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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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sentimentalen Anfälle hatte - zum Streit mit Madeleine, worauf meine Eltern fluchtartig das Haus verließen. Madeleine hätte sie aufhalten müssen, doch die schwelgte wieder einmal in ihrer gekränkten Eitelkeit. Dann passierte es. Der Wagen geriet ins Schleudern und stürzte in die Felsschlucht…« Linda starrte ins Leere.
    Sie brauchte ihm nichts zu erzählen. Von Schleudern konnte keine Rede sein. Er hatte den Mercedes mit den gekappten Bremsschläuchen gesehen. Wäre es damals sofort zu einer Untersuchung gekommen, hätte die Kripo feststellen müssen, dass es auf der Eisplatte keine Bremsspuren gab.
    »Immerhin wurden diese Woche drei Menschen ermordet. Die Kripo macht nur ihre Arbeit«, verteidigte er die Ermittler.
    »Und was versprechen die sich davon, wenn sie das Grab aufreißen?«
    Zur gleichen Zeit tönte ein Knirschen zu ihnen herüber, als würde ein Spaten einige morsche Holzbretter öffnen. Bei dem Geräusch wich jede Farbe aus Lindas ohnehin schon bleichem Gesicht. Doktor Bartoldi kletterte in die Grube.
    Linda schloss für einen Moment die Augen. Sie klammerte sich an die Rollstuhllehne, bis die Knöchel weiß hervortraten. »Mir wird übel, wenn ich daran denke, was als Nächstes passiert.« Sie atmete tief durch. »Es heißt, dass die Haare und Nägel eines Menschen nach dem Tod weiterwachsen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie der Sarginhalt jetzt aussieht.«
    Gomez hielt immer noch den Schirm in der Hand. Er stand hinter Lindas Rollstuhl, ließ die Zunge raushängen und verdrehte die Augen. Der Idiot wusste einfach nicht, wann es genug war.
    »Das ist nichts weiter als ein hartnäckiges Gerücht«, sagte Hogart. »Nach dem Tod fällt die Haut eines Menschen ein. Sie schrumpft. Dadurch treten Teile der Nägel und Haare weiter hervor. In Wahrheit ist es nur eine optische Täuschung.«
    »Sie sollten sich mal reden hören! Sie klingen genauso morbide wie meine Schwester. Ob optische Täuschung oder nicht - es sieht trotzdem grauenhaft aus.«
    Wieder drang ein Krachen und Knirschen zu ihnen herüber. Die Männer hoben zu dritt die morschen Teile des Sargdeckels aus der Grube, während Garek und Eichinger die Plane über der Trage ausbreiteten.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass die tatsächlich so weit gehen würden.« Sie wandte den Blick ab. »Begleiten Sie mich zu meinem Wagen? Allein ist es beschwerlich. Die Räder sinken im Kies ein.«
    »Gern.«
    Sie zeigte Hogart den Weg. Er packte die Griffe des Rollstuhls und fuhr mit ihr zum Ausgang. Gomez und der andere Beamte, der bis jetzt hinter der Weide gestanden hatte, folgten ihnen. Linda warf ihnen einen Blick über die Schulter zu.
    »Das sei alles nur zu meinem Schutz«, sagte sie gereizt. »Was sollte mir schon passieren?«
    »Madeleine hat möglicherweise etwas mit dem Autounfall Ihrer Eltern zu tun.« Vorsichtiger ließ sich seine Theorie wohl kaum formulieren. »Im Moment sterben ziemlich viele Menschen, die Sie kannten. Vielleicht möchte Madeleine auch Ihr Leben zerstören?«
    »Madeleine ist verrückt, das haben Sie mittlerweile auch schon herausgefunden, aber sie würde keinen Mord begehen.«
    »Madeleine hasst Sie! Können Sie ausschließen, dass sie Ihnen etwas antun würde?«
    »Bisher bin ich auch ohne die Polizisten in meiner Nähe ganz gut zurechtgekommen.«
    Wie wahr! Gomez ging einige Schritte hinter ihnen und drehte den Schirm über der Schulter. Auf so eine Leibwache konnte Linda tatsächlich verzichten. Falls Madeleine in diesem Moment hinter einem Baum hervorstürzte, um Gomez eine Schere in den Kehlkopf zu treiben, würde er nicht mehr rechtzeitig an seine Waffe rankommen.
    Sie erreichten Lindas Van, der mit einem Behindertenausweis in der Windschutzscheibe unmittelbar vor dem Westtor parkte. Einige Meter dahinter sah Hogart den Transporter der Pathologie. Daneben, in zweiter Reihe, stand Eichingers metallic-schwarzer Audi, frisch aus der Waschstraße. Das Schiebedach war offen, lässig wie immer. Hogart blickte zur näher kommenden Wolkenfront.
    Wer cool war, musste eben damit rechnen, dass es ihm in den Wagen regnete und die Reservekrawatte im Seitenfach nass wurde.
    Linda reichte Hogart die Hand. »Vielen Dank, den Rest schaffe ich allein.« Sie klappte die Lehnen und Pedale ein und zog sich am Lenkrad des Wagens auf den Fahrersitz.
    Hogart hatte diese Prozedur schon einmal in Priolas Büro beobachtet. Diese Frau war so erstaunlich kraftvoll. Immerhin machte sie diese Übung mehrmals täglich.
    »Fahren Sie in die

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