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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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Nayland-Smith-Strategie, die er zu verfolgen scheint (Pointsman besitzt eine Gesamtausgabe sämtlicher Bände der großen manichäischen Saga von Sax Rohmer und bringt es zur Zeit fertig, zu jeder Tages- oder Nachtstunde mit einem Buch in der Hand reinzuplatzen, meistens dann, wenn Roger gerade schläft oder einen ungestörten Schiß zu tun versucht, in welchem Fall er ungerührt vor dem
    Lokus Aufstellung nimmt und mit Stentorstimme eine einschlägige Passage zum besten gibt). Pointsman ist zu allem fähig, er ist noch schlimmer, als es der alte Pudding jemals war, ohne jedes Schamgefühl. Er nutzt jeden für sich aus -Gloaming, Katje Borgesius, Pirat Prentice, keiner ist (Jessica) gefeit vor seinem (Jessica?) machiavellistischen -
    Jessica. Oh. Ja-natürlichnatürlich, Mexico, du verdammter Trottel... kein Wunder, daß ihn die 137er von Pontius zu Pilatus geschickt hat. Kein Wunder, daß die Versetzung von so weit oben kam. Und er, o Lamm, das über den Bratspieß frohlockt, er hat auch noch Pointsman selbst gefragt, ob er nicht etwas unternehmen könnte... Narr! Narr!
    Erfüllt von Mordlust, trifft er vor dem Zwölften Haus in der Gallaho Mews ein. Fahrraddiebe flüchten durch die düsteren Gassen, alte Profis, die bei sattem Tempo noch drei Räder gleichzeitig zu balancieren verstehen. Gigolos mit geleckten Schnurr-bärten schniegeln sich vor Fensterscheiben. Kinder plündern die Mülltonnen. Die Ecken der Höfe sind schuppig von alten Amtspapieren, der abgeschälten Haut eines entflohenen Drachens. Ein Straßenbaum ist zu einer rätselhaften, schwarz ausgefransten Leiche verdorrt. Eine Fliege landet mit dem Bauch nach oben auf dem vorderen Kotflügel von Rogers Maschine, surrt zehn Sekunden gegen das Blech, faltet die empfindlichen, geäderten Flügel unter, stirbt. So schnell kann's gehen. Roger sieht es zum erstenmal. P-47er fliegen in Karoformation, rotweiß-blaugelb markiert, über das unberichtigte Formular des weißlichen Himmels, Schwarm auf Schwarm: eine Militärparade oder ein neuer Krieg. Hinter der Ecke arbeitet ein Maurer, schmiert Verputz über die Bombennarben einer Wand: appetitlich wie Quark häuft sich der Gips auf seinem Mörtelbrett, doch die Kelle ist ihm ungewohnt, geerbt von einem toten Freund, noch nicht in seine Hand gewachsen, so daß er Löcher wie ein Lehrling damit bohrt... zu stark verwunden für die eigene Körperkraft ... ja, Henry lag 'ne Klasse drüber... Die Fliege, die nicht tot war, entknittert ihre Flügel und zoomt davon, um jemand anderen zu foppen.
    Jetzt, Pointsman, sieh dich vor stapft er ins Zwölfte Haus hinein, über die Korkmatten von sieben Korridoren und sieben Treppen, in scharfem Tempo vorbei an Rezeptionen, wo sich lange Arme nach den Telephonen strecken, verflucht, wo steckst du-
    Nicht in seinem Büro. Aber Geza Rozsavölgyi ist da und stellt sich stur: "Sie ma-chen sich-ja lächerlich, jun-ger Freund."
    "Halt deine transsylvanische Schnauze", schnarrt Roger, "ich bin hinter deinem Boss her, kapiert, eine komische Bewegung, und du hast zum letztenmal dein Null-negativ gesoffen, Sportsfreund, deine Beißer werden nicht mal mehr Haferschleim verkraften, wenn ich mit dir fertig bin -" Der alarmierte Rozsavölgyi, auf dem Rückzug um den Wasserkühler, greift nach einem Drehstuhl, um sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Die Sitzfläche fällt raus, und Rozsavölgyi behält nur das Gestell in der Hand, das peinlicherweise geformt ist wie ein Kreuz. "Wo steckt er?" Mexikanische Kämpferpose und ein Knirschen, mit dem Roger seine Zähne zusammenbeißt nur nicht hysterisch werden, das ist ein unproduktiver Luxus, den du dir bei deiner gegenwärtigen Verletzlichkeit nicht leisten kannst ... "Raus mit der Sprache, Mistkerl, oder du siehst nie wieder einen Sarg von innen -" Herein rast eine kleine, aber hitzige Sekretärin, so 'n rundlicher Pausback, und beginnt, Rogers Schienbeine mit den Mehrgewinnsteuerakten der Jahre 40/44 einer englischen Stahlfirma zu traktieren, die sich mit den großdeutschen Vereinigten Stahlwerken das Patent für eben die Legierung geteilt hat, aus welcher die Muffen an der Sauerstoffleitung zum S-Gerät im Heck des A4 Nr. 00000 gefertigt worden sind. Aber Rogers Schienbeine sind taub für diesen Typ von Informationsaufnahme. Der
    Sekretärin fällt die Brille von der Nase. "Frl. Müller-Hochleben", liest er ihr Namensschild, "Sie sehen einfach brutal aus ohne Ihre Brille. Ssetzen Ssissi toch vieder auf!" akzentuiert in Nazi-Deutsch,

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