Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
Spielzeug. So Kram, den ich auch noch von …« Sie verstummte und lackierte weiter. Nur das zischende Geräusch der Pinselstriche erfüllte den Raum. In regelmäßigen Abständen tauchte Ebba den Pinsel in die Dose mit weißem Lack, der allmählich zur Neige ging.
Als im Erdgeschoss Mårtens Stimme ertönte, erstarrte sie.
»Ebba?«
»Ich bin hier oben.«
»Brauchst du etwas aus dem Keller?«
Ebba ging zur Treppe. »Eine Dose weißen Lack. Anna ist hier.«
»Ich habe das Boot gesehen«, rief Mårten zurück. »Könntest du Kaffee aufsetzen, während ich die Farbe hole?«
»Okay.« Ebba drehte sich zu Anna um. »Trinkst du auch einen?«
»Gern.« Anna klappte den Zollstock zusammen.
»Wenn du willst, kannst du ruhig noch eine Weile weitermachen. Ich sage Bescheid, wenn der Kaffee fertig ist.«
»Ja danke, das mache ich.« Anna klappte den Zollstock wieder auseinander. Alle Maße übertrug sie sorgfältig in eine Skizze des Grundrisses. Das würde die Einrichtung der Räume erheblich erleichtern.
Eine Zeitlang arbeitete sie hochkonzentriert, während sie Ebba unten in der Küche werkeln hörte. Eine Tasse Kaffee würde jetzt guttun. Am besten irgendwo im Schatten. Die Hitze im Obergeschoss wurde langsam unerträglich, und die dünne Bluse klebte ihr schon lange am Rücken.
Plötzlich war ein lauter Knall zu hören, gefolgt von einem schrillen Schrei. Anna zuckte erschrocken zusammen und ließ den Zollstock fallen. Als ein weiterer Knall ertönte, raste sie, ohne nachzudenken, so schnell die Treppe hinunter, dass sie auf den ausgetretenen Stufen beinahe den Halt verlor.
»Ebba?« Sie rannte in die Küche.
In der Tür blieb sie abrupt stehen. Die Fensterscheibe an der Rückseite des Hauses war zersplittert, die Scherben hatten sich im ganzen Raum verteilt. Ebba hockte vor dem Herd und hielt sich schützend die Arme über den Kopf. Sie hatte aufgehört zu schreien, atmete aber immer noch stoßweise.
Anna stürmte in die Küche und zertrat dabei die Glassplitter. Sie legte die Arme um Ebba und vergewisserte sich, dass sie nicht verletzt war. Kein Blut zu sehen. Hastig blickte Anna sich um. Wie war die Scheibe kaputtgegangen? Als ihr Blick auf die gegenüberliegende Küchenwand fiel, schnappte sie nach Luft. Zwei Einschusslöcher waren deutlich zu erkennen.
»Ebba? Was zum Teufel ist hier los?« Mårten kam mit großen Schritten die Kellertreppe herauf und in die Küche. »Was ist denn passiert?«
Hastig blickte er zwischen Ebba und der Fensterscheibe hin und her, einen Moment später war er bei seiner Frau.
»Ist sie verletzt? Sie ist doch nicht verletzt?« Er nahm Ebba in die Arme und wiegte sie sanft.
»Ich glaube nicht, aber es sieht so aus, als hätte jemand versucht, sie zu erschießen.«
Annas Herz raste. Auf einmal wurde ihr klar, dass sie möglicherweise in Gefahr waren. Befand sich der Schütze noch in der Nähe?
»Wir müssen hier weg.« Sie deutete auf das Fenster.
Mårten begriff sofort, was sie sagen wollte.
»Steh nicht auf, Ebba. Wir dürfen nicht zum Fenster.« Er sprach deutlich, wie mit einem Kind.
Ebba nickte. Tief gebückt rannten sie in den Flur. Starr vor Angst betrachtete Anna die Haustür. Wenn nun der Schütze einfach hier hereinkam und sie alle niederschoss? Mårten bemerkte ihren Blick, stürzte zur Tür und drehte den Schlüssel um.
»Gibt es noch einen anderen Weg nach draußen?«, fragte sie. Ihr Herz klopfte noch immer.
»Durch die Kellertür, aber die ist abgeschlossen.«
»Was ist mit dem Küchenfenster? Das ist doch jetzt kaputt.«
»Es ist zu weit oben.« Mittlerweile klang er ruhiger, als er aussah.
»Ich rufe die Polizei.« Anna griff nach ihrer Handtasche, die auf einem schmalen Regal im Flur lag. Mit zitternden Fingern zog sie ihr Handy heraus. Während sie wartete, dass jemand abnahm, betrachtete sie Mårten und Ebba, die auf der untersten Treppenstufe saßen. Mårten hielt seine Frau im Arm, und Ebba hatte den Kopf an seine Brust gelegt.
»Hallo, meine Lieben, wo habt ihr denn gesteckt?«
Erica zuckte vor Schreck zusammen, als sie die Stimme aus dem Haus hörte.
»Kristina?« Sie starrte ihre Schwiegermutter an, die ihr mit einem Geschirrtuch in der Hand entgegenkam.
»Ich habe mir selbst Zutritt verschafft. Zum Glück hatte ich noch den Schlüssel, den ihr mir gegeben habt, als ich während eures Mallorcaurlaubs die Blumen hier gießen sollte, denn sonst wäre ich umsonst nach Tanum gefahren.« Vergnügt ging sie zurück in die Küche.
»Ich
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