Die Entdeckung der Erde
Entblößt von Allem und vor Hunger dem Tode nahe, klopfte er an die Pforte eines der heiligen Maria von Rabida geweihten Franziskanerklosters, um sich als Almosen ein wenig Brot und Wasser für sein armes Kind und sich selbst zu erbitten.
Der Pater Guardian dieses Klosters, Juan Perez da Marchena, bot dem unglücklichen Reisenden gastfreie Aufnahme an. Er legte ihm verschiedene Fragen vor. Verwunderte sich der Pater schon über die gebildete Sprache, so erstaunte er noch mehr über die Kühnheit der Pläne seines Gastes, als ihm Columbus mitgetheilt hatte, wohin sein Streben ziele Mehrere Monate verweilte der umherirrende Seefahrer in dem gastfreien Kloster Gelehrte Mönche interessirten sich für ihn und seine Projecte. Sie studirten seine Pläne, zogen von erfahrenen Seefahrern weitere Erkundigungen ein und dürfen – es verdient das wohl hervorgehoben zu werden – als die Ersten gelten, welche das Genie Christoph Columbus’ in seinem ganzen Umfange erkannten. Juan Perez that noch mehr; er bot dem Vater an, die Erziehung des Sohnes zu übernehmen, und gab ihm einen dringenden Empfehlungsbrief für den Beichtvater der Königin von Castilien mit. Dieser Beichtvater und Prior des Klosters von Prado genoß das volle Vertrauen Ferdinands und Isabellas; er verstand aber die Projecte des genuesischen Seefahrers nicht gehörig vorzulegen und leistete diesem keinerlei Dienste bei seinem königlichen Beichtkinde.
Noch einmal mußte sich Christoph Columbus in Resignation ergeben. Er ließ sich also in Cordova, wohin der Hof kommen sollte, nieder und griff, um sich den nöthigen Lebensunterhalt zu verschaffen, wieder auf sein Gewerbe als Bildermaler zurück. Findet sich in der Geschichte berühmter Männer eine ebenso prüfungsreiche Existenz als die des großen Seefahrers? Konnte das Schicksal Jemand mit noch härteren Schlägen treffen? Und dennoch verzweifelte dieser große, unbezähmbare und unermüdliche Geist, der allen Prüfungen trotzte, noch immer nicht. Ihn entflammte ein heiliges Feuer, er arbeitete ununterbrochen, besuchte einflußreiche Personen und verbreitete und verfocht auch seine Ideen mit wahrhaftem Heldenmuthe. Endlich gelang es ihm, die Protection des Groß-Cardinals und Erzbischofs von Toledo, Pedro Gonzales de Mendoza, zu gewinnen, und dieser vermittelte seine Vorstellung bei dem Könige und der Königin von Spanien.
Columbus durfte nun wohl hoffen, dem Ende seiner Leiden nahe zu sein. Ferdinand und Isabella nahmen seine Pläne günstig auf, überließen sie jedoch der Begutachtung einer Versammlung von Gelehrten, Prälaten und Geistlichen, welche eben im Dominikanerkloster zu Salamanca stattfand.
Der unglückliche Pfadfinder stand aber noch nicht am Ende seiner Unfälle. Der Ausspruch jener Versammlung fiel gegen ihn aus. Seine Ideen berührten leider auch gewisse, gerade im 15. Jahrhundert besonders leidenschaftlich ventilirte religiöse Fragen. Die Kirchenväter hatten die Annahme einer Kugelgestalt der Erde verworfen, und da dieser Planet darnach also nicht rund war, so widersprach eine Umschiffung desselben dem Texte der Bibel, konnte also logischer Weise gar nicht vorgenommen werden. »Uebrigens, sagten die gelehrten Theologen, sollte es je gelingen, nach der supponirten anderen Hemisphäre hinunter zu kommen, wie wollte man nach der unserigen wieder herauf gelangen?«
Für jene Zeit war das eine sehr schwer wiegende Beweisführung. Columbus kam auch fast in Gefahr, wegen eines, in jenen unduldsamen Ländern unverzeihlichen Verbrechens, nämlich wegen Ketzerei, angeklagt zu werden. Zwar gelang es ihm, sich den drohenden Maßnahmen des Concils rechtzeitig zu entziehen, jedes weitere Eingehen auf seine Projecte blieb aber auf unbestimmte Zeit vertagt.
Lange Jahre verstrichen. Der arme geistreiche Mann hatte, da er in Spanien an jedem Erfolge verzweifelte, seinen Bruder an den englischen König Heinrich VII. abgesendet, um diesem ihre Dienste anzubieten. Wahrscheinlich gab der König gar keine Antwort.
Columbus wandte sich also mit einem neuen Gesuche an Ferdinand. Dieser war aber noch mit dem Vernichtungskriege gegen die Mauren beschäftigt und lieh erst nach deren Vertreibung aus Spanien im Jahr 1492 sein Ohr wieder den Vorstellungen des Genuesen.
Jetzt wurde die Sache reiflicher erwogen. Der König willigte ein, wenigstens einen Versuch zu machen. Hierzu wollte ihm Christoph Columbus aber, wie es stolzen Seelen ziemt, gewisse Bedingungen stellen. Man feilschte mit Dem, der Spanien
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