Die Entdeckung der Erde
machte sich bereit zur Abreise.
Kaum hatte sein Schiff die Anker gelichtet, als von allen Seiten ein Seufzen und Wehklagen anhob. Europäer und Canarier weinten, weil sie diesen »gerechtesten aller Herren« niemals wiederzusehen fürchteten. Eine große Menge derselben lief noch bis an die Schultern in’s Wasser und versuchte das Schiff, welches ihn entführte, zurückzuhalten. Doch die Segel waren einmal gehißt. Herr von Bethencourt reiste ab. »Gott wolle ihn in seiner Gnade vor jedem Uebel und Unfalle behüten und bewahren.«
Nach sieben Tagen langte der normannische Baron in Sevilla an. Von dort begab er sich, um den König zu treffen, nach Valladolid, woselbst ihm ein ausgezeichneter Empfang zu Theil wurde. Er erzählte dem Könige von Spanien die Geschichte seiner Eroberungen und bat ihn gleichzeitig um Empfehlungsbriefe für den Papst, um die Ernennung eines Bischofs der Canarischen Inseln zu erlangen. Der König gab ihm, nachdem er ihn mit Gunstbezeugungen und Geschenken überhäuft, die gewünschten Briefe, und Baron von Bethencourt brach mit glänzendem Gefolge nach Rom auf.
In der Ewigen Stadt angelangt, wohnte der Baron daselbst drei Wochen lang. Er wurde bei Innocenz VII. zum Fußkusse zugelassen; der geistliche Oberhirt beglückwünschte ihn, daß er die unterworfenen Canarier Alle zum katholischen Glauben bekehrt habe, und lobte seinen Muth, sich überhaupt so weit von Frankreich weggewagt zu haben. Dann wurden die vom Baron von Bethencourt erbetenen Bullen ausgefertigt und Albert des Maisons zum Bischof aller Canarischen Inseln ernannt. Endlich verabschiedete sich der Baron vom Papste, der ihm seinen Segen ertheilte.
Der neue Prälat sagte dem Baron Lebewohl und reiste sofort nach seiner Diöcese ab. Er ging dabei durch Spanien, wo er dem Könige einige Briefe Johann’s von Bethencourt übergab. Dann schiffte er sich nach Fortaventura ein, das er ohne Unfall erreichte. Der zum Ritter ernannte ehr-und tugendsame Herr Maciot empfing ihn mit aller gebührenden Hochachtung. Albert des Maisons organisirte unverweilt seinen Sprengel, regierte leutselig und sanftmüthig, predigte häufig bald auf dieser, bald auf jener Insel und führte in den Gottesdienst ein specielles Gebet für Johann von Bethencourt ein. Maciot erfreute sich der Liebe Aller und vorzüglich der Landleute. Freilich dauerte diese schöne Zeit ungetrübten Friedens nur fünf Jahre an. Denn später erlaubte sich Maciot, den seine souveräne Gewalt übermüthig machte, so vielerlei Ueberschreitungen, daß er aus dem Lande verjagt wurde.
Baron von Bethencourt hatte also Rom auch selbst verlassen. Er reiste über Florenz, kam nach Paris, und endlich nach Bethencourt, wo ihn viele Leute als den König der Canarischen Inseln begrüßten. Hatten sich schon bei der ersten Rückkehr des Barons Viele bei ihm eingestellt, so waren es jetzt noch weit mehr, welche damit vielleicht irgend welche geheime Absicht verbanden.
Doch Baron von Bethencourt fühlte sich nun, »schon alt« und richtete sich in Grainville mit seiner Gemahlin, einer noch jugendlichen schönen Dame, häuslich ein. Häufig erhielt er durch seinen Neffen Maciot Nachricht von den ihm so theuren Inseln und hegte immer die Hoffnung, noch einmal nach seinem Canarischen Königreiche zurückzukehren; doch sollte Gott ihm diese Freude nicht gewähren.
Im Jahre 1425 erkrankte der Baron in seinem Schlosse und man erkannte bald, daß er nicht wieder genesen werde. Er machte also sein Testament, empfing die heiligen Sterbesacramente, »und,« so lautet der Bericht, »so ist er aus dem einen Leben in das andere übergegangen. Gott wolle ihm seine Sünden gnädig verzeihen. Er ward begraben in der Kirche von Grainville-la-Teinturière, gerade vor dem Hochaltare der genannten Kirche, und er verschied im Jahre des Herrn eintausendvierhundertundfünfundzwanzig«.
Siebentes Capitel.
Christoph Columbus (1436–1506)
I.
Entdeckung Madeiras, der Insel des Grünen Vorgebirges, der Azoren, Guineas und des Congo. – Bartholomäus Diaz. – Cabot und Labrador. – Die geographischen und commerciellen Bestrebungen des Mittelalters. – Allgemein angenommener Fehler bez. der Entfernung zwischen Europa und Asien. – Christoph Columbus’ Geburt. – Seine ersten Reisen. – Seine abgewiesenen Projecte. – Aufenthalt im Franziskanerkloster. – Er wird endlich von Ferdinand und Isabella bei Hofe empfangen. – Sein Vertrag vom 17. April 1492. – Die Gebrüder Pinzon. – Drei im Hafen von Palos
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