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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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Flügel an der Schmalseite des Raumes, Cesar Flebotomo, der seinen geleckten Schnurrbart gerade zu Säbelspitzen zwirbelt, schlüpft hinter eine Faßpalme, um ein paar Lampen zuzuschalten, steckt blinzelnd seinen Kopf hervor und pfeift diskret nach seinem Maitre d'Hotel. Wein wird gegurgelt, Kehlen werden freigeräuspert, und schon singt die Mehrheit der Gesellschaft
    DIE BALLADE VON TANTIVY MUCKER-MAFFICK. Beim Itaker-Gin, da schmeißt es dich hin, Vom französischen Bier wirst du septisch. Bourbon in Spanien, man konnte's fast ahnien, Macht noch heiliger als epileptisch. Es gibt Fusel, mit dem fährt ein U-Boot bequem Über Berge und alle Gerolle -
    Reines Gift, das die Knochen im Leib dir läßt kochen,
    Gewürzt mit den Hämmern der Hölle!
    (Refrain): Tantivy säuft sich rund um die Welt,
    Und geht sie ihm auch in die Binsen,
    Wenn er jemals nein sagte zum Alkohol,
    Fiel ich tot um mit schaurigem Grinsen!
    Unter den Sängern, nicht wahr, befinden sich auch Waliser, die sich anhören wie hundert, aber wahrscheinlich zu zweit sind, ein Tenor aus dem Süden und ein Baß aus dem Norden des Landes, so daß alle Gespräche, sub rosa oder nicht, übertönt werden. Genau das, worauf es Slothrop ankam. Er lehnt sich zu Katje hinüber. "Kommen Sie auf mein Zimmer", flüstert sie, "306, nach Mitternacht. " "Gebongt." Und schon setzt er sich wieder senkrecht und auf dem ersten Takt ein:
    Ihm wuchsen schon Kiemen in Meeren von Grog, Sein Durst war so groß wie ein Wal. Er sang Shanties in Moll, wenn nicht sternhagelvoll, Und Schlagseite schien ihm normal. Ob im Nebel von London, in der Hitze der Wüste, Im Gletschereis über Zermatt -Jeder irdische Schrecken konnte hinten ihn lecken, Weil er immer geladen hat! Ja, Tantivy säuft sich rund um die Welt... &c.
    Nach dem Essen zeigt Slothrop Tantivy den erhobenen Daumen. Ihre Tänzerinnen wandeln Arm in Arm hinaus in die Marmorgefilde, wo die Toilettenboxen untereinander mit einem Netzwerk von Sprachrohren aus Messing verbunden sind, was
    die Klo-zu-Klo-Konversation kolossal erleichtert. Slothrop und Tantivy peilen die nächste Bar an.
    "Hör mal", sagt Slothrop gegen die Eiswürfel in seinem Highball-Glas, um die Worte angemessen frösteln zu machen, "entweder mich hat 'ne kleine Psychose erwischt, oder es ist irgendwas Komisches im Gange, hab ich recht?"
    Tantivy, der eine arglose Miene aufgesetzt hat, bricht ab, "Am Meer kann man Sachen machen, die wär'n in der Stadt mehr zum Lachen" zu summen, und fragt teilnehmend: "Hm, ach, soso, meinst du wirklich?" "Ich bitte dich! Dieser Krake ..."

"Der Kopffüßer ist in den Küstengewässern des Mittelmeers beileibe kein seltener Gast. Obwohl er normalerweise nicht so groß wird - ist es die Größe, die dich beunruhigt? Mögen Amerikaner nicht gerade -"
    "Tantivy, es war kein Zufall. Hast du nicht diesen Bloat gehört? ! Er hatte die Krabbe bei sich, in seiner Umhängetasche wahrscheinlich, um das Biest damit wegzulocken. Und, übrigens, wo steckt er heute abend?"
    "Ich glaube, er ist draußen am Strand. Da gibt's 'ne Menge zu bechern."
    "Trinkt er viel?"
    "Nein."
    "Schau mal, du bist doch sein Freund -"
    Tantivy stöhnt. "Allmächtiger Himmel, Slothrop, ich weiß nichts. Ich bin auch dein Freund, aber da ist halt immer so 'n bißchen Slothropsche Paranoia, mit der man fertig werden muß..."
    "Scheiß auf die Paranoia. Irgendwas braut sich zusammen, u-und du weißt Bescheid!"
    Tantivy kaut Eis, visiert über einen gläsernen Sektquirl, zerzupft eine Papierserviette zu einem Schneesturm, vollführt aller Art Bartätigkeiten, schließlich ist er ein alter Experte. Dann endlich, mit leiser Stimme: "Na schön: Er erhält verschlüsselte Botschaften. " "Ha!"
    "Heute nachmittag hab ich bei seinen Sachen eine gesehen. Ganz flüchtig. Ich habe nicht versucht, Einzelheiten zu erkennen. Er ist ja immerhin vom SHAEF - ich nehme an, es hat damit zu tun."
    "Nein, das ist es nicht. Aber was sagst du dazu -" und Slothrop erzählt von seiner mitternächtlichen Verabredung mit Katje. Für einen Augenblick ist es fast so, als wären sie wieder in ihrem Büro bei ACHTUNG, mit Tee in Pappbechern und einschlagenden Raketen, und die Welt wäre wieder in Ordnung... "Wirst du hingehn?"
    "Warum sollte ich nicht? Hältst du sie für gefährlich?"
    "Ich halte sie für entzückend. Wenn ich mich nicht um Francoise kümmern müßte, von Yvonne ganz zu schweigen, ich würde mit dir um die Wette hinrennen." "Aber?"
    Aber die Uhr über der Bar läßt nur ein

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