Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
und alle verfolgen ein gemeinsames Ziel«, gab Hugh zu bedenken. »Hätte man uns nach Poitou beordert, würden sich alle darüber beklagen, jenseits des Meeres kämpfen zu müssen, und darauf pochen, dass das kein Teil ihres Eides sei.« Er warf Ranulf einen verstohlenen Blick zu, wohl wissend, dass sein Schwager seinem Unmut als einer der Ersten Luft machen würde. Die im Norden der Insel ansässigen Barone standen derartigen Forderungen feindselig gegenüber. Ranulf war zurückhaltender als andere, aber Hugh wusste, dass er alles daransetzen würde, in seiner Burg in Middleham zu bleiben, wenn er eine Wahl hätte. Er kam seiner Feudalpflicht zwar gewissenhaft, aber ohne Begeisterung nach. »Außerdem«, fügte Hugh hinzu, »hätte Llewelyn of Gwynedd nicht in die Offensive gehen dürfen. Er musste damit rechnen, dass John versuchen würde, seine Macht zu beschneiden. Diesmal wird er erst innehalten, wenn er Llewelyn ein für alle Mal unterworfen hat. Dabei zählt es nicht, dass Llewelyn mit Johns Tochter verheiratet ist – jetzt ist er entschlossen, jegliche Rebellion im Keim zu ersticken.«
»So wie in Irland?« Ranulfs Lippen kräuselten sich. »Was bleibt denn dann noch für unsere Söhne?«
Hugh blieb eine Antwort erspart, denn sein Vater trat aus dem Haus und sah, die Hände in die Hüften gestemmt, dem Treiben im Hof zu. Sein Blick fiel auf das Pony und seine Enkel, er schüttelte erst den Kopf, dann lächelte er. Danach hinkte er weiter auf die jüngeren Männer zu. Sein Knie bereitete ihm heute offensichtlich Schmerzen, aber er weigerte sich, einen Stock zu benutzen. Als er sie erreicht hatte, bedeutete er einem Stallburschen, Hugh abzulösen und Pie weiter im Hof herumzuführen.
Hugh beobachtete die Jungen mit sorgenvoller Miene.
»Wenn sie herunterfallen, fallen sie nicht tief, und in dem
Alter verletzen sie sich nicht schwer«, bemerkte Ranulf lakonisch.
»Ich wollte, ich könnte mich daran erinnern, wie es war, so jung zu sein.« Ein Anflug von Neid flackerte in den Augen des Earls auf.
»Wenn du das tust, muss ich befürchten, dass du allmählich unter Altersverwirrtheit leidest«, spöttelte Hugh.
Sein Vater schnaubte.
»So weit ist es noch nicht, und ich sabbere auch noch nicht wie ein Baby.«
Hugh grinste. Die Männer sahen zu, wie ein Pferdeknecht Hughs neues Schlachtross aus dem Stall holte und seine Hufe untersuchte. Es war ein kräftiges, junges Tier mit bronzebraunem Fell und edlen Linien. Als Hugh Stott ausgewählt hatte, hatte er sich geschworen, ihn diesmal bescheiden im Hintergrund zu halten, statt ihn stolz vorzuzeigen. Der Name war hängengeblieben, obwohl er eher für ein gewöhnliches Ackerpferd als für das Schlachtross des Erben von Norfolk taugte.
Hugh wandte sich an seinen Vater. Vor einiger Zeit war ein Bote eingetroffen, und er wusste, dass sich der Earl nicht nur ins Freie bemüht hatte, um bei der Reitstunde seiner Enkel zugegen zu sein.
»Ich habe den Boten gesehen«, begann er. »Gibt es neue Instruktionen?«
Sein Vater blickte sich um, um sicherzugehen, dass sich außer Hugh und Ranulf niemand in Hörweite befand.
»Das nicht«, erwiderte er. »Aber Bened berichtet aus Settrington von Gerüchten über ein Komplott gegen den König. Er soll getötet werden, wenn er die Grenze zu Wales überschritten hat.«
Hugh sog scharf den Atem ein.
»Glaubst du, das entspricht der Wahrheit?« Er schielte zu Ranulf, dessen Miene angespannt und wachsam war.
Sein Vater nestelte an der Krempe seines Hutes herum.
»Bened ist ein gerissener alter Fuchs. Er weiß, was er ernst nehmen muss und was nicht.«
»Woher hat er davon erfahren?«
»Er sagt, von seinem jüngeren Bruder, der im Haushalt von Eustace de Vesci dient.«
Hugh schnitt eine Grimasse. Die Beziehung zwischen de Vesci und John war von Hass und Misstrauen geprägt. Es wurde gemunkelt, John habe de Vescis Frau entehrt, aber es ging auch um Geld, das de Vesci der Krone schuldete.
»Die Nachricht von Beneds Bruder kann je nach Lesart als Warnung, auf der Hut zu sein, oder als Ruf zu den Waffen gedeutet werden.« Der Earl maß Hugh und Ranulf mit einem bedeutsamen Blick. »Bened glaubt, dass John de Lacey und John FitzRobert in die Sache verstrickt sind.«
Eine eisige Hand schloss sich um Hughs Herz.
Sein Vater musterte Ranulf durchdringend. »Weißt du irgendetwas davon?«
»Ich würde mich in so etwas nie hineinziehen lassen!«, wehrte sich Ranulf empört. »Mit solchen Männern pflege ich keinen Umgang. Ich
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