Die Elvenbrücke
jenseits Giantons regierten die Priester mit ihren Schergen aus den Schmieden Giantons. Gianten schien es überall zu geben. Ihr wenig menschlicher Anblick erfüllte selbst Burra und ihre Amazonen mit Unbehagen.
In diese Laern, in denen die Finsternis herrschte, begleitete Thonensen Merryone in den Priesterkleidern, die er seit der Flucht aus stong-nil-lumen bei sich trug. Er nannte sich Cyrwain und gab vor, von seiner Höchsten Würdigkeit, Donahin selbst, beauftragt zu sein. Das ließ im allgemeinen die neugierigen Frager verstummen. Da war zwar noch mancher, der sich fragte, weshalb seine Höchste Würdigkeit einen Rotmaskierten in seine Dienste nahm, der doch recht niederen Ranges unter den Priestern war, aber aus der linken Augenöffnung der Maske blickte ein pupillenloses, schwarzes Auge, das nur das Mal eines Dämons sein konnte. Und die Gezeichneten, das wußten sie alle, waren die Auserwählten der Mächtigen.
So gab man ihnen, was sie verlangten: Pferde und Vorräte.
Auf dem Titanenpfad selbst und in der näheren Umgebung fanden sie keinerlei Zeichen des Dämonenkults – keine Statuen, keine Priester, keine Gianten. Der steinerne Weg war ein breiter, heller Pfad durch die Finsternis.
Einmal stießen sie auch auf Spuren, die auf Maer O’Braenn deuteten. In einem Laern erfuhren sie von einem geheimnisvollen Anführer, der sich der Wolf von Caer nannte und zum Kampf gegen die Finsternis aufrief. Sie gaben sich als Freunde dieses Wolfs von Caer aus, ohne seinen Namen zu nennen. Nottr war recht sicher, daß es sich um Maer O’Braenn handelte, als er vernahm, daß Barbaren an seiner Seite geritten waren. Das konnte nur Urgat und seine Viererschaft gewesen sein.
Im späteren Verlauf des Rittes mieden sie menschliche Ansiedlungen. Da nicht viele freie Geister in diesen Tagen mehr offen durch Caer ritten oder durch andere einst tainnianische Provinzen, und da die Priester den Titanenpfad mieden, war genug Wild in der Umgebung des Pfades, daß die Wanderer sich selbst versorgen konnten.
Es gab keine Verfolger, was bedeuten mochte, daß die Caer-Priester sie nicht hier vermuteten oder daß sie vom unterirdischen Teil des Titanenpfads zwischen stong-nil-lumen und Gianton keine Kenntnis hatten.
Das war gewiß ungewöhnlich, doch möglich. Wie den Keilstein und diesen geheimen Fluchtweg der Tauren mochten stong-nil-lumen und ihre anderen Bauwerke noch viele Geheimnisse bergen, von denen weder die Dämonen noch die Menschen wußten.
Dennoch war nun Eile geboten. Parthan würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um seine wichtigen Gefangenen wieder in die Hände zu bekommen. Früher oder später würden die Priester auch den verborgenen Teil des Titanenpfads entdecken. Sicherheit lag vielleicht tief in den Hochländern, an O’Braenns Seite. Sicherheit lag vielleicht auch jenseits der Elvenbrücke, wie Duzella immer wieder behauptete.
Aber Nottr erfüllte Duzellas Anwesenheit auch mit Besorgnis. Cescatros Visionen waren sehr deutlich in seiner Erinnerung. Duzella war mit Hilfe Schwarzer Magie gezeugt worden.
Das machte sie zu einem unberechenbaren Geschöpf.
Nun war die Elvenbrücke vor ihnen.
Sie hob sich in der Abenddämmerung als rötlich-grauer Streifen in ihr Blickfeld.
Selbst aus dieser Entfernung - Nottr schätzte sie auf einen halben Tagesritt – wirkte sie gewaltig. Und wenn auch die Visionen des letzten Tauren, Cescatros, keinen Zweifel daran ließen, daß die Elven diesen Wall erbaut hatten, so war die Ähnlichkeit der Bauart mit den gewaltigen steinernen Schöpfungen der Tauren nur um so rätselhafter. Viele der Caer-Legenden besagten zudem, daß die Tauren den Wall zwischen Caermallon und Thormain erbaut hatten.
Wenn Cescatros Visionen die Wahrheit gewesen waren, so kannten diese Wahrheit nun nur Thonensen und Nottr.
Die Wahrheit, daß die Elven den Wall erbaut hatten, um die Tauren daran zu hindern, ihrem Titanenpfad bis ans Ende zu folgen und in ihre Heimat zurückzukehren.
Die Elven und die Tauren waren alte Feinde.
Beide waren vor vielen hundert Jahren vom Antlitz Gorgans verschwunden.
Doch wenn Schwarze Magie Tauren wie Taurond und Duzella erstehen lassen konnte, weshalb nicht auch Elven?
Ein wenig erinnerte Nottr dieser Wall an die Berge am Rand der Welt, denn auch sie waren ein Wall. Die Götter mochten sie errichtet haben.
Er dachte an Oannons Tempel und drängte die Gedanken an Olinga und Ahark beiseite, die auf ihn einstürmen wollten.
Er fragte sich düster, welche alten
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