Die Entdeckung der Erde
gänzlich fehlt, zu verwenden, untermengt mit Indianern, die sie Mann gegen Mann überfallen, und ohne Kräfte, um einen Feind niederschlagen zu können, weichen die von allen Seiten umringten Spanier nebst ihren Verbündeten vor der immer wachsenden Uebermacht der Angreifer zurück. Führer und Soldaten, Infanterie und Cavallerie, Spanier und Tlascanen, Alles wälzt sich durcheinander; Jeder wehrt sich seiner Haut, so gut er eben kann, ohne sich um Disciplin und die Rettung des Ganzen zu bekümmern.
Alles schien verloren, da gelingt es Cortez mit etwa hundert Mann einen Dammeinschnitt über die ihn fast ausfüllenden Leichen der Gefallenen zu überschreiten. Er ordnet seine Soldaten, so gut das im Drange des Augenblickes möglich ist, und schiebt sich an der Spitze der noch kampffähigsten Mannschaften wie ein Keil in das Gewirr ein, wodurch es ihm gelingt, einen Theil der Seinigen zu befreien. Noch vor Tagesanbruch fanden sich Alle, denen es gelungen war, dem Blutbade dieser »
noche triste
«, wie jene entsetzliche Nacht bezeichnet ward, zu entrinnen, in Tabuca zusammen. Thränenden Auges musterte Cortez seine letzten Soldaten, die alle fast ohne Ausnahme verwundet waren, und übersah die fürchterliche Größe des erlittenen Verlustes; 4000 Indier, Tlascanen und Cholulanen und fast sämmtliche Pferde waren getödtet; die ganze Artillerie nebst Munition und fast alles Gepäck verloren; verschiedene hervorragende Officiere, Velasquez de Leon, Salcedo, Morla, Laros und noch manche Andere zählten zu den Gefallenen; Alvarado lag an den schwersten Wunden darnieder.
In Tacuba hielt man sich nicht auf, sondern marschirte auf gut Glück, unbekümmert um den dort zu gewärtigenden Empfang, nach Tlascala zu.
Cortez in der Schlacht von Otumba. (S. 349.)
Von den Mexicanern unablässig beunruhigt, mußten die Spanier in der Gegend von Otumba auch noch eine große Schlacht gegen zahlreiche feindliche Heerhaufen annehmen, deren Stärke manche Geschichtsschreiber auf 200.000 Mann angeben. Mit den wenigen, ihm übrig gebliebenen Reitern gelang es Cortez jedoch, Alles niederzurennen, was im Wege stand, und sich bis zu einer Gruppe an den goldverzierten Federbüschen und der prachtvollen Kleidung erkennbarer hoher Persönlichkeiten durchzuschlagen, unter der sich auch der das Banner tragende General befand. Cortez stürzte sich also mit einigen Reitern auf jene Gruppe und war glücklich oder geschickt genug, den mexikanischen Officier mit einem Lanzenstiche zum Falle zu bringen, während ein Soldat, Namens Juan de Salamanca, demselben mit dem Degen vollends den Garaus machte. Mit dem Augenblicke, wo das Banner verschwand, ward die Schlacht entschieden, und die von panischem Schrecken ergriffenen Mexicaner flohen nach allen Seiten. »Noch niemals vorher, sagt Prescott, waren die Spanier so schwer bedroht gewesen, und ohne Cortez’ Glücksstern würde kaum Einer am Leben geblieben sein, um der Nachwelt von der blutigen Schlacht bei Otumba zu berichten.« Die Siegesbeute war sehr beträchtlich und entschädigte die Spanier doch theilweise für die beim Auszuge aus der Stadt Mexico erlittenen Verluste, denn die Armee bestand aus den vornehmsten Kriegern des Volkes, die sich, überzeugt von der Unfehlbarkeit des Erfolges, mit ihren reichsten Zieraten geschmückt hatten.
Am folgenden Tage betraten die Spanier das Gebiet Tlascalas.
»Ich lenke jetzt die Aufmerksamkeit des Lesers, sagt Bernal Dias, auf die Thatsache, daß unsere eigene Gesammtstärke, als wir zum Entsatze Alvarado’s nach Mexico marschirten, 1300 Mann betrug, darunter siebenundneunzig Reiter, achtzig Armbrust-und ebenso viele Büchsenschützen, neben mehr als 2000 Tlascanen und reichlicher Artillerie. Unser zweiter Einzug in Mexico erfolgte am Johannistage 1520 und unsere Flucht am 10. Juli. Die denkwürdige Schlacht bei Otumba lieferten wir am 14. Juli. Weiter richte ich hiermit die Aufmerksamkeit auf die Anzahl Menschen, welche sowohl in Mexico, bei dem Zuge über die Dammstraße und deren Brücken, als auch bei Otumba und anderen Gefechten unterwegs den Tod fanden. Im Zeitraume von fünf Tagen verloren wir 760 Mann, darunter 70 Soldaten, die in dem Dorfe Rustepeque niedergemacht wurden, und außerdem fünf castilische Frauen; in derselben Zeit fielen auch 1200 Tlascalanen. Es verdient ferner erwähnt zu werden, daß, wenn auch von Narvaez’ Truppen mehr Leute als von den Cortez’schen Soldaten umkamen, das deshalb geschah, weil sie sich bei dem
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