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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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befand. Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, um dem Ermittler in die Hände zu laufen.
    Hogart sprang auf. »Einverstanden, gehen wir!«
    »Na also.« Eddie erhob sich langsam.
    Während Eichinger die Dienstmarke vorzeigte und den Portier befragte, marschierten sie hinter dessen Rücken zu den Fahrstühlen. Eddie erzählte, dass er letzte Woche Urlaub gehabt hatte - vier Tage mit Freunden campen, auf einem Open-Air-Festival. Das Wetter war herrlich gewesen, die Bands saugeil, aber das Bier wie immer warm wie Suppe. Und mittlerweile stapelten sich die Akten im Archiv sicher schon bis zur Decke. Hogart hörte nur mit halbem Ohr zu, da er ständig zu Eichinger blickte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Portier den Beamten mit einer Handbewegung in den Speiseraum schickte.
    Als Eichinger seinen Kopf wieder aus der Portiersloge zog, öffnete sich die Fahrstuhltür und Eddie und Hogart verschwanden in der Kabine. Bevor sich die Tür mit einem Klingeln schloss, spähte Hogart durch den Spalt. Zum Glück hatte Eichinger von alldem nichts mitbekommen. Hogart wusste, der Ermittler war nicht gerade die Geduld in Person. Bestimmt hielt er sich nicht länger als ein paar Minuten in der Kantine auf, bevor er Eddie über die Sprechanlage zum Informationsschalter bestellen würde.
    Während die Leuchtziffern in das dritte Untergeschoss hinunterzählten, berichtete Eddie immer noch von dem Rammstein-Konzert. Sekunden später öffnete sich die Tür in der untersten Kelleretage mit einem Klingeln. Der typische Geruch eines Krankenhauses, nach Salben, Alkohol und Desinfektionsmittel, drang in die Kabine. Zudem roch es nach den Kunststoffpaneelen des Korridors. Die Szene erinnerte Hogart an die Besuche am Sterbebett seines Vaters vor sieben Jahren. Seitdem hasste er diesen Geruch, den er mitsamt den Erinnerungen nicht mehr aus dem Kopf bekam, sobald er eine Klinik betrat.
    Hogart folgte Eddie durch den Gang zu den Räumen des Archivs. »Was hat Ostrovsky am Freitagabend mit Ihnen besprochen?«
    »Tja, er rief mich an. Er war fürchterlich aufgeregt. Es lief gerade eine Doku über Wacken im Fernsehen. Zuerst wusste ich gar nicht, wer er war, doch dann erinnerte ich mich wieder an ihn. Den Primär mit den goldenen Fingern hatten sie ihn damals genannt. Wenn jemand eine schwierige Operation schaffen konnte, dann er.«
    »Was wollte er?«, unterbrach Hogart ihn.
    »Es war vollkommen verrückt. Er wollte einen sofortigen Zugang zum Archiv. Am liebsten wäre ihm gewesen, wenn wir uns noch am selben Abend im Krankenhaus getroffen hätten, aber ich konnte ihn zum Glück auf Montagmorgen vertrösten. Am Wochenende hatte sowieso niemand Dienst im Archiv. Er stimmte zu, dann legte er abrupt auf. Ich hätte das Gespräch sowieso wieder vergessen, hätte in der heutigen Zeitung nichts über den brutalen Mord gestanden. Ich habe sofort auf dem Revier angerufen.«
    »Für welche Unterlagen interessierte sich Ostrovsky?«
    »Er wollte etwas aus dem Jahr 1988.« Eddie sperrte die Tür zum Archiv auf, stutzte jedoch, als die Tür von alleine aufsprang, ehe er den Schlüssel ein zweites Mal umdrehen konnte.
    »Das war alles?«
    »Mehr hat er nicht gesagt.«
    »Vielen Dank.« Hogart wollte sich bereits abwenden, als er sah, wie Eddies Hand in dem dunklen Raum ins Leere griff.
    »Verstellt die Putzfrau in Ihrem Büro auch immer alles?«, drang Eddies Stimme aus dem Raum.
    Hogart warf einen Blick in das Zimmer. Eddies Hand tastete über den Tisch, bis er eine Schreibtischlampe fand, die er anknipste. Augenblicklich wurde das Zimmer erhellt. Der fensterlose Raum bestand lediglich aus einem Stuhl, einem Schreibtisch mit PC-Terminal und mehreren Schränken. An der Rückseite reihten sich drei geschlossene Türen nebeneinander, die vermutlich zu den einzelnen Archiven führten. Jedenfalls stapelten sich hier keine Akten bis zur Decke.
    Hogart betrat das Zimmer und fuhr mit dem Finger über den Tisch. Eine dicke Staubschicht blieb auf der Fingerkuppe haften. »Die Putzfrau in meinem Büro wischt zumindest Staub.« Er blickte Eddie fragend an. »Wo werden die Daten aus dem Jahr 1988 aufbewahrt?«
    Eddie ging zu einer der Türen und wollte bereits den Schlüssel ins Schloss stecken, als Hogart ihm die Hand auf den Arm legte. Er zog einen Kugelschreiber aus dem Sakko und berührte mit der Spitze das Schloss. Der Zylinder kippte in die Öffnung. Im Lampenschein waren deutliche Kratzer auf dem Metall zu sehen. Jemand hatte das Zylinderschloss mit einer Zange

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