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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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kompakt. Ein Mann, lockig, Anfang dreißig. Von Ferne fotografiert. Un scharf. Namen? Nix.
    Der Kollege winkte ab.
    – Was also ist schiefgelaufen?, fragte er.
    – No idea. Alexander B. blickte zur Decke. Die Spuren der Jana Z. verloren sich vor zweiundzwanzig Tagen: ein Geldtransfer in Höhe von zweitausend schwedischen Kronen am Bankautomat der SEB-Filiale im Zentrum Nynäshamns. Das reicht nicht ewig, aber die Z. kennt sich selbstredend aus mit digitalen Transfersystemen und anonymen Kreditkarten. Wenn sie keine Spuren hinterlassen will, dann schafft sie das auch. Es wird schwierig werden, Jana Z. aufzuspüren.
    – Wie steht’s um die Schadensbegrenzung?
    Der Kollege bediente sich aus der Schale mit den Kokos talern, stellte B. beruhigt fest. Wer Kekse isst, der schlägt nicht um sich. Und er, Alex B., hatte getan, was getan werden musste. Die Scheinfirma »M+T Wärmetechnik und Lüftungsbau« war samt angemieteter Wohnung von ihm abgewickelt worden, die Überweisungen auf das Konto der »Control Havoc« gestoppt. Fürs Nichtstun gibt’s schließlich keine Spesen. Jana Z. war trockengelegt worden wie eine Sprotte im Dünensand.
    – Flankierende Maßnahmen, meinte der BSI-Mann kopfschüttelnd. Das alles ist heiße Luft. Beim Kölner Luft- und Raumfahrtzentrum sind sie am Toben. Sollten Sie nicht zügig gute Nachricht überbringen, werden sie auch in Braunschweig durchdrehen. Den Professoren für Verkehrssystemtechnik geht die Muffe.
    – Es ist an der Zeit, dass ich ein wenig mehr erfahre. Über euer Schatzkästchen.
    B. staunte selbst über seinen forschen Ton. Zu seiner Überraschung entlockte sein Gegenangriff dem Mann ein leichtes Nicken des Kopfes. Ja, mehr noch: Sein Gegenüber sprudelte los wie der Kölner Heinzelmännchenbrunnen.
    – Informationstechnologie. Intelligente Transportsysteme. Das selbstfahrende Auto. Google lässt seine Versuchskutschen über kalifornischen Asphalt rollen. Was sage ich, rasen, nicht rollen. Fahrerloses Fahren ist keine Träumerei mehr. Es ist möglich.
    – Ganz meiner Meinung. B. nickte zustimmend. Bilder einer Videopräsentation stiegen in ihm auf. Ein VW Passat, der über eine Teststrecke im Herzen des Silicon Valleys jagte – mit Vollgas rückwärts. Nach zweihundert Metern schleudert er sich exakt durch zwei rote Plastikhüte in eine Parklücke hinein – ohne Fahrer. Chapeau!
    – Audi hat einen TTS in die Rocky Mountains geschickt, zwanzig Kilometer die Serpentinen hoch, bis auf die Spitze des Pikes Peak. Porsche lässt seine Panameras auf dem Weissacher Entwicklungsgelände unbemannte Runden drehen. Der Mercedes F125 wechselt die Spur und überholt per Knopfdruck. Sogar ein BMW hat sich eigenständig von München nach Ingolstadt chauffiert.
    Fasziniert sah B. dabei zu, wie der Mann die Auflistung mit je einem Aufspringen seiner Finger begleitete. Der Kerl hat ein Mordsgedächtnis, das muss man ihm lassen, dachte er. Singuläre Begabung. Fachidiotie. Eine jener Pfeifen, die im Fernsehen eine Hunderasse am Furzgeräusch erkennen, aber nicht wissen, wie sie ein BH-Häkchen lösen.
    – Auch die Japaner spicken ihre Prototypen mit Assistenzsystemen. Die Koreaner entwickeln seit Jahren ein eigenes Autodrive-Programm, sie haben Geld wie Heu, aber sie könnten ein bisschen technische Hilfe gebrauchen. Die Amerikaner haben Google, mehr muss ich Ihnen nicht sagen.
    Gleich kommt er mit den Chinesen, tippte B.
    – Die Chinesen haben ein Auto von Changsha bis nach Wuhan fahren lassen, 280 Kilometer weit. Entwickelt wurde es an der Nationaluniversität. Behaupten sie.
    – Große Weltpolitik, was?, meinte Alexander B. anerkennend. Was er dachte, war: What’s the news, fucker? Sitze ich hier in der Volkshochschule und höre mir dein Gelaber an?
    – Ja, einer fürchtet den nächsten, und der eine gönnt dem anderen nicht das Brot auf der Butter.
    – Umgekehrt, verbesserte B.
    Der Mann blickte ihn verwirrt an. Zweimal klimperte er nervös mit den Wimpern, dann fuhr er fort:
    – Wurscht. All diese Autos können Fußgänger erkennen, Fahrradfahrer, Hunde. Sie halten an Ampeln. Sie schalten schneller als wir, sie fahren niemals falsch. Mikroprozessoren kennen keine Schrecksekunde. Sie streiten nicht mit ihrer Beifahrerin. Sie dösen nicht weg. Der Mensch ist langsam. Müde. Er denkt.
    Er gehört sogar abgeschafft, dachte B., so hatte es jedenfalls seine Mutter keck behauptet, meist dann, wenn es ihr diente, sich in Gesellschaft als besonders geistreich aufzuspielen.
    –

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