Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Meinung ändern. Er seufzte. »Also gut, ich werde mit ihm sprechen – um des lieben Friedens willen und aus diplomatischen Gründen –, aber erwarte nicht von mir, dass ich es aus Bruderliebe tue.«
Sie küsste ihn erneut.
»Danke. Ich bin stolz auf dich. Hat dein Vater mit dir über Mahelt Marshal gesprochen?«
»Ja, das hat er.«
Grübchen tauchten in ihren Wangen auf.
»Ich freue mich schon darauf, wieder ein junges Mädchen im Haus zu haben. Seit deine Schwestern verheiratet sind, fehlt mir diese Art von Gesellschaft. Sie ist von ihrer Familie getrennt, also müssen wir ihr die Familie ersetzen.« Das Lächeln verblasste. »Es gibt viel zu organisieren, wenn die Hochzeit so kurz nach Weihnachten stattfinden soll.« Der geistesabwesende Ausdruck in ihren Augen verriet Hugh, dass sie im Geiste schon eine Liste aller vorhandenen Tischtücher, Servietten,
Weinkelche, Platten und Ähnlichem erstellte. Dann schüttelte sie sich und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt. »Kommst du zu uns in die Halle hinunter? Gleich wird gesungen, und wir brauchen deine Stimme.«
Hugh zögerte. Er wollte eigentlich nicht in die Halle zurückgehen und Longespee erneut gegenübertreten, aber wenn er sich hier oben verkroch, würde er nur ungehobelt wirken und den Eindruck machen, als könne er einen Schlag nicht einstecken wie ein Mann.
»Na schön«, gab er mit einem resignierten Seufzer nach, und die Art, wie sich das Gesicht seiner Mutter augenblicklich erhellte, erfüllte ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Verzweiflung.
In der Halle hatte man ihm einen Platz auf der Bank frei gemacht, und er wurde mit Jubelrufen und Trinksprüchen empfangen. Longespee tat sein Bestes und goss ihm sogar eigenhändig einen Becher gewürzten Wein ein, statt dies einem Diener zu überlassen – etwas, was noch nie vorgekommen war. Hugh vermutete, dass sein Halbbruder inzwischen eingesehen hatte, wie ungeheuerlich er sich verhalten hatte, und nun auf seine Art versuchte, Wiedergutmachung zu leisten.
Zuerst musste er sich zwingen zu lächeln und seinen Teil zu der Unterhaltung beizutragen, aber als der Abend verstrich und das Singen begann, hob sich seine Stimmung. Seine klangvolle Stimme übertraf die Longespees bei weitem und hallte melodisch durch den Raum. Longespee musste sich damit begnügen, im Chor mitzusingen. Es war nur ein kleiner Triumph, aber Hugh fühlte sich sofort besser.
10
Framlingham, Januar 1207
Hugh kniete neben Mahelt in der Kapelle von Framlingham und empfing die Sakramente. Er hatte seiner jungen Frau einen Ehering an den Finger gesteckt, seine Gelübde geleistet und ihr die neun Landsitze übereignet, aus denen ihre Mitgift bestand. Sie war zwar noch sehr jung, aber nicht mehr das Kind, das er erwartet hatte. Seit ihrer letzten Begegnung war sie beträchtlich gewachsen und überragte jetzt schon seine Mutter. Ihr Hochzeitskleid aus silbergrüner Seide betonte ihre sich seit kurzem entwickelnden Kurven und ihre schlanke und zugleich kräftige Figur.
Hugh wusste nicht recht, wie er mit ihr umgehen sollte. Sie bedeutete für ihn eine große Verantwortung und eine neue Phase seines Lebens, auf die er nicht vorbereitet war, und obwohl ihm bezüglich seines Benehmens gegenüber seiner Braut strikte Instruktionen erteilt worden waren, empfand er die Situation als verwirrend und konfliktgeladen. Sie war seine Frau, aber sie musste noch nicht die Pflichten einer Ehefrau erfüllen; sie war eine Frau und zugleich noch ein Kind. Sie sollte wie ein Gast behandelt werden, aber trotzdem als vollwertiges Mitglied des Haushalts gelten. Da ihm nicht entging, dass Mahelts Vater ihn beobachtete, war sich Hugh, aus Furcht vor Missbilligung, jedes Wortes, das er sagte, und jeder Geste bewusst. Er kam sich vor wie ein Halbwüchsiger und nicht wie ein erwachsener Mann.
Die Hochzeitsgesellschaft verließ die Kapelle, überquerte
den Hof und begab sich in die neue Halle, die zur Feier des Tages mit Immergrün und Bändern geschmückt war. Mit schneeweißen Leinentüchern gedeckte Tische zogen sich an den Wänden entlang, und bunt gekleidete Musikanten und Akrobaten warteten darauf, die Gäste während und zwischen den Gängen des Festmahls zu unterhalten. Mahelts Eltern würden am nächsten Tag im Morgengrauen nach Striguil zurückkehren und dann die Abreise nach Irland vorbereiten, daher würde die Hochzeitsfeier nicht allzu lange dauern.
Zwischen jedem Gang wurde getanzt. Hugh und Mahelt standen im
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