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Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Titel: Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Regeln von gutem Journalismus einhalten? Schneider und Raue beziehen hierzu deutlich Stellung: »Diejenigen Journalisten aber, die um ihre Leser oder Hörer kämpfen müssen, weil sie bei Privatsendern, Boulevardzeitungen oder überflüssigen Zeitschriften arbeiten – sie liefern überwiegend auch nicht gerade das, was sich als gescheite Information einstufen ließe.«
    Zurück zu unserem Higgs-Boson und der Berichterstattung darüber: Hieße das »Gottesteilchen«, wie es in den Medien reißerisch genannt wurde, deshalb so, weil es Materie gottgleich entstehen ließe, so handelte es sich tatsächlich um ein Wunder. Das »gottverdammte Teilchen«, wie es der Physiker Leon Lederman einst scherzhaft genannt hatte, hat hingegen nichts mit Zauberei zu tun. Hinter dem Prozess der Materieentstehung und der Rolle des Higgs-Bosons dabei stehen sehr komplizierte Prozesse, die wir in diesem Buch aufzeigen wollen. Diese Prozesse sind teilweise so komplex, dass sich auch die besten Physiker schwertun damit, sie verständlich darzulegen. In den gängigen Massenmedien hingegen wurde schon am Tag der Bekanntgabe ein Mischmasch von wissenschaftlichen Fakten und allen möglichen Spekulationen und Scheinlösungen – so war etwa gar von der Entdeckung der Dunklen Materie die Rede – zur Thematik verbreitet. Die physikalischen Prozesse, die beim Experiment am LHC stattfanden, wurden in diesem Zusammenhang kaum behandelt. Dazu hätte es ja intensiver Recherche und soliden Vorwissens bedurft. Allenfalls erfuhren die Leser, dass die Suche nach dem Higgs-Teilchen halt recht abenteuerlich war. Es wurde versucht, mit an Titel von Science-Fiction-Romanen erinnernden Überschriften dem Ganzen einen wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen, damit die Geschichte spannender wird.
    Natürlich, der Teilchenbeschleuniger ist ein beeindruckendes Konstrukt, atemberaubend und von bezaubernder technischer Schönheit. Wird dieses Meisterwerk menschlichen Erfindergeistes jedoch nicht seiner Größe beraubt, wenn man es mit weit hergeholten Science-Fiction-Ideen in Verbindung bringt? Vom »Tor zu einer anderen Welt« war beispielsweise zu lesen. Dieser Titel einer Folge einer Science-Fiction-Serie (»Commander Perkins«) kann nur in einem sehr weitläufigen Sinn auf die Entdeckung des Higgs-Teilchens angewandt werden. Eine Schlagzeile dieser Art ist schlichtweg irreführend, sofern im Fließtext nicht sehr genau auf ihren Symbolgehalt eingegangen wird. Das Gleiche gilt für eine Überschrift wie »Das Geheimnis um die Antimaterie gelüftet«. Andere Medien behaupteten, dass das Graviton entdeckt wurde. Das ist bestenfalls peinlich. Selbstredend verkaufen sich solche Schlagzeilen gut. Aber inwiefern kann das noch als neutrale Berichterstattung verstanden werden? Es heißt, Hunde, die bellen, beißen nicht. Genauso steht es denn auch um Wissenschaftsjournalismus dieser Art. Es wird laut geschrien, aber der Biss fehlt.
    Im Rahmen der Entdeckung des Higgs-Teilchens hat die moderne Wissenschaft den Medien zufolge also angeblich das Mysterium um die Antimaterie gelüftet, das Teleportieren erfunden, Hologramme entwickelt, Aliens auf dem Radar – und nebenbei soll die Menschheit gar regen Kontakt mit Engeln pflegen. Im Grunde hat jede dieser Schlagzeilen sogar einen wahren Kern. Einerseits wissen wir nämlich nur sehr wenig und können deshalb auch viel behaupten. So können wir nur etwa fünf Prozent dessen, was wir beobachten, auch einigermaßen erklären. Über einen beträchtlichen Teil der Materie im Universum vermögen wir überhaupt nichts zu sagen – daher der Name »Dunkle Materie«. Und wohin die Antimaterie verschwunden ist oder warum es von ihr wohl weniger gab, wird so schnell nicht gelöst werden.
    Und andererseits geschehen in der Wirklichkeit Dinge, die an Science-Fiction erinnern. So ist es zum Beispiel tatsächlich gelungen, einen Datensatz zu teleportieren. Dies erfordert allerdings eine so enorme Rechenleistung, dass es aus wissenschaftlicher Sicht auf Materie wohl niemals angewandt werden kann. Nach den Lehren der Stochastik gilt es doch eher als sehr unwahrscheinlich, dass die Erde der einzige Planet mit Lebewesen ist. Wissen können wir es allerdings nicht. Und was die Hologramme angeht – nun ja, es ist gelungen, auf um 45 Grad geneigte Bildschirme dreidimensional wirkende Figuren zu projizieren. Das Higgs-Teilchen hat damit aber gar nichts zu tun. Ob Engel uns zu dieser Erkenntnis verhalfen, möge dahingestellt bleiben. Der

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