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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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Länge der Welle, nie in den Schatten einträten. »Und es stimmt«, sagte er, »die Wasserwellen einer Ente kommen um ein Dampfboot nicht herum, die Wellen eines anderen Dampfbootes schon.« Licht müsse also wohl eine Welle sein und kein Teilchen, das niemals ewig geradeaus fliegen könne.
    Um Faraday herum wurde es unruhig.
    »Nur«, strahlte Davy tatsächlich noch mehr: »Was wissen wir schon über das Lichtteilchen? Schnell ist es. Gut. Aber wie klein? Und wie leicht?« Und wie sehr der Nebel Streulicht erzeuge, wüssten doch die Londoner auch zu gut.
    Er freute sich über das aufkommende Gelächter, dämpfte es aber mit einer waagerecht ausgestreckten Hand schnell und stellte wieder vollständige Ruhe her: »Und wie war das noch mal unter Wolken?« Er ging zum Fenster und sah in den verhangenen Himmel. »Unter Wolken kann ich nicht mal den Sonnenstand ausmachen.«
    Gelächter.
    Newtons Gegner hätten nun trotzdem unbeirrt festgestellt, wie viel dafür spräche, dass Licht aus Wellen gemacht sei, ähnlich wie man sie vom Schall in der Luft, Wasser oder Metall kenne. Tatsächlich, und jetzt wurde er ganz ruhig und ernst, gebe es schon das eine oder andere gut klingende Argument: »Ein Haar zum Beispiel, Ladies and Gentlemen, ein Haar können Sie mit bloßem Auge sehr gut sehen.«
    Er ging in den Mittelgang, stieg ein, zwei Stufen hoch und graste das Publikum nach Blickkontakten ab: »Aber einen Schatten ... einen Schatten hat es nicht.« Er drehte und ging wieder hinunter und sagte sehr laut: »Was Sie auch anstellen mit Ihrer Lichtquelle, die natürlich nicht breiter sein darf als ein Haar, denn sonst leuchten Sie von links und rechts hinter das Haar«, er hatte sich wieder dem Publikum zugewandt: »Niemals bekommen Sie vom Haar einen geometrischen Schatten.«
    Der erste Eindruck könne eben sehr täuschen, erklärte er langsam, ließ sich Zeit und setzte dann nach: »Hinter einem Haar sieht die Welt anders aus, sie ist nicht gerade.«
    Er wolle beim nächsten Mal genauer zeigen, dass das dem Lichtteilchen gar nichts anhabe.
    »Heute zeige ich Ihnen noch schnell etwas anderes, ebenfalls sehr, sehr Rätselhaftes, etwas sehr Einfaches und sehr, sehr Schönes.«
    Er nahm einen durchsichtigen faustgroßen Quader, der unbeachtet auf dem Tisch gelegen hatte, und ließ ihn mit einem von ihm beschriebenen Zettel im Publikum herumgehen.
    »Calcit«, erklärte er, »ein ganz besonderer Kristall.«
    Auf dem Zettel stand LICHT, und man sah das Wort durch den Kristall doppelt: »Als ob es das Licht plötzlich zweimal geben könnte«, meinte er nun äußerst zufrieden: »Vielleicht ist es einmal ein Teilchen und einmal eine Welle, und sie mögen sich wie Katze und Hund? Aber nein, zwei Theorien können nicht gleichzeitig richtig sein«, begeisterte er sich und begeisterte damit das Publikum.
    »Und Newton?«, fragte jemand unbeabsichtigt laut.
    »Hat bislang noch immer Recht behalten«, sagte Davy sehr froh, und plötzlich hatte er sich verabschiedet und war weg.
    War schon die Zeit um?
    Faraday hatte alles mitgeschrieben, und was er nicht wissen konnte: Davy war das bereits an diesem Abend aufgefallen.
    Auf der Treppe fragte ein Mann, was denn da schwinge bei der Lichtwelle, die Luft könne es nicht sein, schließlich gehe es auch durchs Vakuum.
    »Wie?«
    Das Licht, meine er.
    »Der Äther«, antwortete sein Begleiter, und Faraday, weil er leicht war und schnell auf der Treppe, hörte nur noch die Gegenfrage: »Der ... was?«
    Unten sagte einer, der sich gerade eine Zigarre anzündete, kopfschüttelnd und belustigt: »Also, das glaube ich ganz bestimmt nicht ...«
    Seine Frau überlegte, ob Huygens Franzose sei.
    Ihr Mann war amüsiert: »Niederländer!«
    5 Henri de la Roche
    Zu Hause und in der Buchbinderei fertigte Faraday wieder akribische Aufzeichnungen an. Riebau war bereits jetzt sicher, ein Genie ausgebildet zu haben, und schrieb einen Aufsatz über ihn und seine Entdeckung eines Genies . Er sagte jedem, der es wissen wollte, und auch allen anderen, dass man von diesem Jungen noch hören werde. In ein paar Jahren. Spätestens.
    Das änderte nichts daran, dass die Lehrzeit ablief. Faraday musste sich eine Anstellung suchen. Als Tutor bewarb er sich an einer Schule, die Stelle war öffentlich angeboten worden. Er wurde aber abgewiesen, und im selben Brief an Abbott, in dem er anfangs vor Begeisterung platzte, dem ersten aller Briefe, schloss er mit »einem Anfall von Verärgerung«, denn er habe keine Fähigkeiten in

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