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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Erforschung der jenseits des Eises von Island gelegenen Länder aus.
    Nach glücklicher Beendigung dieser Reise kehrte Christoph Columbus zurück nach Lissabon, das er als ständigen Wohnsitz erwählt hatte. Hier heirathete er die Tochter eines italienischen Edlen, Bartholomeo Muniz Perestrello, ein Seemann wie er selbst und ebenso vertraut mit den geographischen Ideen seiner Zeit. Seine Frau, Donna Felipa, war ohne Vermögen; er selbst besaß nichts; es galt also zu arbeiten, um leben zu können. Der spätere Entdecker der Neuen Welt beschäftigte sich mit der Herstellung von Bilderbüchern, Erdgloben, geographischen Karten und nautischen Plänen, und zwar bis 1484, ohne deshalb jedoch seine wissenschaftlichen und literarischen Arbeiten ganz aufzugeben. Wahrscheinlich wiederholte er während dieser Periode sogar seine früheren theoretischen Studien und eignete sich dabei eine der gewöhnlichen Bildungsstufe der Seeleute sehr überlegene Menge von Kenntnissen an.
    Es ist wohl anzunehmen, daß »der große Gedanke« ebenfalls während jener Zeit zuerst in seinem Gehirn aufkeimte. Christoph Columbus verfolgte eifrig die Discussionen über den Weg nach Westen und die Leichtigkeit der Verkehrsverbindung Asiens mit Europa mittelst desselben. Sein Briefwechsel bezeugt, daß er die Anschauung Aristoteles’ über die verhältnißmäßig kurze Entfernung zwischen den äußersten Enden der Alten Welt vollkommen theilte. Er schrieb häufig an die hervorragendsten Gelehrten des Zeitalters, wie z.B. an den schon erwähnten Martin Behaim, an den berühmten Florentiner Astronomen Toscanelli, deren Ansichten auf die Christoph Columbus’ nicht ohne Einfluß blieben.
    Zu jener Zeit war Christoph Columbus, nach dem Bilde, das der Geschichtsschreiber Washington Irving von ihm entwirft, ein hochgewachsener kräftiger Mann von vornehmer Haltung. Er hatte ein längliches Gesicht, eine Adlernase, etwas hervorstehende Backenknochen, helle feurige Augen und munteren, etwas röthlichen Teint. Er war Christ aus tiefster Ueberzeugung, der den ihm von der katholischen Religion auferlegten Pflichten gewissenhaft nachkam.
    Als Christoph Columbus mit Toscanelli in Verbindung stand, vernahm er, daß dieser auf Verlangen König Alphons’ V. von Portugal dem Letzteren eine Abhandlung über die Möglichkeit, Indien auf dem Wege nach Westen zu erreichen, ausgearbeitet und übergeben habe. Der ebenfalls um seine Meinung befragte Columbus unterstützte mit all’ seiner Autorität die einem solchen Versuche günstigen Anschauungen Toscanelli’s. Zuletzt blieb dieser hoffnungerweckende Anfang doch ohne Resultat, da der von einem Kriege gegen Spanien in Anspruch genommene König von Portugal mit Tod abging, bevor er dazu kam, seine Absichten bezüglich neuer maritimer Entdeckungen durchzuführen.
    Sein Nachfolger Johann II. machte mit Enthusiasmus die combinirten Pläne Columbus’ und Toscanelli’s zu den seinigen. Dabei suchte er freilich – eine Betrügerei, welche die Geschichte brandmarken muß – die beiden Gelehrten des Lohnes ihrer Vorschläge zu berauben und ließ, ohne jene davon zu benachrichtigen, eine Caravelle auslaufen, um die Lösung des großen Räthsels eines über den Atlantischen Ocean führenden Weges nach China zu versuchen. Er machte seine Rechnung aber ohne die Unerfahrenheit seiner Leute, ohne die Witterung, die ihnen so ungünstig wie möglich war, und wenige Tage nach ihrer Abreise schon trieb ein Orkan die Seeleute des Königs von Portugal nach Lissabon zurück.
    Christoph Columbus, mit Recht durch dieses tactlose Vorgehen beleidigt, gewann bald die Ueberzeugung, daß er auf diesen König, der ihn so unwürdig hintergangen, nicht zählen könne. Da er auch Witwer geworden war, verließ er mit seinem Sohne Portugal gegen Ende des Jahres 1484. Man nimmt an, er habe sich zunächst nach Genua, dann nach Venedig begeben, wo seine Projecte der transoceanischen Schifffahrt jedoch kein Entgegenkommen fanden.
    Jedenfalls begegnet man ihm im Laufe des Jahres 1485 wieder in Spanien. Der arme große Mann stand gänzlich mittellos in der Welt. Er reiste nur zu Fuß, wobei er seinen zehnjährigen Sohn oft auf dem Arme trug. Von dieser Periode seines Lebens folgt ihm endlich die Geschichte Schritt für Schritt, verliert ihn niemals aus dem Auge und bewahrt der Nachwelt auch die kleinsten Ereignisse dieses merkwürdigen Lebenslaufes.
    Christoph Columbus befand sich jener Zeit in Andalusien, eine halbe Meile von dem Hafen von Palos.

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