Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
dachte mir, ich komme auf einen Sprung vorbei und helfe ein bisschen. Ich weiß ja, wie chaotisch es hier ist. Zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben. Es kann doch jederzeit Besuch kommen, und da möchte man sein Zuhause nicht in einem solchen Zustand präsentieren.« Mit Feuereifer polierte Kristina die Spüle.
»Man weiß ja nie, wann der König persönlich hereinschneit, um ein Tässchen Kaffee mit uns zu trinken.«
Kristina sah sich verblüfft um. »Der König? Wieso denn der?«
Erica biss die Zähne zusammen, bis sich ihre Kiefermuskeln verkrampften, sagte aber nichts. Meistens war es besser so.
»Wo seid ihr gewesen?«, fragte Kristina noch einmal und widmete sich dem Küchentisch.
»In Uddevalla.«
»Hast du die Kinder etwa ins Auto gesetzt und bist mit ihnen den ganzen Weg hin- und zurückgefahren? Meine armen Lieblinge. Warum hast du mich nicht angerufen? Ich wäre sofort gekommen, um ihnen Gesellschaft zu leisten. Dafür hätte ich zwar das Frühstück mit Görel absagen müssen, aber was tut man nicht alles für seine Kinder und Enkel. Das ist eben mein Schicksal. Wenn du etwas älter bist und die Kinder größer sind, wirst du mich verstehen.«
Sie schwieg eine Weile und konzentrierte sich voll auf einen Marmeladenklecks, der hartnäckig an der Wachsdecke klebte.
»Aber eines Tages kann ich euch nicht mehr unterstützen. Das kann ganz schnell gehen. Ich bin schon über siebzig, und wer weiß, wie lange ich noch die Kraft dazu habe.«
Erica nickte und zwang sich zu einem dankbaren Lächeln.
»Haben die Kinder schon gegessen?«, fragte Kristina. Erica erstarrte. Sie hatte vergessen, den Kindern etwas zu essen zu geben. Sie mussten vollkommen ausgehungert sein, doch das würde sie ihrer Schwiegermutter unter keinen Umständen gestehen.
»Wir haben unterwegs Würstchen gegessen, aber jetzt wollen sie bestimmt ihr Mittagessen.«
Stracks steuerte sie auf den Kühlschrank zu, um nachzusehen, was vorrätig war. Nach einem kurzen Blick beschloss sie, dass Dickmilch und Cornflakes am schnellsten gingen. Sie stellte die Milch auf den Tisch und nahm eine Packung Frosties aus dem Schrank.
Kristina seufzte bekümmert. »Zu meiner Zeit wären wir im Traum nicht auf die Idee gekommen, unseren Kindern etwas anderes als ein richtiges Mittagessen vorzusetzen. Patrik und Lotta haben nie ein Fertiggericht bekommen. Kein Wunder, dass sie so gesund waren. Ich habe immer gesagt, der Gesundheitszustand basiert auf einer guten Ernährung, aber solche Weisheiten will wohl heute niemand mehr hören. Ihr jungen Leute wisst ja alles besser, und außerdem muss es immer schnell gehen.« Sie schnappte in dem Moment nach Luft, als Maja in die Küche kam.
»Ich habe einen Riesenhunger, Mama, und Noel und Anton auch. Mein Magen knurrt wie verrückt.« Sie strich sich über das noch immer kugelrunde Babybäuchlein.
»Ihr habt doch auf der Autofahrt ein Würstchen gegessen.« Kristina tätschelte Maja die Wange.
Maja schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr das blonde Haar um den Kopf flog.
»Stimmt nicht, wir haben überhaupt kein Würstchen gegessen. Seit dem Frühstück gab es nichts mehr, und jetzt habe ich Hunger. Riesenhunger!«
Erica streckte der kleinen Verräterin die Zunge raus und spürte Kristinas vernichtenden Blick im Nacken.
»Ich kann ihnen Pfannkuchen backen«, sagte Kristina. Maja machte vor Freude einen Luftsprung.
»Omas Pfannkuchen! Ich will Omas Pfannkuchen.«
»Danke.« Erica stellte die Dickmilch wieder in den Kühlschrank. »Dann gehe ich mich umziehen und sehe schnell etwas im Internet nach.«
»Tu das. Ich sorge dafür, dass diese armen Kinder etwas zu beißen bekommen.«
Erica zählte langsam bis zehn, als sie die Treppe hinaufging. Eigentlich wollte sie gar nichts recherchieren, sie brauchte nur eine kleine Verschnaufpause. Patriks Mutter meinte es gut, aber sie wusste genau, wie sie Erica in den Wahnsinn trieb. Patrik machte das Verhalten seiner Mutter seltsamerweise viel weniger aus, und das ärgerte Erica noch mehr. Jedes Mal, wenn sie versuchte, mit ihm über etwas zu sprechen, was Kristina gesagt oder getan hatte, seufzte er nur: »Ach, lass sie doch. Mama übertreibt es manchmal ein wenig, aber das solltest du nicht so ernst nehmen.«
Vielleicht war das typisch für Mütter und Söhne, und möglicherweise würde sie die Ehefrauen von Noel und Anton einmal ähnlich behandeln. Doch tief im Innern glaubte sie das nicht. Sie wäre die beste Schwiegermutter der Welt, und die Frauen
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