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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ausstattete und der nach genauer Einsicht in die Verhältnisse die Regierungsform so herstellen sollte, wie es ihm am Besten dünkte. Diese heikle Mission wurde einem Richter von dem Obergericht zu Valladolid, Christoval de Vaca, zuertheilt, der sich dieses Vertrauens nicht unwürdig zeigte. Sonderbar! Man empfahl ihm, ganz besonders gegen Franz Pizarro mit größtmöglicher Schonung zu verfahren, während sein Bruder Fernando verhaftet und in den Kerker geworfen wurde, wo er zwanzig lange Jahre vergessen schmachten sollte.
    Während sich diese Ereignisse in Spanien abspielten, vertheidigte der Marquis das eroberte Land, behielt für sich und seine Getreuen die fruchtbarsten und bestgelegenen Landschaften und gestand den Kampfgenossen Almagro’s, denen von Chili, wie man sich ausdrückte, nur unfruchtbare und entlegene Einöden zu. Dann übertrug er einem seiner Abtheilungsführer, Pedro de Valdivia, die Ausführung des Projects, an dem Almagro gescheitert war, nämlich die Unterjochung von Chili. Am 28. Januar 1540 brach dieser auf in Begleitung von hundertfünfzig Spaniern, unter denen sich Pedro Gomez, Pedro de Miranda und Alonso de Monroy besonders hervorthun sollten, zog durch die Wüste von Atacama, ein Unternehmen, das auch heutigen Tages für sehr beschwerlich gilt, und kam in Copiapa inmitten eines herrlichen Thales an. Während er zuerst eine sehr freundliche Aufnahme fand, mußte er doch nach Einbringung der Ernte zahlreiche Gefechte mit einer von den Indianern Perus sehr verschiedenen Race, den Araucaniern, sehr tapferen und unermüdlichen Kriegern, bestehen. Nichtsdestoweniger gründete er am 12. Februar 1541 die Stadt Santiago. Acht Jahre lang verweilte Valdivia in Chili und leitete die Eroberung und Organisation des Landes.
    Minder habsüchtig als die anderen »Conquistadoren« jener Zeit, forschte er nach den Mineralschätzen des Landes nur in der Absicht, die gedeihliche Entwickelung der Kolonie, in der übrigens auch dem Landbau die gebührende Pflege zu Theil wurde, sicherzustellen. »Der beste Bodenschatz, den ich kenne, ist doch Getreide und Wein nebst dem Futter für die Thiere. Wer diesen hat, besitzt auch Silber und Gold. Von den eigentlichen ersten Producten des Bergbaues vermögen wir nicht unser Leben zu fristen. Ein reiches Bergwerk sichert noch Niemand ein angenehmes Leben.« Diese Worte Lescarbot’s in seiner »Geschichte von Neu-Frankreich« könnte Valdivia wohl selbst ausgesprochen haben, denn sie drücken seine Gefühle in zutreffender Weise aus. Seine Tapferkeit, Klugheit und Menschlichkeit – und vorzüglich die letztere sticht gegenüber den Grausamkeiten Pizarros sehr vortheilhaft ab – sichern ihm einen besonderen Ehrenplatz und gewiß einen der vornehmsten unter den »Conquistadoren« des 16. Jahrhunderts.
    Zur Zeit, als Valdivia sich nach Chili begab, überschritt Gonzalo Pizarro an der Spitze von dreihundertvierzig Spaniern, die zur Hälfte beritten waren, und viertausend Indianern die Anden, doch um den Preis so entsetzlicher Strapazen, daß die Hälfte der Letzteren vor Kälte dabei umkamen; dann drang er nach Osten zu tiefer in das Festland ein, in der Absicht, ein Land aufzusuchen, in dem, wie man allgemein sagte, Zimmt und andere Gewürze in Ueberfluß gediehen. In den unendlichen, von Sümpfen und Urwäldern bedeckten Savannen von furchtbaren Regengüssen überrascht, welche gleich zwei Monate anhielten, hatten die Spanier bei der dünnen, wenig thätigen und feindseligen Bevölkerung oft Hunger und Durst zu leiden in einem Lande, wo es weder Rinder noch Pferde gab, und die größten Vierfüßler Tapire und Lamas waren, welch’ letzteren man übrigens auf den Abhängen der Anden auch nur sehr selten begegnete. Trotz dieser Schwierigkeiten, die gewiß hingereicht hätten, minder energische Leute als die »Descubridores« des 16. Jahrhunderts abzuschrecken, harrten sie bei ihrem Unternehmen aus und gingen längs des Rio Napo oder Coca, einem linken Nebenflusse des Marañon, bis zur Einmündung in diesen hinab. Dort erbauten sie mit größter Mühe eine Brigantine, auf welcher fünfzig Soldaten unter Führung Francisco Orellana’s Platz nahmen. Ob diesen nun die Gewalt der Strömung hinwegriß oder er, einmal aus den Augen des Chefs, der Versuchung nicht widerstehen konnte, jetzt selbst den Anführer einer Entdeckungsexpedition zu spielen, jedenfalls erwartete er Gonzalo Pizarro nicht an dem verabredeten Platze, sondern segelte den Strom hinunter bis zu dem

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