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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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beim Strömen, die Abwesenheit jeglicher Mathematik in seinem Kopf verfluchte er. Er schlug dem Maler vor, entsprechende Versuche von einer Anhöhe oder einem Turm zu machen, dabei warnte er seinen Freund auch vor der Höhe eines Ballonfluges, die man nicht simulieren könne.
    Er las Ossian und Byron und Shakespeare. Er schrieb mit sich überschlagendem Spaß seitenlange Alliterationen und einsilbige Prosa. Er bewies, dass zwei gleich vier war, quod erat demonstrandum, und unterschrieb mit Straw, Beries and Crime . Indem er nichts durch nichts teilte, bewies er, dass eins gleich zwei war. Mit Abbott diskutierte er über einen deutschen Adligen, der von einem Chemiker sein eigenes Blut und das eines Arbeiters hatte untersuchen lassen, in der Hoffnung, einen Unterschied zu sehen. Das Resultat: negativ.
    Cocking sprang vor aller Freund und Feind Augen aus einem Ballon, nachdem er Faraday und anderen versichert hatte, nach Versuchen und Berechnungen sei seine maximale Geschwindigkeit die eines freien Falls aus zwei Fuß Höhe. Auf Faradays Bedenken nach der Stabilität und Sicherheit antwortete Cocking überzeugt, für alles sei vorgesorgt, und Faraday wollte ihn nicht weiter in seiner Konzentration stören. Beim Sprung öffnete sich der Fallschirm nicht richtig, er verhakte sich vielleicht beim Absprung kurz am Ballonkorb oder war in sich verdreht und verhaspelt gewesen, so wurde hinterher in der Zeitung spekuliert, nachdem seine Beobachter Cocking ungebremst auf dem Boden hatten aufschlagen sehen. Faraday verwahrte sich gegen eine Mitschuld. Cockings Frau bekam vom Königshaus Geld.
    Es gab immer mehr Stimmen, die glaubten, alles Leben sei Elektrizität. Der Chemiker Andrew Ure hatte die Versuche Aldinis wieder aufgenommen, diesmal mit zweihundertsiebzig Platten und dem Mörder Clydesdale in Glasgow, den man an die Batterie anschloss, nachdem er eine Stunde am Galgen gehangen hatte. Strom, vom Rückenmark zum Ischias geschickt, kontrahierte in dem Mann alle Muskeln und erzeugte ein gewaltiges Schaudern wie bei Kälte. Nach einigem Probieren fand Ure schließlich die richtigen Stellen, um eine vollständige Atmung in Gang zu setzen: Das Zwerchfell und sein Nerv. Der Brustkasten hob und senkte sich mit der Bewegung des Zwerchfells, und die Bauchdecke tat dasselbe gegenläufig. Es gab Applaus unter den Herrschaften. Hüte wurden gelüftet und geschwenkt.
    »Da viele wissenschaftliche Herren anwesend waren«, soll Ure später gesagt haben, gelte es »als das vielleicht bemerkenswerteste Ergebnis, das je mit einem philosophischen Apparat erzielt worden ist«.
    Allerdings verließen die meisten Herren den Ort schnellstens, als Ure den Strom vom Augennerv zur Ferse schickte und der Körper sich in Gebärden und Mimik wand, die niemand je gesehen, die kein Theaterregisseur je ersonnen hatte. Bei einem Zeugen führten sie zur Ohmacht, bei den übrigen noch Verbliebenen zu Erbrechen. Das war 1818, und schon zwei Jahre zuvor hatte die einundzwanzigjährige Mary Shelley mit ihrem Mann Percey und Lord Byron den total verregneten Sommer am Genfer See verbracht. Byron, gerade noch in den Salons vergöttert, war aus London geflohen, wo die Liebe zu seiner Schwester bekannt geworden war. Eine für die Welt übliche Kettenreaktion hatte den Poeten
zu einer Person gemacht, von deren Vorzügen plötzlich niemand mehr Notiz nahm, von deren Abgründen nun jeder gern sprach. Keine Gesellschaft mehr, in der es nicht umso schicker gewesen wäre, sich von ihm abzuwenden und dabei angewidert zu tun, je ergebener man ihm vorher zu Füßen gelegen hatte. Seine gerade zur Welt gekommene Tochter Ada, die später den Nachnamen Lovelace bekommen sollte, hatte er nur einmal zu sehen bekommen, und dabei sollte es auch bleiben.
    Während die geliebte Schwester sich zu Hause mit seiner Frau anfreundete, tauschte Byron mit den Shelleys in der Schweiz Gespenstergeschichten aus, und schließlich schrieb Mary ungestört von den wichtigen Dichtern ein Buch mit dem Untertitel Der moderne Prometheus . Auf dem Weg zur Mahnung vor dem menschlichen Übermut, Gott spielen zu wollen, in dem man selbst Leben stiftete, ließ es keinen denkbaren Schrecken aus und berücksichtigte auch jeden undenkbaren. Unter dem Haupttitel Frankenstein wurde es jetzt veröffentlicht: Anonym. Der zarten jungen Frau hätte sowieso niemand zugetraut und noch weniger zutrauen wollen, so plastisch über die Gefühle eines gottlosen Monsters schreiben zu können.
    Nicht nur Abbott

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