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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Futtermais; für Menschenzähne waren die Körner zu hart, außerdem schmeckte er nicht so fein wie der Süßmais, den Honor schätzen gelernt hatte. Im Feld gab es nichts Solides wie einen Baumstamm, an den sie sich hätte lehnen können, und der Mais stand so dicht, dass man sich kaum der Länge nach ausstrecken konnte. Die Hitze und die körperliche Anstrengung hatten Honor jedoch so erschöpft, dass sie trotzdem kurz einnickte, um gleich im nächsten Moment wieder hochzuschrecken.
    Â»Schlafen Sie ruhig ein bisschen«, sagte die entflohene Sklavin. »Ich passe auf. Wir wechseln uns ab.«
    Honor widersprach nicht. Sie legte ihren Kopf auf das Bündel, rollte sich zusammen und schlief trotz der heißen Sonne, der Fliegen und des dumpfen Schmerzes in ihrem Bauch ein.
    Als sie aufwachte, war ihr Mund trocken, und der Pflaumenstein steckte noch immer in ihrer Backe. Die Sonne stand schon tief am Horizont. Honor hatte lange geschlafen. In der Ferne hörte sie ein Pferd, das in gleichmäßigem Tempo den Fahrweg entlangtrabte. Erschrocken setzte sie sich auf. Die Schwarze hockte auf ihren Fersen.
    Â»Sie hätten mich wecken sollen«, sagte Honor.
    Die Frau zuckte die Schultern. »Sie haben den Schlaf gebraucht.« Ihr Blick streifte Honors Bauch. »Ich weiß noch, dass ich gegen Ende immer nur schlafen wollte.«
    Â»Sie haben Kinder?« Honor blickte sich um, als würden die Kinder im nächsten Moment im Maisfeld auftauchen.
    Â»Natürlich. Darum bin ich ja hier.«
    Honor versuchte, die Müdigkeit abzuschütteln, die ihre Gedanken vernebelte. Dann erstarrte sie: Es war Donovans Pferd. Erst ritt er schnell, dann langsamer, dann hielt er an, ritt langsam wieder weiter, machte kehrt und galoppierte schließlich davon.
    Honor schluckte, doch die Frau wirkte unbekümmert. Sie schmunzelte sogar. »Das macht er schon seit einer ganzen Weile«, sagte sie. »Er weiß, dass wir irgendwo sein müssen, aber wo genau er suchen soll, weiß er nicht.«
    Â»Ob er ins Maisfeld reiten wird?«
    Â»Ich glaub nicht. Es gibt zu viele Wälder und Felder, wie soll er die alle durchsuchen. Er wird warten, bis wir uns in Bewegung setzen.«
    Honor fragte nicht, wann das sein würde.
    Â»Denken Sie dran, er weiß nicht, wo wir sind, aber wir wissen, wo er ist. Wir sind im Vorteil.«
    Nur zu gern hätte Honor die Zuversicht der Frau geteilt, doch Donovan hatte leider auch einen Vorteil: Er hatte das Gesetz auf seiner Seite. Und er hatte ein Pferd und ein Gewehr.
    Als es zu dämmern begann, kam ein anderes Pferd den Weg entlang, und Honor hörte jemanden ihren Namen rufen. Es war Jack. Anscheinend hatte er die Erntearbeit unterbrochen, um sie zu suchen. Das Wetter war gut, und Honor wusste, dass die Haymakers an diesem Tag eigentlich so lange wie möglich arbeiten wollten, um das gesamte Heu vor dem nächsten Regen in die Scheune zu bringen. Sie hörte Wut und Ungeduld in seiner Stimme und zuckte zusammen.
    Die Schwarze blickte sie an. »Ist das Ihr Mann?«, flüsterte sie, als Jack gewendet hatte und zurückritt. »Wieso ruft er Sie? Weiß er nicht, dass Sie hier draußen bei mir sind?«
    Honor antwortete nicht.
    Da verstand die Frau. »Sie laufen weg?«, rief sie. Zum ersten Mal an diesem Tag war ihre Stimme laut geworden. »Warum denn, zum Teufel? Wo doch das Baby unterwegs ist. Wovor müssen Sie denn weglaufen?«
    Mit jeder Frage war Honor mehr in sich zusammengesunken. Sie flüchtete sich wieder ins Schweigen.
    Als klar war, dass sie keine Antwort bekommen würde, schnalzte die Schwarze mit der Zunge. »Närrin«, murmelte sie.
    Bei Einbruch der Dunkelheit hörten sie wieder Hufgetrappel. Diesmal waren es Jack und Adam Cox, die nach Honor riefen. Die schwarze Frau griff nach ihrem Bündel und stand auf.
    Honor packte sie am Ärmel. »Was haben Sie vor?«
    Â»Ich sag ihnen, dass Sie hier sind.«
    Â»Bitte nicht!«
    Doch erst als sich Donovans Stimme spottend unter die Männerstimmen mischte, blieb die entflohene Sklavin stehen. »Honor Bright, ein bisschen wundert es mich schon, dass du dich da draußen versteckst. Hattest du nicht versprochen, keinen Niggern mehr zu helfen? Heutzutage kann man nicht einmal mehr einer Quäkerin vertrauen. Aber jetzt wird es Zeit, dass du rauskommst, Schätzchen, dein Mann grämt sich sonst zu Tode.«
    Die Frauen verharrten

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