Die Eltern-Trickkiste
kleinen Spontanquerelen. Doch liegt die Ursache des unschönen Vorfalls tiefer (die lispelnde Mira ist oft Ziel von Spott), dann kann er sich im Prinzip jederzeit wiederholen, weil die Struktur unverändert bleibt. Denn solange die Kinder an der Lösung des Problems nicht beteiligt werden, hat ihre Einsicht kurze Beine. Kaum ist der Erwachsene um die Ecke gebogen, fliegt womöglich schon wieder der Sand. Es gibt eine interessante, in England entwickelte Methode, die ein ganz anderes Vorgehen bei Streit empfiehlt. Beim »No Blame Approach« (Ohne-Schuld-Ansatz) richtet sich der Blick nicht auf die Vergangenheit, sondern darauf, wie sich die Zukunft positiv gestalten lässt.
Demnach würden die Kinder nicht gefragt: »Wer hat zuerst mit Sand geworfen/geschubst/gepiesackt?«, sondern es hieße: »Wer will hier in Ruhe spielen? Wie kriegt ihr das hin? Ihr seid die Experten!« Ein wertschätzender, ernster Ton gehört dazu und die Anerkennung der Kinder als Fachleute. Nun macht jedes Kind einen einzigen Vorschlag, mit dem es selbst zum guten Miteinander beitragen will. Wichtig: Auch Kinder, die am Ärger unbeteiligt waren, werden einbezogen. Damit wird zum einen deren kommunikative Kompetenz genutzt, und zum anderen stehen sich die Streithähne nicht mehr als Kontrahenten gegenüber, sie gehören jetzt zum vielköpfigen »Verbesserungsteam«. Jeder Vorschlag wird vom Erwachsenen deutlich wiederholt und gelobt – ganz egal, was es ist. »Ich rutsche jetzt«, sagt vielleicht einer. Ein anderer meint »Ich werfe nicht mehr mit Sand« oder »Ich spiele mit Jan«.
Es ist erstaunlich, wie gut das Miteinander klappt, wenn sich jedes Kind für einen kleinen Baustein verantwortlich fühlt, den es selbst bestimmen durfte.
»No Blame Approach« wurde zwar für Gruppen entwickelt, aber wer diese spezielle »Denke« verinnerlicht, kann sie auch im Kinderzimmer nutzen, wenn sich Lisa und Ronja streiten und keine weiteren Kinder für ein »Verbesserungsteam« da sind. Probieren Sie es aus, falls Sie als Helfer hinzugerufen werden: Hören Sie sich die Positionen kurz an (Sich-Luft-Machen erleichtert und vermittelt das Gefühl ernst genommen zu werden), nicken Sie mitfühlend, aber verzichten Sie auf Kommentare. Fragen Sie stattdessen: »Wer von euch will denn heute noch schön spielen?« Meistens beide. »Dann macht jetzt jede einen Vorschlag, wie das klappt.« Anschließend die Ideen unkommentiert wiederholen und auffordern: »Los geht’s!«
ALTERSGERECHTE AUFGABE
»Wir sind eine Familie«
ES TUT JEDEM MENSCHEN GUT, wenn er spürt, dass er etwas für die Gemeinschaft leisten kann und gebraucht wird. Auch kindliches Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein werden so gestärkt. Kleine Aufgaben in der Familie haben daher große Bedeutung. Am sinnvollsten ist es, sie gemeinsam zu suchen und die Rahmenbedingungen zusammen festzulegen. Worauf sich Eltern und Kind einigen, ist im Grunde egal. Einstieg kann das Einräumen der gewaschenen Kinderkleidung in den Schrank sein. Auch das Putzen des Waschbeckens eignet sich für Stoppelhopser. Mit zunehmendem Alter lässt sich die Aufgabenpalette verändern oder erweitern. Mögliche Kinderdienste: das Leeren des Mülleimers, das Ausräumen der Spülmaschine, das Mähen des Rasens, das Putzen der Schuhe oder das Saugen des Autoinnenraums. Gut ist, wenn die Aufgabe klar umrissen ist und regelmäßig wiederkehrt.
Ist eine Aufgabe erklärt worden und einem Kind übertragen, dürfen Eltern sie keinesfalls mehr an sich reißen. Selbst die beste Hilfsabsicht schadet, denn sie untergräbt den Verantwortungsbereich des Kindes. Ausnahmen sind Urlaub oder Krankheit. Kommt das Kind aus anderen Gründen seiner kleinen Pflicht nicht nach, sollte in einem Gespräch der Grund aufgespürt und gemeinsam eine Lösung gesucht werden. So könnte es sein, dass der Sprössling die Spülmaschine nicht wie üblich bis zum Abendessen ausräumen kann, weil er bei einem Freund übernachtet. Mögliche Reaktion: Das Zeitfenster fürs Ausräumen wird erweitert: »Okay, du hast bis morgen Nachmittag Zeit, das zu erledigen«, oder die Aufgabe wird getauscht: »Ich kümmere mich für dich um die Spülmaschine, dafür kaufst du morgen auf dem Rückweg vom Freund beim Bäcker ein.« Handelt es sich schlicht um Unlust oder Unzufriedenheit, hilft konsequenter Nachdruck, das Betonen des Gefälligkeitsprinzips (siehe >) oder der Wechsel zu einer anderen Aufgabe.
Übrigens: Maulen ist bei der Erledigung der Aufgabe oftmals
Weitere Kostenlose Bücher