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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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vorhatte. Es interessierte mich nicht, was er für Pläne mit mir hatte – die waren jetzt hinfällig.
    »Aber sie haben sich in dir getäuscht«, sprach Tegan weiter. »Du bist nicht schwach.«
    Ich nickte. »Dann wirst du mich nicht verraten, wenn ich verschwinde?«
    Tegan fixierte mich. »Nur, wenn du mich nicht mitnimmst. «

    Ich entschied mich sofort. »Wo haben sie meine Sachen hingebracht?«
    Das Gebäude war lang und hoch, die Fenster befanden sich ganz oben und ließen nur sehr wenig Licht herein. Die meisten Scheiben waren dreckig, einige zerbrochen. Draußen musste es Tag sein, doch hier drinnen war davon nichts zu merken, aber vielleicht hatte das auch mit dem Regen zu tun.
    »Hier drüben.« Tegan brachte mich zu einer Ecke, in der sie meine und Bleichs Sachen achtlos auf einen Haufen geworfen hatten.
    »Lebt ihr alle in dieser Halle, oder bringen sie nur ihre Opfer hierher?« Tegan war die einzige Frau, die ich bisher hier gesehen hatte, und ich rechnete mit einem »Nein«.
    »Wir schlafen da, wo Pirscher es uns befiehlt«, antwortete sie. »Und, nein, nicht hier.«
    »Gibt es noch mehr Frauen?«
    »Ja, aber mir trauen sie nicht. Deswegen behalten sie mich immer in ihrer Nähe.« Im Schein der Flammen sah ich, wie ihr Mund sich verkrampfte, und ich spürte den Zorn, der unter ihrer geschundenen Haut brannte.
    »Warum?«
    »Weil ich nicht als Wölfin geboren wurde. Bis vor ein paar Jahren hab ich noch bei meiner Mom gelebt. Wir haben uns die meiste Zeit versteckt und waren ständig auf der Flucht.«
    Wie Bleich, dachte ich.
    »Und sie haben dich geschnappt, nachdem sie tot war?« Ich fragte sie nicht, wie das gewesen war. Ich sah die Spuren des Schmerzes auf ihrer Haut.
    Tegan nickte, ihr Blick leer und hart. »Letztes Jahr habe
ich zwei Welpen verloren. Beim letzten Mal wäre ich beinahe selbst gestorben. Und dann habe ich beschlossen abzuhauen, wenn ich jemals die Chance bekommen sollte, und habe auf meine Gelegenheit gewartet.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also hörte ich nur zu. Wenn in der Enklave jemand eine Frau so behandelt hätte, hätten sie ihn Stück für Stück an die Freaks verfüttert. Die Ältesten mochten keine so guten Menschen sein, wie ich gedacht hatte, aber sie waren bei weitem nicht so schlimm, wie sie hätten sein können.
    Während Tegan weitersprach, wühlte ich in meinem Beutel. Was ich am Leib getragen hatte, war zu Fetzen zerschnitten, aber ich hatte immer noch meine Ersatzkleidung. Alles war noch da, sogar meine Waffen. Vor Erleichterung schloss ich einen Moment lang die Augen, dann zog ich mir mein Hemd über den Kopf. Ich musste mich beeilen, bevor die Wölfe mitbekamen, dass Tegan mir gerade dabei half zu entwischen.
    »Also hab ich sie zum Narren gehalten und sie glauben lassen, sie hätten alle Hoffnung aus mir herausgeprügelt«, beendete sie schließlich ihre Geschichte.
    Ich griff nach meinen Dolchen und schnallte sie mir um, spürte die Sicherheit, die mir das Gewicht der Keule auf meinem Rücken verlieh. Diesmal würde ich mich nicht zurückhalten. Ich hatte nicht begriffen, was Bleich meinte, wenn er von Oben erzählte – von den anderen Gefahren, die dort lauerten –, bis wir auf Pirscher und seine Wölfe getroffen waren. Doch jetzt begriff ich es. In gewisser Weise waren die Ganger wie Freaks: Man konnte nicht mit ihnen reden.
    Ich sah den Hunger in Tegans Augen, während sie mich
beobachtete. Aber was sie wollte, war nicht etwas zu essen, sondern Stärke, Sicherheit und Rache für das, was sie ihr angetan hatten. Ohne lange nachzudenken, nahm ich die Keule von meinem Rücken und reichte sie ihr.
    »Sie ist leichter zu handhaben als ein Messer, man braucht weniger Übung. Du schlägst einfach so hart zu, wie du kannst, bis sich dein Gegner nicht mehr bewegt.«
    Tegan nickte kurz. »Da lang. Ich zeig dir, wo sie die Jagd beginnen.«
    Im Vergleich zu einer Jägerin bewegte sie sich zwar nicht besonders leise, aber der Lärm, der immer lauter wurde, je näher wir kamen, übertönte jedes Geräusch, das uns hätte verraten können. Die Luft war erfüllt von einem hohen, zitternden Heulen, das die Härchen auf meinen Armen zu Berge stehen ließ.
    Ich warf Tegan einen Blick zu, und sie flüsterte: »Das ist normal.«
    Durch eine dunkle Öffnung am Ende des Gebäudes schlichen wir näher heran und traten auf einen seltsamen Hof hinaus, der mit Relikten aus der alten Welt überfüllt war: rostiges Metall, verbogenes Eisen und die Überreste toter

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