Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
Einrichtungsauftrag war ein erster Schritt in diese Richtung. Nun blieb nur noch abzuwarten, ob sie genügend Talent hatte und sich selbst gut verkaufen konnte.
Aufgeregt klopfte sie an die Tür. Zuerst hörte sie Schritte, dann wurde ihr aufgemacht. Ein Mann in ihrem Alter stand in Zimmermannshose und mit Schutzbrille oben auf dem Kopf vor ihr und sah sie fragend an. Er sah so gut aus, dass Anna für einen Moment die Fassung verlor.
»Hallo«, sagte sie schließlich. »Ich bin Anna. Wir haben gestern telefoniert.«
»Anna! Ja, natürlich. Verzeihung, ich wollte nicht unhöflich erscheinen. Ich bin so versunken in meine Arbeit, dass ich alles andere vergesse. Willkommen im Chaos, komm rein.«
Er machte einen Schritt zur Seite und ließ sie herein. Anna sah sich um. Das Wort Chaos beschrieb den Zustand tatsächlich gut. Gleichzeitig entging ihr nicht, welche Möglichkeiten der Raum bot. Diese Fähigkeit hatte sie immer besessen. Wie durch eine magische Brille, die sie jederzeit aufsetzen konnte, sah sie das fertige Ergebnis.
Mårten bemerkte ihre Blicke. »Wie du siehst, gibt es noch einiges zu tun.«
Sie wollte gerade etwas darauf erwidern, als eine schmale blonde Frau die Treppe herunterkam. »Hallo, ich bin Ebba.« Sie wischte sich die Hände an einem Lappen ab. Auch ihre Kleidung, ihr Haar und sogar das Gesicht waren mit weißen Farbspritzern bedeckt. Ein starker Terpentingeruch trieb Anna die Tränen in die Augen.
»Es tut mir leid, dass es hier so aussieht«, sagte Ebba und hob entschuldigend die Arme. »Den Händedruck lassen wir lieber.«
»Kein Problem, ihr steckt doch mitten in der Renovierung. Ich mache mir mehr Sorgen wegen … tja, all der anderen Dinge, die ihr momentan um die Ohren habt.«
»Hat Erica dir davon erzählt?« Ebbas Frage klang eher wie eine Feststellung.
»Ich habe von dem Brand und der anderen Sache gehört«, sagte Anna. Bei sich zu Hause unter dem Fußboden Blut zu finden war so absurd, dass sie es nicht aussprechen konnte.
»Wir versuchen, so gut es geht weiterzuarbeiten«, sagte Mårten. »Stillstand können wir uns nicht leisten.«
Aus dem Innern des Hauses waren Stimmen und das Splittern von Brettern zu hören.
»Die Kriminaltechniker sind immer noch da«, sagte Ebba. »Sie reißen den ganzen Esszimmerboden raus.«
»Seid ihr hier wirklich noch sicher?« Anna begriff, dass ihre Frage etwas voreilig war, aber dieses Paar weckte ihren Beschützerinstinkt.
»Es geht uns gut hier«, antwortete Mårten tonlos. Er wollte den Arm um Ebba legen, doch die schien seine Absicht vorauszuahnen und machte einen Schritt zur Seite, so dass sein Arm wieder herunterfiel.
»Ihr braucht ein bisschen Unterstützung?« Anna versuchte abzulenken. Die Stimmung war so gedrückt, dass man kaum Luft bekam.
Mårten schien für den Themenwechsel dankbar zu sein. »Ich habe dir ja schon am Telefon gesagt, dass wir nicht wissen, wie wir nach der Basisarbeit weitermachen sollen. Mit Einrichtung kennen wir uns nicht so aus.«
»Ich bewundere euch. Ihr habt euch nicht gerade ein kleines Projekt ausgesucht, aber es wird bestimmt unheimlich schön werden. Ich stelle mir einen etwas altmodischen, ländlichen Stil mit alten weißen Möbeln, blassen Farben, romantischen Rosen, schönen Leinenstoffen, Bauernsilber und ganz besonderen Einzelstücken vor, die als Blickfang dienen.« Während sie sprach, sah sie die Bilder bereits vor ihrem inneren Auge. »Keine teuren Antiquitäten, sondern eher Möbel vom Flohmarkt oder neue im alten Stil, denen wir selbst ein bisschen Patina verleihen. Dazu braucht man nur ein bisschen Stahlwolle, Ketten und …«
Mårtens Gesicht hellte sich auf. Anna ertappte sich dabei, dass ihr sein Lachen gefiel.
»Du weißt wirklich, was du willst, aber sprich ruhig weiter. Ich glaube, wir finden das beide gut.«
Ebba nickte. »Genau so habe ich es mir vorgestellt, ich wusste nur nicht, wie man es hinkriegt.« Sie runzelte die Stirn. »Unser Budget ist praktisch nicht vorhanden. Du bist es wahrscheinlich gewohnt, eine ganze Menge Geld zur Verfügung zu haben und gut bezahlt zu werden …«
Anna fiel ihr ins Wort. »Ich weiß Bescheid. Mårten hat mir alles erzählt. Ihr wärt meine ersten Kunden, und falls ihr mit mir zufrieden seid, kann ich euch als Referenz nennen. Wir einigen uns sicher auf eine für euch erschwingliche Summe. Die Einrichtung soll ja sowieso nach Erbstücken und Trödelmarkt aussehen. Ich sehe es als Herausforderung, alles so günstig wie möglich zu
Weitere Kostenlose Bücher