Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
Wälder bestimmten Typen von Pflanzengesellschaften zuzuordnen.
Die Ergebnisse der Materialsammlung lassen sich tabellarisch zusammenstellen
(Tab. 9–1)
. Die Tabelle zeigt die Elemente in einer mehr oder weniger wahllosen Reihenfolge auf; ihr Rubrizieren berücksichtigt nur, ob sie unter dem Einfluss von Natur stehen, Werke des Menschen oder interpretierende Bezeichnungen sind. Die sichtbaren Elemente lassen sich ferner ihrer Entstehungszeit entsprechend anordnen. Dabei sind Evidenzen zu beachten, die sich aus dem Hintergrundwissen oder der Erfahrung des Beschreibenden ergeben.
Es folgt die Diskussion der Ergebnisse. Die einzelnen Fakten können in Form einer Geschichte (im Sinne von «Story») präsentiert werden. Dabei sind Evidenzen zu beachten, damit eine auchchronologisch plausible Reihenfolge der Präsentation entsteht. Sie ist nicht gegeben, wenn beispielsweise zuerst auf den Fluss oder die Eisenbahnlinie eingegangen wird. Ganz offensichtlich waren andere Elemente der Landschaft zuvor schon vorhanden, als die Entstehung des Flusstals begann, und erst recht, als man die Landschaft für den Bau der Eisenbahnlinie von Dresden nach Prag nutzte.
Abb. 9-2 Elemente der Natur in der Elblandschaft bei Rathen.
Abb. 9.3 Strukturen in der Elblandschaft bei Rathen, die vom Menschen geschaffen oder verändert wurden.
Abb. 9-4 Interpretierende Bezeichnungen für Elemente der Elbtallandschaft bei Rathen.
In der Darstellung der Landschaft kann zunächst auf die Entstehung der Gesteine (Sedimentation und Lithogenese) eingegangen werden. Die Ansammlung von Materie, die anschließend zu Gestein werden konnte, war nur in einer Senke möglich, entweder in einem Gewässer oder in einer trockenen Niederung. Lockeres Sediment wurde durch Druck weiterer, später darauf abgelagerter Materialmassen in langer Zeit zu Gestein verfestigt. Das Gestein wurde dann ganz offensichtlich angehoben, so dass ein Bergland entstand, das heute zu sehen ist. Dieser Prozess wird als Gebirgsbildung oder Epirogenese bezeichnet. Jedes Gebirge war und iststets der Verwitterung und dem Abtrag von Gestein ausgesetzt. Dabei erhielt es seine heutige Oberfläche. Isolierte Tafelberge, deren Hochflächen aus besonders hartem Gestein bestehen, und steile Abhänge und schroffe Felsen aus weniger stabilem Stein an ihren Seiten wurden allmählich aus einer Hochfläche herauspräpariert; die Gesteinsmassen zwischen ihnen wurden nur bis zur nächsten harten Gesteinsschicht abgetragen, die die Oberfläche der sogenannten Ebenheiten, der Hochflächen, bildet.
Tab. 9-1 Materialsammlung mit Elementen der Elbtallandschaft bei Rathen.
In die Ebenheiten des Berglandes schnitt sich der Fluss ein. Alfred Hettner, einer der Begründer der modernen Geographie, hat diesen Vorgang in seiner 1887 publizierten Habilitationsschrift dargestellt. [78] Dabei verglich er das Elbtal mit nordamerikanischen Landschaften: Ähnlich wie bei den Niagara-Fällen bestand einmal ein Wasserfall an einer Geländestufe nördlich des Elbsandsteingebirges, an dem die Elbe von dem Niveau der Ebenheiten auf das Niveau des Gebirgsvorlandes fiel. Anschließend verlagerte sich dieser Wasserfall durch rückschreitende Erosion des Fließgewässersin südliche Richtung, und schließlich bildete sich ein Verlauf des Flusses von Böhmen nach Sachsen mit einem nur geringen Gefälle heraus. Der Fluss schnitt sich anschließend nicht mehr weiter in den Untergrund ein. Das von der Elbe durchflossene Tal verglich Hettner mit einem Canyon. Er verwendet die spanische Schreibweise: «... ein Blick auf die schönen Abbildungen der Cañons genügt für den Kenner der sächsischen Schweiz, um die Thäler dort und hier demselben Typus zuzuweisen.» [79] Hettner übertrug damit den Begriff einer Typusregion auf ein anderes Gebiet; ein Leser seines Werkes hatte so nicht nur die konkrete Landschaft an der Elbe vor Augen, sondern auch die Bilder von damit verglichenen Lokalitäten, der Niagara-Fälle und der Canyons im Coloradogebiet.
Vor allem an den Prallhängen des gewundenen Gewässers entstanden durch Abtrag von Gestein weitere steil aufragende Felsen. Die Flussschlinge verlagerte sich im Lauf der Zeit in Richtung des Prallhanges am rechten Flussufer, das links auf dem Bild zu sehen ist. Dass er sich in der Zeit seit der Entstehung des Canyons nur um ein kleines Stück verlagert hat, hängt mit dem Umstand zusammen, dass sich der Fluss nicht mehr weiter in den Untergrund einschneiden kann. Sukzessive brechen
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