Die Entdeckung der Erde
Kapitänen die letzten Instructionen ein nebst den festgesetzten Signalen zur Sicherung der Gleichzeitigkeit aller Manöver und zur Verhinderung einer möglichen Trennung von einander.
Am Montag den 10. August 1519 des Morgens lichtete die Flotte die Anker und fuhr den Guadalquivir hinab bis San Lucar de Barrameda, dem Hafen von Sevilla, wo der Proviantvorrath noch vermehrt wurde. Erst am 20. September stach sie wirklich in See. Sechs Tage später ankerte sie im Archipel der Canarien vor Teneriffa, um Wasser und Holz einzunehmen. Schon beim Verlassen dieser Inselgruppe traten zwischen Magellan und Juan Carthagena die ersten Spuren von Uneinigkeit zu Tage, welche der Expedition so ungemein nachtheilig werden sollte Juan verlangte nämlich von dem Chef-Commandeur über den einzuschlagenden Kurs vorher unterrichtet zu werden, was Magellan rundweg mit der Erklärung verweigerte, daß er seinen Untergebenen keine Rechenschaft zu geben schuldig sei.
Nachdem man zwischen den Inseln des Grünen Vorgebirges und Afrika vorübergekommen, segelte man nahe Sierra Leone hin, wo theils Gegenwinde, theils vollständige Windstillen die Flotte zwanzig Tage lang aufhielten.
Während dessen ereignete sich ein sehr peinlicher Vorfall. Bei Gelegenheit einer an Bord des Admiralschiffes stattfindenden Berathung nämlich kam es zu sehr lebhaftem Wortwechsel, und da Juan de Carthagena, der den General-Kapitän überhaupt mit einer gewissen Mißachtung behandelte, diesem sehr laut und anmaßend antwortete, sah sich Magellan genöthigt, ihn in den »Bock« spannen zu lassen. Es ist das ein aus zwei übereinander liegenden Hölzern bestehender Apparat mit Oeffnungen, durch welche die Füße des zu bestrafenden Matrosen gesteckt und gefesselt werden. Gegen diese, für einen hohen Officier doch gar zu entehrende Strafe erhoben die übrigen Kapitäne bei Magellan Einspruch und setzten es auch durch, daß Carthagena einfach unter der Bewachung eines anderen Befehlshabers gefangen gehalten wurde.
Auf die Windstillen folgten nun Regengüsse mit plötzlichen Windstößen und wirklichen Stürmen, welche die Fahrzeuge zum Beilegen zwangen. Während dieser Unwetter beobachteten die Seefahrer widerholt eine, ihrer Ursache nach bis dahin unbekannte Erscheinung, welche man als ein Zeichen des besonderen himmlischen Schutzes auffaßte, und die heute noch mit dem Namen »St. Elmsfeuer« bezeichnet wird. Nach Ueberschreitung der Linie – ein Moment, der zu jener Zeit nicht wie in späterer Zeit durch die wunderliche Meerestaufe gefeiert wurde – steuerte man auf Brasilien zu, wo die Flotte am 13. December 1519 in dem herrlichen, heute unter dem Namen Rio-Janeiro bekannten Hafen Santa Lucia vor Anker ging. Es war das übrigens nicht, wie man lange Zeit geglaubt hat, zum ersten Male, daß Europäer diese Bai erblickten. Schon 1511 geschieht ihrer unter dem Namen Cabo-Frio Erwähnung. Bier Jahre vor Magellan’s Ankunft hatte sie Pedro Lopez besucht, auch kamen seit Anfang des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich zu wiederholten Malen Schiffer aus Dieppe hierher, welche von ihren Vorfahren, den Normannen, die Vorliebe für abenteuerliche Seefahrten geerbt hatten und fast überall auf Erden Niederlassungen oder Handelscomptoirs errichteten.
Hier versorgte sich die spanische Expedition sehr billig mit kleinen Spiegeln, Bändern, Scheeren, Schellen und Angelhaken nebst einer Menge Lebensmitteln, unter denen Pigafetta Ananasfrüchte, Zuckerrohr, Pataten, Hühner und Fleisch vom »Anta« (wahrscheinlich Tapir) aufzählt.
Küste von Brasilien. (Facsimile. Alter Kupferstich.)
Die Beobachtungen, welche derselbe Bericht über die Sitten und Gebräuche der Einwohner mittheilt, sind so merkwürdig, daß sie hier Erwähnung verdienen: »Die Brasilianer sind keine Christen, heißt es darin, besitzen aber auch keine Götzenbilder, sondern beten eigentlich gar nichts an; der natürliche Instinct ist ihr einziges Gesetz«.
Juan de Carthagena in den Bock gespannt. (S. 375.)
Es ist das ein interessanter Ausspruch, ein eigenthümliches Geständniß seitens eines sehr zum Aberglauben geneigten Italieners aus dem 16. Jahrhundert, und beweist wiederum, daß die Idee der Gottheit keineswegs eine allgemein angeborne ist, wie es gewisse Theologen behaupten.
Diese Eingebornen werden sehr alt, gehen gewöhnlich ganz nackt und schlafen auf Baumwollnetzen, d.h. in Hängematten, die mit den Enden an Pfählen befestigt werden. Ihre »Canoas« genannten Boote sind aus
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