Die Enklave
dünnen Bücher hervor.
»Wir haben das auf dem Weg zurück von Nassau gefunden. Es gab eine Treppe mit einem Raum darüb…«
»Ah. In de’ Nähe von Oben?«
Ich nickte. »Wahrscheinlich.«
»Gibs’a noch mehr?«
»Sicher«, antwortete Bleich. »Wir haben nicht alles mitgenommen. War zu viel zum Tragen.«
Jengu schien erfreut. Von dort konnten sie noch mehr Dinge zum Eintauschen holen. Nachdem er unsere Beutel und alles durchgesehen hatte, schlurfte er wieder davon, in Richtung der engen Tunnel. Wahrscheinlich fühlte er sich in der Finsternis und der Geborgenheit der niedrigen Decken wohler. Ich dagegen fühlte mich dort eingesperrt.
»Ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte Bleich, als Jengu weg war. »Sie haben dir nichts getan?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind harmlos. Die Enklave täte gut daran, Freundschaft mit ihnen zu schließen, glaube ich. Sieh dir das hier nur an.«
»Es ist unglaublich. Das müssen sie seit Generationen gesammelt haben.«
»Danke, dass du auf mich gewartet hast. Das war ziemlich gefährlich. Dir hätte alles Mögliche passieren können.«
Ganz sanft berührte er meine Wange. »Ich halte dir den Rücken frei. Nicht nur, wenn es gerade kein Problem ist. Immer .«
Wow. Wärme durchströmte mich. Auch wenn niemand sonst ihn leiden konnte, auch wenn mich die anderen Jäger niemals akzeptieren würden, ich hätte keinen besseren Partner erwischen können als ihn. Ich bezweifelte, dass die anderen Jäger genauso gehandelt hätten wie er. Sie hätten strikt ihre Befehle befolgt und wären direkt zurück zur Enklave marschiert, hätten mich mir selbst überlassen. In Gedanken dankte ich Seide.
»Das hier sollte unsere letzte Pause sein. Morgen schaffen wir es bis nach Hause.« Ich zog meine Decke heraus und wickelte mich darin ein.
Eine Lücke zwischen den Stapeln bot die ideale Stelle zum Hinlegen. Wir schliefen ein, nur ein Flüstern voneinander entfernt, und als ich erwachte, lag Bleich auf der Seite, das Gesicht zu mir gedreht. Mit geschlossenen Augen sah er immer anders aus. Der krasse Gegensatz zwischen seiner blassen Haut und den rußschwarzen Wimpern weckte in mir den Wunsch, dieses Spiel aus Licht und Schatten mit den Fingerspitzen zu berühren. Mein Herz schlug trommelnd in meiner Brust, als er die Augen öffnete und mich anschaute.
Bleich grinste. »Immer noch müde?«
Stöhnend rollte ich mich auf die Füße. Die Nacht auf dem nackten Stein forderte ihren Preis. Ich fühlte mich, als könnte
ich eine ganze Woche lang schlafen. Nicht, dass ich darauf hoffen konnte. Als Belohnung dafür, dass wir überlebt hatten, würde Seide uns wahrscheinlich Doppelschichten aufbrummen.
Wir sammelten unser Zeug ein und gingen zurück in den niedrigen Tunnel. Die Tunnelbewohner waren bereits wach, und Jengu kontrollierte noch einmal unsere Beutel, um sicherzugehen, dass wir Wort gehalten hatten. Ich glaubte nicht, dass er selbst daran zweifelte, aber er tat es für die anderen.
Wir fühlten uns stark genug für die letzte Etappe unserer Reise und verabschiedeten uns. Es würde ein harter Marsch werden, und wir mussten vor den Freaks auf der Hut sein, aber wir würden es schaffen. Wir waren Jäger, und wir mussten die Enklave mit den Neuigkeiten versorgen, die wir herausgefunden hatten.
HEIMKEHR
Einen Tag später stolperten Bleich und ich auf die Tunnelsperren zu. Wir hatten unterwegs gegen eine weitere Gruppe Freaks kämpfen müssen, und jetzt waren wir komplett am Ende. Die Wachen kamen von ihrem Posten herunter, um uns zu helfen; wahrscheinlich konnten sie sehen, in was für einem Zustand wir waren. Meine Lippen brannten vor Durst.
Jemand holte Seide, die nur sagte: »Besorgt ihnen was zu essen und zu trinken. Die beiden können sich ja kaum bewegen, geschweige denn Bericht erstatten.«
Immerhin war sie so nett, uns zu erlauben, dass wir uns im Kochbereich hinsetzen durften. Ich ließ mich auf eine Kiste fallen und hatte das Gefühl, ich würde nie wieder aufstehen. Dankbar nahm ich eine Tasse Wasser entgegen und trank in vorsichtigen Schlucken. Ich erinnerte mich an die Lektion, dass ein leerer Magen empfindlich war und einem leicht schlecht werden konnte. Dann bekam ich eine kleine Schüssel Eintopf und aß mit den Fingern. Der Eintopf war lauwarm, was es leichter machte, ihn in den Mund zu schaufeln.
Während Bleich und ich aßen, versammelte sich eine größere Menge an Zuschauern. Nicht nur Seide und die Ältesten – Kupfer, Zwirn und Dreifuß –, sondern auch
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