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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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gegenwärtigen und künftigen Vektoren der hölzernen Geleise, Leere, Neutrale, Grüne, alle gemeinsam jetzt, wartend, hievend, beaufsichtigend, manche von ihnen im ersten Gespräch seit so vielen Jahren, wie die Zweiteilung in die Fraktionen des rassischen Sterbens oder Überlebens nun schon dauert - versöhnt für diesen Augenblick durch das einzige Ereignis, das sie zusammenführen konnte (ich konnte's nicht, weiß
    Enzian und schaudert bei dem Gedanken, was werden wird, wenn alles vorüber ist -aber vielleicht soll alles dies nur seinen Bruchteil eines Tages dauern, und warum könnte das nicht genügen? Du mußt versuchen, es genügen zu lassen...). Christian kommt ihm entgegen, hakt bergab sein Stoffkoppel fest, nicht mehr so selbstbewußt wie einst - vorgestern nacht hat ihn seine Schwester Maria im Traum besucht, um ihm zu sagen, daß er an niemandem Rache nehmen und daß er dem Nguarore-rue Vertrauen schenken, ihn lieben soll -, und so begegnen sich ihre Blicke jetzt weder ausgesprochen freundschaftlich noch in starrer Herausforderung, sondern mit einem gemeinsamen Wissen, das mehr ist, als sie bisher geteilt haben. Als sie einander passieren, hebt Christian halb die Hand, so sehr zum Gruß wie zur Feier, und deutet nach Nordwesten, in Richtung Heide, to-desreichwärts, und Enzian macht dieselbe Geste, iya 'kurandye, so daß die beiden Handflächen in der Luft zusammenprallen, aneinander abgleiten, aber sich berührt haben, und es ist Berührung, ist Vertrauen genug für diesen Augenblick...

[4.6] mechanical chessplayer ...

    Unerwartet, ist dieses Land angenehm, ja, wenn man erst mal drin ist, doch noch recht angenehm, im Ganzen. Obwohl's hier einen Schurken gibt, ernst wie der Tod. Es ist dieses typischen amerikanischen Teenagers eigner Vater, der in jeder neuen Episode neu drauf aus ist, seinen Sohn zu töten. Und der Kleine weiß es! Das muß man sich mal vorstellen. Bis jetzt hat er's geschafft, den täglichen kleinen Todesränken seines Alten zu entwischen - aber keiner hat gesagt, daß das so bleiben muß.
    Er ist ein fröhliches und tapferes Bürschchen und nimmt seinem Vater nichts von alldem persönlich krumm. Der olle Broderick ist nun mal so 'n alter Mördernarr, mal sehn, was er als nächstes in petto hat -
    Wir sind in einem riesigen Fabrikstaat, einer Stadt der Zukunft voller extrapolierter '30er-Wolkenkratzer, balkongarniert, mit vertikal geschwungenen Fassaden und knabenhaften, bubiköpfigen Chromkaryatiden, wo elegante Luftschiffe aller Formen durch den Rummel und das Schweigen der Straßenschluchten gleiten und goldene Schönheiten sich beim Sonnenbaden auf den Dachgärten nach dir umdrehen und dir nachwinken, wenn du vorüberschwebst. Es ist die Raketenstadt. Tief unten rennen Tausende von Kindern durch zugige Hinterhöfe und Durchfahrten, treppauf, treppab, die runden Kappen auf ihren Köpfen sind mit Plastikpropellern besetzt, die sich surrend und verwischt im Wind drehn, sie tragen Botschaften durch Ziergärten mit Kunststoffpflanzen von einem Weichplastikbüro ins nächste - hier is 'n

Memo für dich, Tyrone, du sollst losziehn und die Strahlende Stunde suchen (Mannomann! Hab gar nicht gewußt, daß die verlorengegangen ist! Klingt ganz so, als ob der alte Paps mal wieder so 'n lausigen Trick ausgebrütet hat!), also geht's raus in die summenden Korridore voller herumtollender Hunde, Fahrräder, Backfischsekretärinnen auf Rollschuhen, Wägelchen, Propellermützen, die ewig unter den Lichtern vor sich hin wirbeln, Kapselrevolver- oder Wasserpistolenduelle an jeder Ecke, Kinder, die sich hinter die funkelnden Springbrunnen ducken HALT! Das ist ein richtiger Revolver, das is 'ne echte Kugel zinnnggg! guter Versuch, Paps, aber so ganz bist du dem Kid heut nicht gewachsen!
    Auf zur Rettung der Strahlenden Stunde, die von Kollegen des Vaters, aus finstren Gründen, die sie alleine kennen, von den übrigen 24 des Tages weggelockt und verschleppt worden ist. Das Reisen ist hier ziemlich kompliziert - man hat wandernde Gebäude, die sich immer strikt rechtwinklig durch das Straßennetz der Raketenstadt bewegen. Die Gebäude selbst sind in der Senkrechten verschiebbar, zwölf Stockwerke pro Sekunde, um die gewünschten ober- oder unterirdischen Ebenen ansteuern zu können, ähnlich wie ein U-Boot-Käptn sein Periskop ein- oder ausfährt - obwohl's auch bestimmte Wege gibt, die nicht allen zugänglich sind. Manchen sind sie's, anderen nicht. Wie Schach.
    Aber dein Ziel ist nicht der König- es

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