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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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musste, sagte er sich, dass er hier richtig war. Einmal im Gebäude, schritt er durch die Halle, und da niemand ihn ansprach, entspannte er sich.
    Er war da.
    An der Tür zum Vortragssaal sprang sein Gefühl in den Hals und mit dem Blick auf die steilen Ränge zwischen Hals und Brust hin und her: Er war wirklich da. Es gab diesen Saal, die Sitzbänke für das Publikum, den Tisch mit Utensilien. Es gab zwei dicke
Kabel, die durch den Boden in den Keller geführt waren, wo eine Batterie aus zweitausend Plattenpaaren stand, wie jedermann wusste. Es gab Glasflaschen in den verschiedensten Größen und Formen.
    Ganz in der Nähe musste auch Davy sein, der mit Lachgas Schmerzen linderte und neue Wahrnehmungen ermöglichte, der mit den großen Dichtern umging, Southey und Coleridge verehrten ihn. Er verstand Unsichtbares und machte es anderen verständlich. Er betörte Frauen wie Männer. Er hatte sich auf heute Abend vorbereitet, um ihnen allen etwas darzubieten, das neu sein würde und das fortan unter ihnen bleiben würde. Er hatte allen viel zu geben.
    Und Faraday war hier. In London, seiner Stadt. Er war nur eine Meile von seinem Buchladen entfernt. Was sollte denn Zufall daran sein, dass ausgerechnet er jetzt hier war? Er wollte sich das nicht fragen, suchte sich einen Platz. Dann sah er auch George Dance, der bloß andeutend herübergrüßte, damit es erledigt war.
    Davy kam, man muss sagen: Er rauschte herein.
    Er sprach einfühlsam vom Sturm, der gestern in Plymouth nicht weniger als zwei Dutzend Personen auf vor Anker liegenden Schiffen verletzt oder das Leben gekostet hatte. Ein Seemann war im Hafen von Hamoaze auf dem Topmast der Salvador del Mundo gewesen, als er vom Blitz getötet wurde. Man gedachte der Toten.
    Dann sprach Davy vom Licht. Er versandte Licht quer durch den Raum und spiegelte es. Standen mehrere Spiegel in bestimmten Winkeln zueinander, so verschwand das Licht auf dem Weg zwischen ihnen, statt sich immer weiter zu spiegeln.
    »Rätselhaft«, sagte Davy, der umhersprang und Licht brach und über Wärme redete. Er spaltete Licht in einem Kristall in seine schönen Farben auf und warf sie an die Wand und strahlte. Er spaßte und war galant zu den Frauen, entschuldigte sich charmant bei den Männern dafür, zeigte, dass es einen Zusammenhang zwischen Licht und Wärme gab, denn eine schwarze Fläche wurde im Licht warm, eine weiße nicht, ein Spiegel schon gar nicht. Bei jeder abgegebenen Erklärung gab er selbst Wärme ab, ließ sich von der Plausibilität seiner Argumentationen begeistern und fragte gerne und oft: »Ist das nicht wunderbar?«
    Schließlich sprach er über Sir Isaac Newton und seine Idee vom Licht: »Licht ist ein Strahl aus Teilchen.« Schließlich sei der Schatten scharfkantig, der Lichtstrahl also gerade wie Regen bei Windstille oder der Schuss aus dem Gewehr eines Scharfschützen. Alle dachten an den Franzosen, der Nelson getötet hatte, denn Scharfschützen hatte es vorher nicht gegeben. Davy fuhr unbeirrt und durchdringend damit fort, dass die Geschwindigkeit des Lichts nicht unendlich, sondern endlich sei, wie es nur für Körper gelte.
    »Nur Huygens«, holte er dann mit sichtbarer Freude aus, »meinte schon immer etwas anderes.« Und man lebe nun in diesen Zeiten, in denen Widerspruch zu einer solchen Mode geworden sei, dass nicht mal Newton verschont bleibe: »Huygens hat jetzt viele neue Anhänger gefunden. Sie wenden zum Beispiel ein, dass besonders der gerade Strahl gegen Teilchen spreche, denn auf dem weiten Weg von der Sonne durch das Weltall und die Atmosphäre bis durchs Fenster hier auf diese Hand zu kommen, ohne an etwas zu stoßen«, Davy hatte die linke Hand erhoben, auf die er mit der rechten zeigte: »Das ist doch sehr unwahrscheinlich, oder?«
    Er strahlte: »Vor allem, wenn sich jedes Lichtteilchen inmitten von vielen anderen parallel fliegenden Lichtteilchen befindet und die Kollision eines einzigen mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand, einem Teilchen der Luft etwa oder einem anderen Lichtteilchen, sofort große Unordnung und mehr stiftet.«
    So seien die Gegner Newtons der Meinung, die Lichtteilchen müssten sich schon durch Abermillionen von Kollisionen immer auch in den Bereich bewegen, in dem aber nun mal Schatten sei.
    »Plötzlich muss man also erklären«, sagte er strahlend, »woher der Schatten kommt!«
    Die Anhänger von Huygens hätten nun erklärt, dass sehr schnelle, sehr kurze Wellen bei einem Objekt, das viel größer sei als die

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