Die Eltern-Trickkiste
lange auf sich warten lassen. Doch wenn Sie nun (und auch beim dritten Mal) exakt gleich reagieren, begreift die kleine Wasserratte, dass es in dieser Sache keinen Verhandlungsspielraum gibt – und das Problem ist erledigt. Zumindest für geraume Zeit – bis Ihre Reaktion erneut getestet wird.
»Doofe Mama!«, bemerkte meine Dreijährige beiläufig, gerade so, als wollte sie die sprachliche Neuerwerbung aus dem Kindergarten bei mir testen. Ich tat, als hätte ich nichts gehört. Ein Mal ist kein Mal. Kurz darauf schallte es lauter: »Doofe Mama!« Mir war klar, dass ich mich nie von meiner Tochter beleidigen lassen würde, weder jetzt noch später, auch nicht im Spaß. Also wehret den Anfängen: Ich ließ – sichtlich getroffen – alles stehenund liegen und sagte meiner Tochter, dass ich eine liebe Mama sei. Wenn sie »doofe Mama« zu mir sage, würde ich mich auch so verhalten – nämlich wie eine doofe Mama. Sprach’s, ließ sie stehen und ging demonstrativ in einen entfernten Raum. Nachdem sie eine Weile geweint hatte, kam Stella anmarschiert, und wir benahmen uns beide, als sei nichts passiert. Wenige Stunden später raunte mein Töchterchen erneut: »Doofe Mama!« Ich reagierte postwendend wie zuvor: erklärte, ging weg – prompt folgt Weinen. Am nächsten Tag dasselbe Spiel noch einmal – und dann nie wieder. Aller Provozier-Dinge waren drei.
UNIVERSALREZEPT 6
BETTELEI VERRINGERN
… durch entweder… oder
Es gibt Situationen, da ist
Bettelei geradezu obligatorisch, beispielsweise bei
Kirmes und Ausflug. Es ist klar, dass ein Kind auf einer
Kirmes Karussell fahren und Süßes futtern möchte. Wenn
die Familie am Strand liegt, wird sicher gewünscht, dass
Papa mit ins Wasser geht oder Mama mithilft, Muscheln zu
sammeln und Sandkuchen zu backen. Bei solchen Szenarien,
in denen umfangreiche Bettelei nahezu unumgänglich ist,
können Formulierungen mit »entweder… oder« sie reduzieren: »Entweder ich sammle mit
dir Treibholz oder ich helfe dir beim Burgenbauen,
beides möchte ich nicht.« Oder: »Mit allen Karussells zu
fahren ist zu teuer. Entweder du kannst hier ein zweites
Mal fahren oder noch ein anderes ausprobieren – du kannst bestimmen.« Die
Möglichkeit, wählen zu können, gibt dem Kind das gute Gefühl, seines eigenen
Glückes Schmied zu sein. Außerdem scheidet für Eltern
praktischerweise gleichzeitig ein Bettelgrund aus dem
Rennen, denn wer A wählt, weiß, dass damit B verloren
ist.
ADIEU, QUENGELSTIMME
Falls der Betteltonfall nervt
NICHT SELTEN GEBEN ELTERN nur deshalb beim Betteln nach, weil sie die quengelige Stimme loswerden wollen. Das haben Kinder schnell spitz, weshalb sie beim nächsten Nein keinesfalls aufgeben, sondern die Tonlage noch ein wenig höher schrauben. Wer es schafft, die Ohren bei den ersten nöligen Tönen konsequent auf Durchzug zu stellen und mit keiner Wimper zu reagieren, wird sie vermutlich für immer los. Wer das, wie ich, zu spät erkennt, kann Plan B versuchen: »Schließ deine Quengelstimme ab« ist eine klare Ansage ans Kind, ergänzbar durch: »Die nervt mich. Sprich mit deiner normalen Stimme, dann kann ich dir zuhören.« Das hält geraume Zeit vor. Auch wirkungsvoll: Imitieren Sie die Tonlage des Kindes (siehe Universalrezept >) , wenn Sie sich seine nörgelige Sprechweise verbitten. Diese Spiegelung ist für Bettel-Prinz oder -Prinzesschen deutlicher als tausend Worte. Doch Vorsicht: Auch wenn Sie genervt sind, achten Sie darauf, das Spiegeln sachlich einzusetzen, damit Ihr Kind sich nicht vergackeiert fühlt. Denn sonst verpufft die Lernabsicht.
MIT TAG X ZUM ZIEL
Christkind & Co. als Helfer nutzen
KINDER MÜSSEN ÖFTERS DINGE LERNEN, die für sie augenblicklich gar nicht erstrebenswert sind: das Abschaffen des Schnullers, das Warten, das Trockenwerden. Wenn Eltern neben Geduld und Überzeugungskraft auch eine Portion Einfallsreichtum entwickeln, gelingt es leichter, solche Ziele zu erreichen. Als wirkungsvoller Helfer kannbeispielsweise ein »magisches« Stichdatum zur Seite stehen, ein Tag X, der zur Ziellinie wird. »Wenn du bis zum Sommer ohne Schwimmflügel schwimmen kannst«, könnte Mama anspornen, »darfst du mit deinen großen Geschwistern ganz allein ins Freibad.« Voraussetzung ist, dass es gelingt, für das Kind eine einleuchtende Verknüpfung herzustellen – zwischen dem Lernziel einerseits und dem Zieltermin andererseits. Auch bei kleinen Dingen lässt sich eine zeitliche Ziellinie als
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