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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Der Mörder hatte sie ihm vermutlich mit einem Hammer zuerst in den Fußrist, die Waden, Kniescheiben und Oberschenkel getrieben, anschließend in die Hände, Arme und Schultern und zuletzt in den Bauch und die Brust. Hogart würgte. Der Körper des Arztes sah aus wie ein Stück Rinderhälfte, das an dem Haken einer Metzgerei baumelte, über und über mit Stahlstiften bespickt. Merkwürdigerweise erschien Hogart der Anblick vertraut. Der malträtierte Körper erinnerte ihn an den Stock im Eisen, jenen alten Baumstumpf, den Hunderte Schlossergesellen über Jahrzehnte hinweg mit Tausenden Nägeln beschlagen hatten. Unwillkürlich musste er an Madeleines düsteres Ölgemälde denken - als wollte der Killer eine Botschaft hinterlassen.
    In Faltls Mund steckte ein Knebel, der mit einem Tuch um den Kopf festgezurrt worden war. Im Geiste hörte Hogart das Stöhnen des alten Mannes, sah ihn verzweifelt an den Fesseln zerren, doch das Botox aus den beiden Pfeilen, die in seinem Oberschenkel steckten, hatten ihn nahezu bewegungslos seinem Mörder ausgeliefert. Faltls Wangen schillerten in dunkelvioletten Blautönen. Der Killer musste sein Opfer immer wieder geschlagen haben, um es zu Bewusstsein zu holen. Hogart suchte nach dem Wassereimer und fand ihn tatsächlich unter dem Handwaschbecken. Ein mit Blut getränktes Stofftuch trieb im dunklen Wasser. Auch an diesem Tatort hatte der Mörder eine Folie von etwa drei Quadratmetern ausgelegt. Deutlich waren die Ränder zu sehen, wo die Blutspritzer begannen. Der Mörder hatte vermutlich Ersatzkleider und Schuhe in einem Seesack mitgebracht, sich nach Vollendung seines Werks auf der Folie umgezogen und sie wieder eingerollt und mitgenommen, um keine Spuren zu hinterlassen.
    Je längen Hogart in den Spiegel starrte, desto höher stieg die Magensäure in seine Kehle. Er schluckte den bitteren Geschmack herunter. Auch ohne gerichtsmedizinischen Befund war klar, dass es sich bei den drei Morden um denselben Täter handelte. Vermutlich war Faltl ebenso wie Ostrovsky und Dornauer in der Nacht von Freitag auf Samstag ermordet worden. In dieser Zeit hatte der Killer eine blutige Spur durch Wien gezogen, drei Menschen zu Tode gefoltert, um etwas Bestimmtes aus ihnen herauszubekommen. Die Frage war, ob er es in Faltls Wohnung gefunden hatte?
    Hogart sah auf die Armbanduhr. Seit dem Gespräch mit Garek waren fünf Minuten vergangen. Er trat aus dem Türstock und schob die Badezimmertür mit dem Ellenbogen zu. Dann atmete er tief durch, um den Geruch aus dem Gedächtnis zu bekommen. Der verwüstete Korridor sah nicht so aus, als wäre der Killer fündig geworden. Hogart dachte an Faltls verstümmelten Körper. Hätte der Arzt ausgepackt, wäre es nicht notwendig gewesen, die Wohnung dermaßen auf den Kopf zu stellen. Entweder hatte Faltl die richtige Antwort gar nicht gekannt oder sie mit in den Tod genommen.
    In den nächsten Minuten hatte Hogart die einzige Gelegenheit, den Tatort zu betrachten, bevor Garek ihn sichern ließ. Danach würde es keine Chance mehr geben, in die Wohnung zu gelangen. Hogart schlüpfte in die Latexhandschuhe und Überzieher für die Schuhe, die er immer noch in der Sakkotasche bei sich trug. Danach ging er in den Korridor. Vorsichtig, um keine Spuren zu zerstören, stieg er über Stiefel, Kleiderbügel und den Mist aus den Müllsäcken, die im Vorzimmer ausgeleert worden waren. Die Bilder auf der Kommode waren aus den Rahmen gebrochen. Hogart betrachtete die Motive. Eines zeigte einen älteren Mann mit roten Wangen und Knollennase, vermutlich Faltl selbst, auf der Tribüne der Wiener Trabrennbahn neben einer Gruppe jüngerer Männer. Faltl trug seinen Seitenscheitel in der Art über den Kopf gekämmt, wie es ältere Männer gern taten, um ihre beginnende Glatze zu verbergen. Auf einem anderen Foto stand Faltl neben einer bildhübschen jungen Frau mit einem Baby im Arm - anscheinend Faltls Tochter und sein Enkelkind.
    Neben dem Telefon lagen ein Zehnerblock Straßenbahnfahrscheine und einige gelöste U-Bahntickets. Immerhin besaß Faltl keinen Wagen. Die Tickets waren bereits vor zwei Jahren entwertet worden. Offenbar hatte Faltl keine Skrupel gehabt, diese Fahrscheine immer noch zu benutzen. Hogart nahm den Telefonhörer von der Gabel und wollte bereits die Wiederwahltaste drücken, als er hörte, dass kein Freizeichen aus der Muschel drang. Vermutlich lag irgendwo im Müllhaufen der Zahlschein einer unbezahlten Telefonrechnung.
    Hogart verließ den Vorraum. Im

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