Die Enden der Parabel
Klang wie von Metall annehmen, jedes Wort ein scharfkantiger Schlag, und daß das Licht, obwohl so strahlend wie zuvor, jetzt weniger erhellt... Es ist ein puritanischer Reflex, der sich hier einschleicht, ein Zwang, den man auch Paranoia nennt, noch andere Ordnungen zu finden, jenseits der sichtbaren. Fahle Kraftlinien schwirren durch die Meeresluft... Pakte, geschworen in Zimmern, die längst zurück zu Grundrissen gebombt sind, und keineswegs durch Kriegszufall, bieten sich an ... O nein, Sportsfreund, das war keine "gefundene" Krabbe, das waren alles keine Zufälle, der Krake nicht und nicht das Mädchen. Mhm. Strukturen und Details werden sich finden, doch das geheime Einverständnis, das jetzt bei den anderen rund um ihn herrscht, spürt er sofort, in seinem Herzen.
Sie bleiben alle noch für kurze Zeit am Strand, frühstücken fertig. Doch die Einfachheit dieses Tages, Vögel und Sonnenlicht, Mädchen und Wein, hat sich von Slothrop fortgestohlen. Tantivy wird langsam betrunken, entspannter und lustiger, je weiter sich die Flaschen leeren. Er bearbeitet nicht nur die Tänzerin, auf die er gleich ein Auge hatte, sondern auch die Kollegin, der Slothrop zweifellos gerade was flüstern würde, wäre der Krake nicht gewesen. Er ist ein Botschafter aus Slothrops unschuldiger, vorkrakiger Vergangenheit. Bloat dagegen sitzt steif und stocknüchtern da, kein Schnurrbarthaar gekrümmt, Uniform makellos, und beobachtet Slothrop scharf. Ghislaine, das Mädchen neben ihm, kleinwüchsig, schlank, mit Beinen wie ein Pinup-Girl und langen, glatt zurückgekämmten Haaren, die ihr tief auf den Rücken fallen, rutscht mit ihrem runden Hintern im Sand hin und her, schreibt Marginalien um Bloats Text. Slothrop.der glaubt, daß Frauen Antennen haben wie Marsmenschen und Männer nicht, behält sie im Auge. Nur einmal schaut sie zu ihm rüber, doch ihre Augen weiten sich geheimnisvoll. Er könnte schwören, daß sie etwas weiß. Auf dem Rückweg zum Casino, die Flaschen leer, der Korb gefüllt mit dem Abfall dieses Morgens, richtet er es so ein, daß er ein paar Worte mit ihr sprechen kann. "Nettes Picknick, nessöpah?"
An ihren Mundwinkeln erscheinen Grübchen. "Habt ihr eigentlich die ganze Zeit Bescheid gewußt über den Kraken? Kam mir so vor, weil alles ausgesehen hat wie ein Ballett bei euch." "Nein, ehrlich! Ich hab nichts gewußt. Du meinst, daß alles nur ein Ulk war oder so?" "Kleiner Tyrone", wispert sie plötzlich und nimmt mit einem großen Bühnenlächeln für die anderen seinen Arm. Kleiner? Er ist doppelt so groß wie sie. "Bitte - paß auf dich auf ..." Das ist alles. Bei der anderen Hand hält er Katje, zwei kleine Teufel, spiegelgleich. Der Strand liegt jetzt verlassen bis auf fünfzig graue Möwen, die das Wasser beobachten. Draußen über der See ballen sich weiße Cumulus-Berge zusammen, prall wie Blasengelbacken - die Palmblätter auf der Esplanade regen sich im Wind. Ghislaine bleibt zurück, noch unten am Strand, um auf den properen Bloat zu warten. Katje drückt Slothrops Arm und sagt genau das, was ihm jetzt fällig scheint: "Vielleicht war's uns sogar vorherbestimmt, daß wir uns trafen ..."
[2.2] Katje und Slothrop
Von See aus ist das Casino zu dieser Stunde ein blitzendes Bijou am Horizont - sein Palmenornament schon in der Dämmerung verschwunden. Das gelbe Braun der spitzgipfligen Vorgebirge tönt sich tiefocker, das Meer färbt sich im sanften Schwarz von Olivenfleisch, die weißen Villen, die zerstörten und die unversehrten Landsitze an den Hängen, das herbstgrüne Gebüsch und die freistehenden Pinien verdunkeln sich zu jener Nachtlandschaft, die tagsüber im Verborgenen lag. Am Strand leuchten Feuer auf. Ein fernes Plappern von englischen Stimmen, hie und da auch Gesang, schallt über das Wasser zu der Stelle, wo Dr. Porkjewitsch an Deck steht. Unten tollt der Krake Grigori, nachdem er sich voll Krabbenfleisch gestopft hat, fröhlich durch sein Spezialbehältnis. Der Richtstrahl des Leuchtfeuers am Ende der Landzunge wischt vorbei, winzige Fischkutter halten auf die offene See hinaus. Grischa, kleiner Freund, diese Nummer hast du für geraume Zeit zum letztenmal vorgeführt... Gibt es noch einen Grund, von Pointsman Unterstützung zu erwarten, jetzt, nachdem Dr. Porkjewitsch und sein Fabulöser Krake ihren Auftritt abgeliefert haben? Er hat es schon lange aufgegeben, Befehle anzuzweifeln -selbst an seinem Exil rüttelt er nicht mehr. An dem Material, das ihn mit der Bucharin-Konspiration
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