Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
Acker und Feld also nicht die gleiche Bedeutung: Ein Feld bestand aus vielen Äckern. Insgesamt gab es um das Dorf herum mehrere Felder, meistens drei von ihnen. Auf ihnen musste Flurzwang herrschen, das heißt, alle Bauern mussten auf allen Äckern identische Pflanzenarten anbauen. Weil es nämlich keine Wege zwischen den schmalen Äckern gab, mussten die Kulturen alle zur gleichen Zeit bestellt und geerntet werden, und dabei mussten Erntewagen auch auf den bereits abgeernteten Äckern des Nachbarn abgestellt werden können. Der Flurzwang wurde vom Grundherrn überwacht. Oft wird er so beschrieben, als habe es sich um eine Schikane gehandelt. Doch er war notwendig, um die Äcker bestellen zu können.
Die drei Felder wurden unterschiedlich bewirtschaftet. Auf einem davon wuchs Winterkorn, das im Herbst ausgebracht und im folgenden Sommer geerntet wurde. Ein zweites Feld wurde im Frühjahr mit einer Sommerfrucht bestellt und ebenfalls im Sommer geerntet, allerdings ein wenig später als das Wintergetreidefeld. Auf diese Weise waren die Tätigkeiten auf den Feldern mit einer geringeren Zahl an Arbeitskräften zu leisten. Das dritte Feldblieb brach liegen. Dort kam es zu einer Regeneration des Bodens, und zwar dadurch, dass Unkraut in die Höhe wuchs und Mineralstoffe aus dem Boden löste. Wenn man diese Pflanzen unterpflügte, gewann man für das kommende Jahr, in dem das Feld wieder bearbeitet werden sollte, zusätzliche Pflanzennährstoffe. Brachland wurde auch beweidet und dabei gedüngt. Im folgenden Jahr kam es zu einer Rotation, zu einem Fruchtwechsel. Auf dem Winterfruchtfeld wurde im folgenden Jahr eine Sommerfrucht angebaut, im dritten Jahr blieb es brach liegen. Eine solche Fruchtwechselwirtschaft wurde Dreifelderwirtschaft genannt.
Abb. 13-7 Terrassiertes Gelände an einem steilen Berghang wurde als zusätzliches Ackerland oder als Weinberg genutzt (Visperterminen/Wallis).
Um zusätzliche Äcker anzulegen, terrassierte man Hänge, vor allem Südhänge, extrazonale Standorte, die stark von der Sonne beschienen wurden. Dort erzeugte man nahezu ebene, schmale Ackerstreifen, zwischen denen steiler geneigte Böschungen lagen
(Abb. 13–7)
.
Wiesen
Unterhalb des Dorfes wurden Wiesen bewirtschaftet. Wiesen sind von Weiden zu unterscheiden: Weiden werden von Haustieren abgeweidet, Wiesen zur Gewinnung von frischem Grünfutter oder von Heu gemäht, das zur Konservierung getrocknet wurde. Bei jeder Mahd wurden den Standorten gemeinsam mit der Grünmasse zahlreiche Mineralstoffe entzogen. Sie mussten den Böden durch Düngung zurückgegeben werden; andernfalls ließen nach wenigen Jahren der Wiesennutzung die Erträge erheblich nach. Dünger aus dem Stall stand nur für die Äcker zur Verfügung. Daher brauchte man eine andere Form von Düngung für die Wiesen. Man leitete Wasser aus Bächen auf das Grünland; entweder lenkte man es vom Bach in einen Kanal, der fast eben am Talhang entlanggeführt wurde; von ihm aus ließ man dann das Wasser hangabwärts zurück in den Bach laufen
(Abb. 13–8)
. Oder man überstaute ganze Wiesenflächen. Dabei gelangten Mineralstoffe aus dem Wasser auf die Grünlandstandorte. [125]
Allmenden oder Gemeine Marken mit Weideland und Wald
Die drei Felder des Ackerlandes und die Wiesen bildeten den Innenbereich der Wirtschaftsflächen eines Dorfes, in dem das Land als Besitz einzelnen Bauernhöfen zugeordnet war. Dieser Innenbereich war von einem äußeren Bereich einer Gemeinen Mark oder Allmende umgeben, der von allen Mitgliedern einer Dorfgemeinschaft gemeinsam genutzt wurde, und zwar sowohl als Weideland als auch zur Gewinnung von Holz. Auch mobile Tierhalter ließen ihre Tiere auf solchen Flächen grasen. Die Bewirtschaftung Gemeiner Marken wurde innerhalb eines Staates nicht wesentlich neu organisiert. Die dortigen Landschaften mögen ähnlich ausgesehen haben wie unter den Bedingungen einer Landnutzung außerhalbdes Staates, die von immer wieder verlagerten Siedlungen ausging. Doch die Nutzungsintensität der Allmenden stieg erheblich an, auch dadurch, dass sie nun dauerhaft genutzt wurden. Typisch für Allmenden war ein allmählicher Übergang zwischen stärker beweideten Flächen und dichterem Wald, wobei Wald tendenziellimmer weiter zurückgedrängt wurde. Bereiche stärkerer Beweidung waren arm an Gehölzen, sie wurden als Heide oder Trift bezeichnet. Mehr Bäume standen im ebenfalls beweideten Hudewald. Weil hier nur wenige Bäume in die Höhe kamen, konnten sie sich in
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