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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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unsichtbar geworden ist im Schatten, daß das Weiße in seinen Augen jetzt tatsächlich weiß leuchtet, durch die Luft irisiert, verschwindet und wieder neu aufblitzt... es kostet Rozsavölgyi Überwindung, in dieser Schattenecke zu verweilen. Sie zählt wirklich nicht zu den Orten, an welchen er sich bevorzugt aufhält. Einmal ist da das Phänomen, daß der Rest des Zimmers auf Distanz gerückt erscheint, so wie durch den Sucher einer Kamera ... und dann die Wände - sie scheinen nicht... ja, nicht mehr stabil zu sein, scheinen zu fließen, eine zähe Viskosität, ein Kräuseln wie über Seiden- oder Nylonflächen, wäßrig grau gefärbt mit einer gelegentlichen überraschenden Insel in der Flut, einem Farbklecks, der vollkommen fremd wirkt in diesem Raum - safrangelbe Spindeln, palmengrüne Ellipsen, magentarote Fjorde, die sich kammartig in comix-gelbrot zerfetzte Inselklumpen auffasern, während sich der angeschossene Jäger in die Kurve legt, die Zusatztanks und das silbrige Kabinendach abwirft, die Klappen ausfährt, bis fast die Strömung abreißt, und wieder hochzieht, hoch, als das Blau (plötzlich, so ein heftiges Blau!) heranrast und Zündung raus und uhhnnhh! Scheiße! das Riff, wir schlagen genau über dem Riff auf- oh. Oh, das war gar kein Riff? Wir-wir sind gerettet} Wir sind gerettet! Mangofrüchte, da sind ja Man-gofrüchte auf dem Baum dort drüben! U-und da ist ein Mädchen - da sind 'ne Menge Mädchen! Mensch, schau doch, einfach sagenhaft, ihre Titten ploppen richtig raus, und diese Grasröck-chen schwingen sie alle und spielen Ukulele und singen (obwohl
    - warum sind ihre Stimmen so metallisch und scharf? so nasal wie das Gesinge einer amerikanischen Chorus Line?) -
    Willkommen, weißer Mann, auf Puk-ka-huk-ka-luk-ki - Insel! Beiß bloß in mein Papaya und du willst nie mehr weg im Leben! Gelb und fett wie 'ne Banane Scheint der Mond auf die Cabane, Und Hula-Hula-Hula-Hüften drehn sich, eben! Sterne-Schnuppen falln wie Schuppen auf Puk-ka-huk-ka-luk-ki-Insel,
    Und im Krater blubbert Lava wie ein süßer Brei!
    Und Leilani lauert lüstern in 'nem grasgedeckten Haus,
    Und bringt der Missionar die Kekse, kommt sie hulatanzend raus!
    Gucki, gucki, Zuckerschnucki, so geht's auf
    Puk-ka-huk-ka-luk-ki!
    O-boy, o-boy - die wern - mich festnageln, ei-ne von diesen
    In-selschö-nen, ich-werd den Rest mei-ner Tage hier ver-bringen und Pa-payas fressen die duf-ten wie die Fotze des jun-gen Paradieses -
    Als das Paradies noch jung war. Der Pilot wendet sich zu R6-zsavölgyi um, der noch angegurtet auf dem hinteren Sitz hockt. Das Gesicht ist verdeckt von Helm, Sauerstoffmaske und einer Fliegerbrille, die zu stark reflektiert - ein Gesicht aus Metall, Leder, Glimmer. Doch jetzt schiebt der Pilot seine Schutzbrille nach oben, sehr langsam, und wessen Augen sind das hier, so vertraut, so lächelnd, hallo, ich kenne dich, erkennst du mich? Erkennst du mich nicht doch}
    Rozsavölgyi heult auf und reversiert aus seiner Ecke, zitternd, geblendet jetzt von den Deckenleuchten. Fräulein Müller-Hochleben kraucht immer noch im Kreis herum, immer im gleichen Kreis, rascher und immer rascher, beinahe verwischt schon und hysterisch quäkend. Beide haben genau den Punkt erreicht, an dem Rogers subtile psychologische Kampagne sie haben wollte. Ruhig, aber bestimmt: "Gut. Nun zum letztenmal: wo ist Mr. Pointsman?" "In Mossmoons Büro", die Antwort, unisono.
    Mossmoons Büro liegt eine Rollschuhfahrt von Whitehall entfernt und wird, Raum um Raum, von Vorzimmerdamen bewacht, deren jede ein Kleid von radikal anderer Farbe trägt (und die Kette der Vorzimmer ist lang, so daß man sich vorstellen kann, um was für 3-Sigma-Farben es sich hier handeln muß, wenn so viele von ihnen radikal verschieden sein können - Farben wie, um nur ein paar zu nennen, Eidechse, Abendstern, Atlantisblaß) und von Roger mit Becircung, -stechung, -drohung, Überredung und (seufz), ja, auch mit einem gelegentlichen Fausthieb von der Notwendigkeit überzeugt wird, ihn bis zu dieser riesigen, wie die Steinportale gewisser Tempel verzierten Eichentüre durchzulassen, gegen welche, "Mossmoon!" er jetzt hämmert: "Pointsman! Das Spiel ist aus! Im Namen jenes Funkens von Anstand, der Sie bislang befähigt hat, den Tag heil zu überstehen, ohne vom ersten besten waffentragenden Fremden auf der Stelle niedergeschossen zu werden, öffnen Sie diese Tür!" Es ist eine ziemlich lange Rede, und tatsächlich öffnet sich die Pforte schon, als er erst halb damit

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