Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)
an anderer Stelle. Übrigens: Wie wir feststellen werden, wird für die Existenz von Teilchen nicht einmal mehr erforderlich sein, dass sie real sind! Auch dieses Paradoxon werden wir aufklären.
Der Teilchen-Zoo
Nun werden die meisten Menschen das Gefühl bekommen, Neuland zu betreten, denn auf der Ebene der Protonen, Neutronen und Elektronen (Letztere sind viel kleiner als Protonen; man vermutet sogar, dass sie punktförmig sind) wurde mithilfe von Experimenten ein regelrechter »Zoo« weiterer Teilchen gefunden. Dieser besteht aus rund 100 verschiedenen Objekten mit vielen bunten Eigenschaften.
Es zeigten sich Teilchen, die fast überhaupt nicht mit dem Rest des Universums reagieren und in gigantischer Anzahl in jeder Sekunde durch die Erde und unsere Körper strömen. Ihre unglaubliche Neutralität verlieh ihnen den Namen Neutrino. Darüber hinaus entdeckte man Teilchen, die um ein Vielfaches leichter oder schwerer als Protonen und manchmal sogar zweifach positiv geladen sind. Einige dieser Objekte scheinen besonders schwere Elektronen zu sein. Verbände sich ein solches sehr schweres Elektron mit einem Proton, so würde das Proton eher um das Elektron kreisen als umgekehrt. Zudem sind Objekte aller Variationen hinsichtlich Ladung, Größe und Gewicht aufgetaucht, die in ihrem Verhalten weder an Protonen noch an Neutronen oder an Elektronen erinnern. Man fand sogar eine ganz neue Art von Materie, die in gewissem Sinne eine gespiegelte oder umgedrehte Version des Materials ist, aus dem unsere Welt besteht: die Antimaterie. Es gibt zu jedem Teilchen einen spiegelverkehrten Partner, der sich in vielen seiner Eigenschaften »umgekehrt« verhält.
Der Spiegelpartner des Protons ist das Antiproton, das genauso schwer und groß wie das Proton, aber negativ geladen ist. Das Elektron korrespondiert mit dem positiv geladenen Positron. Positron und Antiproton können Verbindungen eingehen: So lässt sich im Labor zum Beispiel Antiwasserstoff erzeugen und untersuchen. Die Positronen-Emissions-Tomografie ist sogar ein Beispiel für eine medizinische Anwendung von Antimaterie. Mit diesem exotischen Material lassen sich ganz normale Strukturen aufbauen. Einziges Problem: Kommen Materie und Antimaterie zusammen, so verwandeln sie sich unter einer enormen Lichtexplosion in Energie. Deswegen gehört diese »Spiegelmaterie« auch nicht zu unserer »Welt«. Man vermutet, dass sie am Anfang des Universums zerstrahlte. Es scheint so zu sein, dass es glücklicherweise mehr Materie als Antimaterie im Universum gab, sodass unser sichtbares Universum übrig blieb. Die Ursache dafür ist übrigens noch nicht herausgefunden. Last but not least wurden Teilchen identifiziert, die unsere Sicht darauf, wie Kräfte funktionieren, revolutioniert haben.
Die Unbeständigkeit des Seins
Die auffälligste Eigenschaft, die fast alle »Zoobewohner« teilen, und der Grund, warum sie nicht zu unserem Alltag gehören, ist, dass sie bei Weitem nicht länger als einen Wimpernschlag »leben«. Sie zerfallen innerhalb von bis zu 10 –24 Sekunden in andere Teilchen, die wiederum in andere Teilchen zerfallen. Das vollzieht sich so lange, bis am Ende nur noch stabile Elemente übrig sind. Die meisten dieser stabilen Teilchen kennen wir: Es sind genau die Bausteine, die unseren Alltag ausmachen: Protonen, Neutronen und Elektronen. Der Prozess des Zerfallens ist seltsam und lässt sich nur schwer veranschaulichen. Trotzdem ein Beispiel: Man stelle sich vor, wie das Pausenbrot eines Schulkinds in einem starken Lichtblitz plötzlich in einen Schokoriegel und – sofort im Anschluss – in einen Apfel überginge. Nun vergegenwärtige man sich noch das Gesicht des Schulkinds während beider Übergänge – dann weiß man, wie sich ein Physiker in Anbetracht der Ergebnisse seiner Experimente fühlt. Wir wissen oft nicht, wieso gewisse Dinge im Universum möglich sind, aber wir wissen, dass sie passieren. Man darf sich an dieser Stelle zu Recht fragen, was das nur für ein seltsamer und unbeständiger Stoff sei, aus dem unsere Welt gemacht ist.
Leider wissen wir das nicht. Doch es gibt eine Antwort auf die Frage, wie heutzutage immer noch exotische Materieformen in unserem »langweiligen« Universum entstehen können.
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