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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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größte Theil der unter Guatimozin’s Herrschaft stehenden Städte unterwarf sich der Gewalt seiner Waffen. Die wirkliche Belagerung (Mexicos) nahm im Mai 1521 ihren Anfang und dauerte, unter wechselnden Erfolgen und Mißerfolgen, bis zu dem Tage, da die Brigantinen flott wurden. Die Mexicaner schreckten jedoch nicht vor einem Angriffe auf dieselben zurück, vier-bis fünfhundert von je zwei Mann besetzten Boote bedeckten plötzlich den See und fuhren gegen die spanischen Schiffe, welche eine Bemannung von drei-bis vierhundert Soldaten hatten, heran. Die neun mit Kanonen bewaffneten Brigantinen hatten die feindliche Flotte zwar sehr bald zerstreut oder vernichtet, doch führten weder dieser Erfolg noch auch einige andere Vortheile, die Cortez gleichzeitig gewann, zu einer merklichen Aenderung der Situation und die Belagerung zog sich noch weiter in die Länge. Der General beschloß also, die Stadt mit Sturm zu nehmen. Leider fand der Officier, der die Rückzugslinien auf den Dammwegen decken sollte, während die Spanier in die Stadt eindrangen, diesen Posten seiner nicht würdig und verließ denselben also, um sich am Kampfe zu betheiligen. Sobald Guatimozin von diesem Fehler hörte, beeilte er sich, daraus Nutzen zu ziehen Er griff die Spanier von allen Seiten mit einer solchen Heftigkeit an, daß er sehr viele derselben tödtete und zweiundsechzig Soldaten gefangen nahm. Cortez selbst, der am Schenkel eine schwere Verwundung davontrug, wäre bald lebend in seine Hände gefallen. Während der Nacht ward der große Tempel des Kriegsgottes zur Feier des Sieges festlich erleuchtet und mit tiefster Trauer hörten die Spanier die Töne der großen Trommeln der Mexicaner. Von ihren Stellungen aus konnten sie die letzten Augenblicke ihrer gefangenen Landsleute beobachten, denen man die Brust öffnete, um das Herz herauszureißen, und deren die Altartreppen hinabgestürzte Leiber vollends von den Azteken zerstückelt wurden, welche sich noch darum stritten, um sie bei einem schauerlichen Gastmahle zu verzehren.
    Diese furchtbare Niederlage trug noch mehr dazu bei, daß sich die Belagerung in die Länge zog und bis zu dem Tage dauerte, wo Guatimozin, nachdem die Stadt schon zu drei Viertheilen eingenommen oder zerstört war, durch seine Rathgeber veranlaßt wurde, sich nach dem festen Lande zu begeben und hier den weiteren Widerstand zu organisiren. Die Barke, welche ihn trug, wurde jedoch abgefangen und er selbst ergriffen. Während seiner Hast bewies er übrigens mehr Charakterstärke und Selbstachtung als sein Oheim Montezuma.
    Jetzt hatte nun aller Widerstand ein Ende und Cortez konnte von der, zur Hälfte in Trümmern liegenden Stadt Besitz nehmen. Nach heldenmüthiger Vertheidigung, während welcher 120.000 – wie die Einen sagen – oder 240.000 Mexicaner nach anderen Berichten – den Tod fanden, nach einer Belagerung, welche nicht weniger als fünfundsiebzig Tage dauerte, unterlag Mexico, und mit der Hauptstadt auch das ganze Reich, weniger den Streichen der Spanier, als vielmehr dem alten Hasse, der Empörung der unterworfenen Volksstämme und der Eifersucht der Nachbarstaaten, welche bald das neue Joch schwer beklagen sollten, dem sie sich so bereitwillig gebeugt hatten.
    Dem Siegesrausche folgte bei den Spaniern bald der Aerger und die Wuth. Die ungeheuren Schätze, auf welche sie gerechnet hatten, waren nicht vorhanden oder in den See versenkt worden.
    Cortez, der seine Unzufriedenen auf keine andere Weise zu beruhigen vermochte, sah sich genöthigt, den Kaiser und seinen ersten Minister der Tortur zu unterwerfen. Einige Geschichtsschreiber, in erster Reihe Gomorra, erzählen, daß der letztere, während die Spanier das Feuer unter dem Roste schürten, auf dem die beiden unglücklichen Opfer ausgestreckt lagen, den Kopf nach seinem Herrn gewendet habe, wie um ihn zum Reden und dadurch zur Beendigung seiner Qualen zu bewegen; Guatimozin aber habe jede Anwandlung von Schwäche unterdrückt durch die wenigen Worte: »Und ich, bin ich etwa hier zum Vergnügen oder im Bade?« eine Antwort, welche poetischer in: »Und ich, bin ich hier etwa auf Rosen gebettet?« umgewandelt wurde.
    Die Geschichtsschreiber schließen ihren Bericht über die Eroberung Mexicos gewöhnlich mit der endgiltigen Einnahme der Hauptstadt ab; uns bleibt jedoch noch übrig, von einigen anderen, von Cortez zu verschiedenen Zwecken unternommenen Expeditionen zu sprechen, welche ein ganz neues Licht über verschiedene Theile Central-Amerikas

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