Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
verstanden habe, verdient Charles mit seinen Kneipen eine Menge Geld. Vielleicht können die Ihnen helfen? Immerhin sind Sie verwandt.«
Percy starrte ihn an. Der Alte hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Hatte er den jahrelangen Streit und die gerichtlichen Auseinandersetzungen vergessen, die dem Tod des Vaters vor fünfzehn Jahren gefolgt waren? Percys Geschwister waren so dummdreist gewesen, gegen den Familienfideikommiss vorzugehen, der ihm als ältestem Sohn das Recht gab, das gesamte Erbe ungeteilt zu übernehmen. Doch das Gesetz war in diesem Punkt Gott sei Dank eindeutig. Er hatte das Geburtsrecht auf Fygelsta, und nur er allein. Es gehörte zwar zum guten Ton, mit eventuellen Geschwistern nach Möglichkeit zu teilen, aber deren hartnäckige Versuche, ihm seinen rechtmäßigen Besitz wegzunehmen, hatten ihn nicht gerade großzügig gestimmt. So waren sie mit leeren Händen gegangen und hatten außerdem die Prozesskosten tragen müssen. Wie Buhrman gesagt hatte, ging es ihnen jedoch nicht schlecht. Damit tröstete er sich, wenn ihn sein Gewissen plagte. Keinesfalls jedoch würde er als Bittsteller an ihre Tür klopfen.
»Das hier ist meine einzige Chance.« Er deutete mit dem Kinn auf die Papiere. »Zum Glück stehen mir gute Freunde zur Seite, und ich zahle ihnen alles zurück, sobald diese unselige Steuerangelegenheit aus der Welt ist.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber Sie gehen ein hohes Risiko ein.«
»Ich vertraue Sebastian«, sagte Percy. Er wünschte, er wäre sich genauso sicher gewesen, wie er vorgab.
Kjell knallte das Telefon so fest auf den Tisch, dass er den Stoß im ganzen Arm spürte. Der Schmerz verstärkte seinen Zorn nur. Fluchend rieb er sich den Ellbogen.
»Scheiße!« Er rang die Hände, um nicht irgendetwas an die Wand zu werfen.
»Was ist los?« Sein bester Freund und Kollege Rolf guckte ins Zimmer.
»Na, was schon?« Kjell fuhr sich durch das dunkle Haar, das seit einigen Jahren von silbrigen Strähnen durchzogen war.
»Beata?« Rolf kam herein.
»Na klar. Du hast doch mitbekommen, dass ich plötzlich die Kinder nicht mehr haben sollte, obwohl es mein Wochenende war. Und nun hat sie am Telefon rumkrakeelt, die beiden könnten nicht mit nach Mallorca kommen. Eine Woche ist angeblich zu lang.«
»War sie nicht im Juni zwei Wochen auf den Kanarischen Inseln mit ihnen? Und diese Reise hatte sie doch einfach gebucht, ohne sich vorher mit dir abzusprechen. Warum können sie dann nicht auch eine Woche mit ihrem Papa verreisen?«
»Weil es ›ihre‹ Kinder sind. Das sagt sie ständig. ›Meine‹ Kinder. Ich darf sie mir anscheinend nur ausleihen.«
Kjell zwang sich, ruhiger zu atmen. Er war es leid, dass sie ihn in Rage brachte. Dass es ihr nicht um die Kinder ging, sondern nur darum, ihm das Leben so sauer wie möglich zu machen.
»Soweit ich weiß, habt ihr doch das gemeinsame Sorgerecht«, sagte Rolf. »Denn dann kannst du die Kinder auch viel öfter haben.«
»Ich weiß. Andererseits will ich aber, dass sie einen festen Lebensmittelpunkt haben. Das setzt allerdings voraus, dass sie mir nicht jedes Mal Schwierigkeiten macht, wenn die Kinder zu mir kommen. Ist eine einzige Ferienwoche mit den beiden denn zu viel verlangt? Ich bin ihr Vater und habe das gleiche Recht wie Beata, mit ihnen zusammen zu sein.«
»Sie werden älter, Kjell. Irgendwann kapieren sie das. Bemühe dich, ein besserer Mensch und ein besserer Vater zu sein. Sie brauchen Ruhe. Wenn sie die bei dir finden, wird irgendwann alles gut, du wirst schon sehen. Aber hör um Himmels willen nicht auf, um sie zu kämpfen.«
»Ich gebe nicht auf«, sagte Kjell verbittert.
»Das ist gut.« Rolf winkte mit der Tageszeitung. »Übrigens hast du einen phantastischen Artikel geschrieben. Du hast John Holm mehrfach in die Schranken gewiesen. Ich glaube, ich habe noch nie einen Artikel gelesen, in dem er und die Partei so kritisch hinterfragt wurden.« Er setzte sich auf den Besucherstuhl.
»Keine Ahnung, was meine Kollegen da reitet.« Kjell schüttelte den Kopf. »Die Rhetorik von Schwedens Freunden hat doch so offensichtliche Lücken. So schwer ist es doch nicht.«
»Hoffen wir, dass das hier die Runde macht.« Rolf tippte auf die aufgeschlagenen Seiten. »Man muss zeigen, was für Menschen das in Wirklichkeit sind.«
»Am schlimmsten finde ich, dass die Leute ihnen diese billige Propaganda abkaufen. Sie ziehen sich ordentlich an, werfen demonstrativ ein paar Mitglieder raus, die sich
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