. Doch es schien kein guter Zeitpunkt
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