Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
standen Brot, Wein und ein paar gewürzte Pasteten.
Als Hugh sich entkleidete, wurde die Tür leise geöffnet und geschlossen, und sein Vater trat ein. Scheinbar verspürte auch er keine Lust, in der Halle zu bleiben und mit ihrem Gast Wein zu trinken.
»Weil ich mich nicht kopfüber in jede Gefahr stürze und der Gesang des Schwertes für mich nur einer von vielen ist, hält er mich für einen Schwächling.« Hugh zuckte zusammen, als er den langen roten Kratzer auf seinem Unterarm sah, der zu dem Riss in seinem Hemd passte.
»Er benimmt sich so, weil sein Vater ein König war und ich nur ein Earl bin, weil er ein Bastard ist und du ehelich geboren wurdest und ein doppelt so großes Erbe antrittst wie er«, meinte sein Vater sachlich. »Die Umstände eurer Geburt wird er dir immer verübeln. Deiner Mutter zuliebe heiße ich ihn hier willkommen, außerdem ist er ein nützliches Bindeglied zum Hof, das unsere Interessen wahren kann – auch wenn er heute entschieden zu weit gegangen ist.«
Hugh ließ sich in die Wanne sinken und fühlte sich sogleich besser, als das heiße, duftende Wasser ihn umfing, verkrampfte Muskeln lockerte und seine Schmerzen linderte. Der gewürzte
Wein war heiß, die Pasteten enthielten Ingwer, und es dauerte nicht lange, bis er glühte.
»Ich weiß, wer und was Longespee ist«, entgegnete er. »Mir ist klar, dass wir ihn bei Hof brauchen und dass meine Mutter ihn anbetet. Ich verstehe auch, warum er hier willkommen ist, aber nach dem, was heute passiert ist…« Seine Mundwinkel zogen sich nach unten, und seine Stimme klang hart. »Um meiner Mutter und der Grafschaft willen werde ich seine Gegenwart dulden, aber erwarte nicht von mir, dass ich seine Gesellschaft suche.«
»Das tue ich nicht«, sagte sein Vater. »Ich bin im Gegenteil froh, dass ich dich unter vier Augen sprechen kann, weil wir noch eine andere Angelegenheit zu bereden haben.«
»Als da wäre?«
»Deine Heirat mit Mahelt Marshal.«
Hugh stieg aus der Wanne und legte, nachdem er sich kräftig abgetrocknet hatte, weiche, am Feuer gewärmte Kleider und bequeme Lederschuhe an.
»Wieso? Hast du plötzlich Bedenken?«, fragte er, während er seinen Gürtel zuschnallte.
Sein Vater lächelte schief.
»Dafür ist es ein wenig zu spät. Eine Verlobung ist bindend, und es wäre schwierig und heikel, sie aufzulösen – nicht dass ich das wollte.« Er strich über den Pelzkragen seines Umhangs. »Der Marschall hat mir geschrieben. Er will nach Irland reisen, sowie der König ihm die Erlaubnis dazu erteilt. Die Mitgiftländereien seiner Frau in Leinster müssen gesichert werden. Die Countess wird die Einkünfte daraus brauchen, falls ihm etwas zustößt, und ich schätze, nach seiner Krankheit macht er sich Gedanken darüber, dass auch er sterblich ist.«
Hugh füllte seinen Becher erneut.
»Was hat das mit uns zu tun?«
Roger strich erneut über den weichen Eichhörnchenpelz.
»Der Marschall nimmt seine älteste Tochter nicht mit auf die Reise. Er will, dass sie in England bleibt und dass die Hochzeit möglichst noch vor der Fastenzeit stattfindet.«
Hugh starrte seinen Vater ungläubig an.
»Das ist ja schon in zwei Monaten!«
»Das Mädchen ist dann fast vierzehn. Ihre Familie sagt, ihre Blutungen hätten bereits eingesetzt, aber sie ist noch zu jung, um ein Kind zu bekommen. Sie wünschen, dass ihre Jungfräulichkeit bis zu ihrem fünfzehnten Geburtstag gewahrt bleibt.«
»Eine nicht vollzogene Ehe kann immer noch annulliert werden«, stellte Hugh fest.
»Darüber muss man sich im Klaren sein, da stimme ich dir zu, aber sie gehen ein genauso großes Risiko ein wie wir«, erwiderte Roger sachlich. »William Marshal möchte seine Tochter in Sicherheit wissen und bittet uns, als ihre Beschützer zu fungieren. Ein Jahr ist keine lange Wartezeit, und ihr habt die Gelegenheit, euch kennen zu lernen, bevor ihr das Bett teilt, was ich für durchaus sinnvoll halte. Außerdem kann sie sich in Ruhe an unsere Lebensweise gewöhnen.«
Hugh dachte an das brünette Kind, dem er vor zwei Jahren den Verlobungseid geleistet hatte. Er konnte sich gut vorstellen, mit dem Mädchen so unbefangen umzugehen wie mit seinen jüngeren Schwestern, aber ihr den Hof zu machen und später Kinder mit ihr zu zeugen überstieg sein Vorstellungsvermögen. »Der König könnte dem Marschall die Erlaubnis zu der Irlandreise durchaus verweigern.«
»Allerdings. Es wird John gar nicht gefallen, wenn er sich dort in alles einmischt. Die Countess
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