Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
die Breite entwickeln und ästhetisch reizvolle Formen annehmen.
Abb. 13-8 Überrest einer Wiesenbewässerungsanlage bei Blasiwald/Schwarzwald. Auf den berieselten Flächen wächst das Gras erheblich rascher.
Abb. 13-9 Immer wieder auf den Stock gesetzter Niederwald, der danach wieder austreibt (Reher Kratt bei Itzehoe).
Unterschiedliche Formen der Holznutzung ließen verschiedene Typen von Wäldern entstehen: Niederwälder wurden regelmäßig geschlagen und auf den Stock gesetzt, wie man sagte. Die Bäume trieben nach dem Schlagen wieder aus. Ihre Stämme kamen aus den Baumstümpfen nicht gerade, sondern gebogen in die Höhe. Nach wenigen Jahrzehnten konnte man die Gehölzpflanzen erneut schlagen. Krumm gewachsenes Holz diente als Brennholz; es wurde aber auch in Fachwerk oder Schiffsspanten eingebaut, wenn man gebogene Hölzer brauchte. Mit Kleinholz aus dem Niederwald füllte man Gefache von Fachwerkhäusern aus
(Abb. 13–9)
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Abb. 13-10 Im Fachwerkbau fanden krumm oder unregelmäßig gewachsene Holztriebe Verwendung. In allen Laubwaldgebieten entstanden Fachwerkhäuser.
Wollte man zusätzlich Tiere in einem derart genutzten Wald weiden lassen, schlug man die Stämme zwei bis drei Meter über dem Boden ab. Dann trieben die Bäume in einer Höhe wieder aus, die von weidenden Tieren nicht erreichbar war.
Man konnte Wälder so bewirtschaften, dass man sowohl Brennholz als auch einigermaßen gerade gewachsenes Bauholz gewann. Dazu ließ man einzelne Eichen in die Höhe wachsen und schlug unter ihnen aufkommende weitere Gehölzpflanzen wie im Niederwaldbetrieb. Ein solcher Wald wird als Mittelwald bezeichnet. Mit Eichenstämmen aus einem Mittelwald konnte man keine massiven Holzhäuser errichten, auch eine Verbretterung von Giebeln war nicht möglich. Denn völlig gerade gewachsen waren diese Eichen nicht. Fachwerkbauten ließen sich mit solchem Holz aber errichten; die Unregelmäßigkeiten im Wachstum der Laubbäume konnte man durch die Füllungen der Gefache mit Kleinholz, Flechtwerk, Lehm oder auch Ziegeln ausgleichen, so dass dieWände eines solchen Hauses dicht waren. In allen Laubwaldgebieten findet man Fachwerkhäuser
(Abb. 13–10)
.
Abb. 13-11 Aus Holz von Fichten, Tannen und Kiefern baute man massive Holzhäuser, oder man verbretterte Teile der Gebäude. Nadelholz ließ sich auch zu Schindeln verarbeiten (Freilichtmuseum auf der Clentleiten in Oberbayern).
Nadelbäume lassen sich nicht im Nieder- oder Mittelwaldbetrieb bewirtschaften; sie müssen nach dem Holzeinschlag aus Saat neu in die Höhe wachsen. Voll entwickelte Hochwälder blieben nur in entlegenen Regionen erhalten, die nicht zur regelmäßigen Weide- oder Holznutzung aufgesucht wurden. Ihr Holz wurde vor allem dann genutzt, wenn Stämme ausgewachsen waren. Kapitale Nadelbaumstämme aus solchen Wäldern wurden zu Flößen gebunden und auf dem Wasser zu Orten des Holzmangels verfrachtet, besonders in die rasch wachsenden Städte in den Küstenländern, in die Niederlande, nach Hamburg oder Venedig. In Gegenden, in denen es viele gerade gewachsene Nadelbäume gab, errichtete man massive Holzhäuser, verbretterte Giebel und deckte auch Dächer mit Schindeln: im Osten Europas, in Gebirgsgegenden wie den Alpen und dem Schwarzwald
(Abb. 13–11),
inNordeuropa. Der einzige Laubbaum, dessen Holz sich zum Bau eines Blockhauses eignet, ist die Erle. Aus ihrem Holz baute man Häuser in ausgedehnten Moorgebieten wie dem Spreewald und rings um das Steinhuder Meer. Stets gibt es eine sehr gute Korrelation zwischen den Wäldern eines Gebietes und der Bauweise der Häuser. Massive Holzhäuser gibt es nur in Gegenden mit Nadelwäldern und Erlenbrüchen, Fachwerkhäuser in Laubwaldgebieten.
Weil Siedlungen dauerhaft besiedelt und in der Regel nicht mehr aufgegeben und Wälder sehr viel intensiver genutzt wurden als zuvor, gab es keine Sekundärsukzessionen von Wald mehr. Einige Baumarten konnten die immer wiederkehrende Nutzung nicht vertragen, vor allem die Buche. Sie breitete sich nun nicht mehr weiter aus, und ihre Bedeutung in vielen Wäldern ging zurück. Dagegen wurden ausschlagfreudige Gehölze dank der regelmäßig wiederkehrenden Nutzung häufiger, darunter Eichen und vor allem Hainbuchen.
Sonderformen der Landnutzung
Es gab zahlreiche abweichende Formen der Landnutzung. In einigen Straßendörfern und Siedlungen, die ihnen ähnelten (Waldhufensiedlungen, Hagenhufensiedlungen, Moorhufensiedlungen) gab es keine Dreifelderwirtschaft und
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