Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
Vom Netzwerk:
Schaffer, Zeuger und sogar Bälger. Wahrscheinlich hatten sie nicht
damit gerechnet, dass wir zurückkommen würden, und jetzt wollte jeder hören, was wir zu sagen hatten. Bleich war ein erfahrener Jäger, also überließ ich ihm die Bühne. Ich stellte die Schüssel mit dem Rest des Eintopfs hin, ein winziger Balg schnappte sie sich und rannte damit davon.
    »Und?«, fragte Seide.
    »Nassau ist gefallen. Es gehört jetzt den Freaks.« Bleich rückte direkter mit der Wahrheit heraus, als ich es getan hätte.
    Ein ungläubiges Flüstern ging durch die Menge. Mit einer Handbewegung brachte Dreifuß sie zum Schweigen. »Keine Überlebenden?«
    »Nicht einer«, antwortete Bleich. »Die Freaks leben jetzt in Nassau und ernähren sich von den Leichen.«
    »Und wie kam es dazu?«, fragte Seide. »Gab es Anzeichen einer Seuche?«
    Ich hätte nicht erwähnt, dass wir nicht nahe genug herangegangen sind, um die Situation genauer zu überprüfen, und ich hoffte, Bleich würde es auch nicht tun. »Nein, sie sind im Kampf gestorben. Es war keine Seuche.« Er legte seine Theorie dar, von der er mir in dem kleinen verborgenen Raum erzählt hatte. »Deshalb müssen wir unsere Taktik ändern. Mehr Fallen auslegen. Außerdem brauchen wir einen Schlachtplan für den Fall, dass sie in so großer Anzahl über uns herfallen, wie sie es in Nassau getan haben.«
    Seide lachte. »Du klingst ja, als wären die Freaks ein Gegner, vor dem man sich fürchten müsste. Ein intelligenter Feind und kein Ungeziefer.«
    Oh nein. Sie glaubt ihm nicht.
    »Es ist wahr«, warf ich ein. »Auf dem Weg nach Nassau
haben wir uns mit ein paar von ihnen einen Kampf geliefert, und ich glaube« – ich brachte die Worte fast nicht heraus, denn ich wusste, was es bedeutete, Seide öffentlich zu widersprechen und mich auf Bleichs Seite zu schlagen –, »er hat recht. Teilweise schienen sie sogar zu verstehen, was wir sagten.«
    Seides Kiefermuskeln spannten sich an. »Wir werden euren Bericht bei der nächsten Besprechung berücksichtigen.«
    »Danke, Sir.« Erschöpft ließ ich den Kopf hängen.
    Wir hatten getan, was wir konnten: den Einsatz erfolgreich beendet und die angeforderten Informationen überbracht. Falls die Ältesten sich dazu entschlossen, sie zu ignorieren, konnten wir daran nichts ändern. Dennoch spürte ich, wie nackte Angst meinen Nacken hinaufkroch.
    »Ab mit euch!«, bellte Seide die Glotzer an. »Es gibt Arbeit, die auf euch wartet.«
    Die gab es immer. Ich hörte Gemurmel, während die Menge sich auflöste:
    »Was glaubst du?«
    »In Nassau haben sie sich nie an die Hygienevorschriften gehalten. Wahrscheinlich sind sie an der Dreckkrankheit gestorben, und dann haben die Freaks sie gefressen.«
    Jemand lachte. »Geschieht ihnen recht, wenn sie jetzt genauso daran verrecken.«
    Toll . Sie hielten uns für verrückt. Glaubten, unser Geist wäre dort draußen an der Dunkelheit zerbrochen und wir würden Gefahren sehen, wo keine waren. Aber sie hatten nicht gesehen, was wir gesehen hatten. Sie wussten es nicht. Niedergeschlagen saß ich auf meiner Kiste und ließ den Kopf hängen, bis ich Seides Stiefelkappen sah.

    »Weil ihr eure Mission in der vorgegebenen Zeit erfüllt habt, befreie ich euch für morgen vom Patrouillendienst, damit ihr euch ausruhen und wieder zu Kräften kommen könnt. Aber ich will nicht hören, dass ihr eure durchgedrehten Ideen herumerzählt, verstanden? Kein Grund, Bürger zu erschrecken, die euch aus irgendeinem Grund glauben.«
    Ich hatte die Belohnung-Drohung verstanden. »Ich werde mit niemandem darüber sprechen.«
    »Gut. Wegtreten.«
    Ich brauchte meine ganze Kraft, um mich in den Waschbereich zu schleppen. Wenigstens hatte ich noch meine saubere Ersatzkleidung. Es hätte keinen Sinn gehabt, sie dort draußen anzuziehen: Noch nie in meinem Leben hatte ich so gestunken. Ich wusch mich länger als sonst, dann trocknete ich mich ab und zog mich an. Ein paar Mädchen beobachteten mich, flüsterten und kicherten, sprachen mich aber nicht an.
    Danach machte ich mich an meine dreckigen Sachen. Ich hatte sie nicht kommen hören, doch plötzlich war Fingerhut da und nahm sie mir aus der Hand. Mit stiller Effektivität ging sie zu Werke. Ich lehnte mich an die Wand. Meine Wunden waren inzwischen verschorft, und die Salbe, die Bleich verwendet hatte, hatte eine Infektion verhindert. Aber die Narben würden mir als Erinnerungsstücke bleiben.
    »War es schlimm?«, fragte Fingerhut leise.
    »Ich habe versprochen, nicht

Weitere Kostenlose Bücher