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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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vor allem in Nordfriesland und am Jadebusen gingen infolge von Deichbrüchen bei Sturmfluten weite Ländereien verloren. Man verwies auf Stolz und Hochmut der überaus reich gewordenen Marschbauern, die mit Sturmflutkatastrophen bestraft wurden.
    Abb. 13-13 Zum Bau eines Haubargs (hier der Rote Haubarg auf der Halbinsel Eiderstedt bei Husum) reichte wenig Holz aus.
    Trotz aller Überflutungen entwickelten sich die Marschgebiete zu besonders reichem Bauernland. Beim Handel, nun nicht nur mit tierischen Produkten, sondern auch mit Getreide und anderen Kulturpflanzen, erzielten die Marschbauern, die nicht in eineDreifelderwirtschaft oder einen Flurzwang eingebunden, sondern frei waren (und sich daher als «Friesen» bezeichneten), erhebliche Gewinne. Viele von ihnen waren bereits in früher Zeit freie Unternehmer. Sie gelangten nicht nur an Holz zum Hausbau und an Brennholz, sondern an zahlreiche weitere Produkte: Taufsteine aus der Eifel und Skandinavien, [128] kunstvolle Schnitzaltäre, Möbel, später Orgeln, Gewürze, Tee und Delfter Kachelöfen. Mit relativ wenig Holz konnte man große Bauernhäuser errichten, sogenannte Gulfhäuser und – als eine Sonderform davon – den Haubarg
(Abb. 13–13):
Einige wenige mächtige Nadelholzstämme, die man oft aus Skandinavien holte, indem man sie im Schlepptau eines Schiffes durch das Meer zog und sie dabei imprägnierte, reichten zur Konstruktion eines Gerüstes aus, auf das man das Dach legte. In der Mitte des Hauses befand sich ein großer Stauraum für die Ernte, seitlich lagen Wohnungen und Ställe.
Gärten
    Überall wo Siedlungen dauerhaft bestanden, lohnte sich die Anlage von Gärten. Gartenböden brauchten einige Jahre oder gar Jahrzehnte, bis sie ihre volle Fruchtbarkeit entfalteten und reiche Erträge an Gemüse oder Gewürzen brachten. Obstbäume lieferten erst nach mehreren Jahren reichlichen Ertrag. In einigen Regionen verlegte man sich auf Spezialkulturen, beispielsweise den Anbau von Wein oder Hopfen. Vorbedingung dafür, mit dem Anbau einer Spezialkultur zu beginnen, war das Bestehen eines Handelsnetzes. Beim Anbau von Wein konnte man Überschüsse erzielen, die man gegen Korn und andere Grundnahrungsmittel tauschte
(Abb. 13–14)
. Die Verbindung von Spezialkulturen mit Handel verweist darauf, dass Weinanbau vor allem von Siedlungen aus betrieben wurde, die einen eher städtischen Charakter aufwiesen. Viele dieser Siedlungen kann man als Ackerbürgerstädte bezeichnen; gute Beispiele findet man vielerorts in Frankreich oder in den südwestdeutschen Weinbaugebieten. Es gab zwar sicher auch Gärten in Dörfern, besonders große Bedeutung hatten sieaber in Städten (etwa vor den Stadtmauern) oder im Umkreis von Klöstern.
    Abb. 13-14 Die Anlage eines Weinbergs war nur in einer langfristig genutzten Region mit einem stabilen Handelsnetz möglich (Hessigheimer Felsengärten am Neckar).
Mühlen
    Sowohl in der Nähe von ländlichen Siedlungen als auch bei Klöstern, Burgen und Städten lagen Mühlen. Von ländlichen Siedlungen waren sie in der Regel ein Stück weit entfernt. Das ergab sich zunächst einmal aus der Ökotopengrenzlage der ländlichen Siedlung am halben Hang der Täler. Dörfer lagen weder direkt an einem Bach, der eine Wassermühle antrieb, noch auf einer Anhöhe, wo man eine Windmühle betreiben konnte. Die abgesetzte Lage der Mühle erwies sich als zweckmäßig, weil es immer wieder zu Bränden in heiß gelaufenen Lagern der Mühle kam; Bauernhöfe eines Dorfes ließen sich vor Feuer bewahren, wenn sie in gehörigem Abstand zur Mühle errichtet worden waren.
    Wo das Gefälle eines Fließgewässers zum Betrieb einer Wassermühle nicht ausreichte, staute man Wasser hinter einem Damm zu einem Mühlteich oder Mühlweiher.
    Burgherren boten das Mahlen von Getreide in der Burgmühle als Dienstleistung an. Unter anderem auf diese Weise kamen Burgbewohner zu ihrem Lebensunterhalt: Sie behielten einen Teil des gemahlenen Korns oder erhielten Geld für die Aufbereitung des Getreides.
Städte und Klöster
    Einige Städte und Klöster Mittel- und Westeuropas entstanden bereits in früher Zeit. Die meisten von ihnen wurden aber erst gegründet, nachdem sich eine Basis ländlicher Siedlungen entwickelt hatte, von der aus sie versorgt werden konnten. [129]
    In viele Klosteranlagen waren Mühlen integriert, und auch in den Städten oder an deren Rand lagen Wassermühlen. Daher wurden die meisten Städte unmittelbar am fließenden Wasser gegründet. Wo das

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